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Überweisung zurückrufen

Herr und Frau Piepensacker sind beide Lehrer von Beruf (jetzt aber mal wirklich), haben keine Kinder und widmen sich voll und ganz ihrer philologischen Berufung. Ich will nun nicht sagen, daß sie etwas weltfremd sind, was man ja anderen Mathematik- und Lateinlehrern gerne mal nachsagt, aber sie hatten -ich formuliere es mal vorsichtig- erhebliche Schwierigkeiten die in der realen Welt herrschenden Verhältnisse rund um einen Sterbefall richtig einzuordnen.

Als nämlich die Mutter von Herrn Piepensacker unlängst verstarb, waren beide fest davon überzeugt, man könne die Mutter sogar im heimischen Garten begraben. Das hätten sie unlängst erst irgendwo gelesen und fanden es überhaupt nicht nett, daß ich so besserwisserisch war und sie vom Gegenteil überzeugen mußte.

Insgesamt waren oder genauergesagt sind die Piepensackers das was man „schwierige Kunden“ nennt. Nun tragen wir ja schon den besonderen Situation und der außerordentlichen Gemütsverfassung in erheblichem Maße Rechnung und kümmern uns wirklich liebevoll und fürsorglich um unsere Anvertrauten, aber die Piepensackers machten es uns besonders schwer, sie lieb zu haben.

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Bei der Traueranzeige wäre es beinahe zu einem Eklat gekommen. Die Piepensackers hatten erst vor einigen Monaten eine Familienanzeige in Form einer Grußanzeige aufgegeben. Darin hatten sie einem im Bildungsurlaub kennengelernten Ehepaar öffentlich zur Silberhochzeit gratuliert und für die Anzeige 80 Euro bezahlt.
Daß die Zeitung nun für eine gleichgroße Anzeige das Vierfache kassiert, liegt ja nicht an uns, wurde uns aber von den Piepensackers in die Schuhe geschoben. Insbesondere Frau Piepensacker wollte mir das nicht abnehmen und stornierte noch am selben Tag gegen Abend telefonisch die Anzeige bei uns und beschloss, diese am nächsten Tag selbst aufzugeben. Man würde dann schon sehen, daß das billiger ist.

War es aber nicht und darüber war sie dann sauer, auf uns versteht sich.

Beim Sarg gab es Probleme, der hatte bei uns im Laden ja völlig anders gewirkt, als dann bei Sonnenlicht auf dem Friedhof und es wäre ein dringendes Versäumnis, daß wir die Särge nicht im Beisein der Kunden auf den Hof karren, damit sie bei stellarem Licht betrachtet werden können. „Merken Sie sich das mal für die Zukunft!“

Am Allerschlimmsten fanden die Piepensackers aber, daß man von unserer Rechnung nur dann etwas abziehen darf, wenn man schneller als pünktlich bezahlt. Jetzt sind sie nämlich direkt nach der Beisetzung, weil noch ein Rest Sommerferien übrig war, für ein paar Tage nach Florenz gefahren und haben darüber den Termin zum pünktlichen Bezahlen verpasst.

Herr Piepensacker hat das richtig verstanden und uns zähneknirschend den vollen Betrag überwiesen; seine Frau hingegen war damit überhaupt nicht einverstanden und ruft nun bei uns an:

„Ich werde den Skontobetrag jetzt von meiner Bank zurückbuchen lassen, so!“

Kann’se ja mal versuchen.

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(©si)