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Cooper II

Ist ja schon manchmal drollig wie sich Geschichten entwickeln. Coopers Mutter war zu uns gekommen und hatte sich kurzerhand entschlossen, gar keine Trauerfeier abhalten zu lassen. Dazu hatte ihr ein Psychologe geraten, den ihr wohl die Polizei vermittelt hatte. Ich hatte den Eindruck, daß die Frau in ihrem tiefsten Inneren zwar lieber eine richtige Beerdigung gehabt hätte, aber in Anbetracht der Umstände wollte sie es nun bei einer anonymen Beisetzung ohne Trauerfeier belassen.

Jetzt ist es aber so, daß -zumindest nach Jean-Jaques Rousseau- der Mensch nicht von Natur aus böse ist und so hat sich Cooper eine ganze Reihe von Freunden erworben, die in ihm alles andere als einen Totschläger sehen. Vorneweg ein Mann namens Rainer, der bei der Zeitung eine Anzeige für seinen Freund aufgeben wollte, aber das genaue Sterbedatum nicht wußte und das hätte er schon gerne in der Anzeige drin gehabt.

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War es nun vor oder nach Mitternacht als Cooper starb? Das wollte Rainer nun bei der Friedhofsverwaltung erfragen, aber die wiederum verwiesen ihn, wegen der Auskunftssperre, an uns. Aus meiner Sicht sprach nichts dagegen, dem Mann die gewünschte Auskunft zu geben, den die Info-Sperre bezog sich ja in erster Linie auf eine eventuell stattfindende Trauerfeier und die Adressen der Beteiligten.

„Wir können das nämlich alle nicht verstehen. Es will mir nicht in den Kopf wie sowas passieren konnte. Sicher, der Cooper konnte schon mal hinlangen, wenn’s sein mußte, aber der hat doch sonst keiner Maus einen Faden abgebissen!“ erklärte Rainer aufgebracht und seine kaugummikauende Freundin Biggi stimmte zu:
„Der hätte niemals jemandem ein Leid zugefügt, nee ehrlich nicht. Wenn man dem krumm kam, hat der sich gewehrt. Mann, wir verkehren untereinander so, wir sind Biker, da gilt ein klares Wort und da gibt’s auch schon mal ein paar auf’s Maul.“
Sie nickte heftig, um ihre eigenen Worte zu bestätigen und Rainer fügte hinzu: „Die Bille hat das nicht verdient, verstehen’se mich mal nicht falsch aber Biggi sag du doch mal was dazu, du weißt doch wie die Bille immer war!“

„Die hat’s Maul nicht halten können, die hat immer noch eins draufgesetzt. Wenn der Cooper schon an der Decke war, hat die immer noch weiter gehetzt und gestichelt, bis dem der Kragen geplatzt ist.“

„Stimmt, ich war da oft dabei. Die hat immer nur gestichelt und wenn der Cooper schon auf Hundertneunzig war, hat sie weitergemacht, bis er explodiert ist. Er hat sie dann angebrüllt und die hat trotzdem weitergemacht. Einmal da hat er sie gestoßen und sie ist auf den Arsch gefallen, und was macht die? Die liegt am Boden und hetzt weiter, die kannte kein Ende.“

Ich erfahre noch, daß am betreffenden Abend wohl beide, Bille und Cooper erheblich dem Alkohol zugesprochen hatten, Cooper soll sogar weit über zwei Promille intus gehabt haben.

Rainer und Biggi wollen eine kleine Anzeige schalten lassen, es soll aber nur „Cooper“ drinstehen und die Namen seiner ganzen „Kumpels“.

Meinetwegen, da kann ja niemand was dagegen haben.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 7. September 2008 | Revision: 28. Mai 2012

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11 Kommentare
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16 Jahre zuvor

Wieso habe ich das Gefühl, dass da doch jemand was dagegen hatte?

Tanja
16 Jahre zuvor

Ich habe dieses Gefühl auch… Coopers Anzeige kommt sicherlich neben die Anzeige von Bille und dann haben „wir“ den Salat.

