In Deutschland gilt für Totenaschen Friedhofspflicht.
Ausnahmen gibt es für Seebestattungen, Beisetzungen in Ruhewäldern und unter bestimmten Bedingungen in Bremen.
Daran stören sich auch die allermeisten Menschen nicht. Die Vorstellung, daß ein Verstorbener auf einen Friedhof kommt und dort verbleibt, ist fest in den Köpfen der Menschen verankert.
Das ist eben in unserem Kulturkreis so, Tote kommen auf den Friedhof.
Dass Beisetzungswälder boomen, ändert an dieser Aussage nichts. Denn sind sie schließlich bei näherer Betrachtung auch nur Friedhöfe, wenn auch mit etwas mehr Bäumen.
Begraben werden die Urnen auch dort.
Fragt man Menschen, ob sie nicht vielleicht wie es aus amerikanischen Filmen bekannt ist- die Urne eines Angehörigen gerne zu Hause haben möchten, so kommt es auf die Art der Fragestellung an, wie sie antworten.
Lautet die Frage: „Wäre es Ihrer Meinung nach wünschenswert, dass Angehörige auch in Deutschland die Urnen ihrer Verstorbenen zu Hause aufbewahren könnten?“, ist die Antwort in der überwiegenden Zahl der Fälle „Ja“. Und daß das so ist, das liegt doch auf der Hand: Wer sich von staatlichen „Zwängen“ befreien kann, wer mehr Alternativen geboten bekommt, wer etwas Außergewöhnliches in Aussicht gestellt bekommt, der stimmt dem sicherlich gerne zu.
Lautet die Frage aber hingegen: „Möchten