Wäre dies ein Film, so könnte ich mir vorstellen:
Die beiden werden am gleichen Tag, nacheinander und nebeneinander beerdigt.
Die Familien treffen aufeinander und fangen an zu streiten, dann kommt Tom, spricht ein paar ruhige Worte und dann liegen sich die Familien weinend in den Armen.

16 Jahre zuvor

@2, Tanja:
Das wird eher so wie bei Rösschen und Kalli…

PS: Tom, mir ist da glaube ich beim erneuten Lesen deines Buches was aufgefallen. Bei der Beratung wollte Rösschen ein Doppelgrab und später wollte er die Asche verstreuen…
Wofür hat er sich da entschieden? Und was ist mit dem Doppelgrab passiert?

PPS: Was ist aus deinem neuen Buch „Der gute Ratgeber im tTrauerfall geworden“, sollte doch glaube ich schon im Juni erscheinen.

Sensenmann
16 Jahre zuvor

[quote]aber der hat doch sonst keiner Maus einen Faden abgebissen![/quote]

Sehr schön, den muss ich mir merken 😀

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Man darf zwar einem Toten nichts Schlechtes nachsagen, wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener oder so ähnlich.
Doch loben muß ihn dann auch nicht gerade.

pizzablog
16 Jahre zuvor

Na, ein Super-Weltbild haben die Biker da. Ja, die Bille ist selbst schuld! Wenn sie das Maul aufreißt, dann muss sie sich nicht wundern, wenn man ihr den Schädel einschlägt.

Mir wird grad schlecht.

Robinson
16 Jahre zuvor

Der Undertaker kennt Rousseau, alle Achtung!

Engywuck
16 Jahre zuvor

nuja, wenn ich jemanden von dem ich *weiß* dass er ohnehin bald am Ausrasten ist immer weiter reize entschuldigt das zwar sicher keinen Totschlag im Affekt (für Mord sollte Vorsatz fehlen, oder?), aber dennoch bin ich zumindest moralisch auch nicht ganz unschuldig, wenn er ausrastet. Juristisch ist das natürlich etwas anders….
Andere Frage: ich reize jemanden zur Weißglut, von dem ich weiß, dass er trotzdem Auto fährt, dieser steigt dann ins Auto und verursacht einen Unfall (ob mit oder Personenschaden ist egal) — habe ich dann moralisch absolut keine Mitschuld, weil ein rational denkender Mensch ja *so* nicht ins Auto gestiegen wäre? Oder sich schon mal gar nicht so hätte reizen lassen?

16 Jahre zuvor

@ Engywuck – einen ähnlichen Gedankengang hatte ich eben auch.

Verena
14 Jahre zuvor

Ziemlich heftige Geschichte. Hab mal alle ‚Teile‘ gelesen. Manche Kommentare find ich ziemlich unangebracht…

Menschen kann man nicht verstehen… Manchmal ticken sie einfach aus (kannte auch mal so einen Fall, ich denke wirklich ‚vorhersehen‘ kann man es nie, selbst wenn jemand womöglich in irgend einer Art ‚auffällig‘ gewesen sein sollte).

Mir tun beide leid und deren Familien/Freunde (selbst solche wie oben) natürlich auch…
Es muss sehr hart sein für beide Familien.

Liebe Grüße

TickleMeNot
12 Jahre zuvor

Ich will die Bille nicht in Schutz nehmen und natürlich gibt es für die Tat keine Entschuldigung.

Dennoch möchte ich sagen, das es tatsächlich Menschen gibt, die nicht wissen, wann Schluss ist. Wann sie, um sich selbst vor Schlimmeren zu bewahren, endlich gehen oder still sein sollen. So wie Bille es besser getan hätte. Oder gehen, um Druck aus der Situation zu nehmen, so wie Cooper es hätte tun sollen.

Wenn zwei solcher Menschen aneinander geraten, dann kommt es oft zu tragischen Geschehnissen.

Trotzdem nochmal, die Tat ist einfach nicht zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Nur ob es hier nur einen Schuldigen gibt, das möchte ich auch bezweifeln.




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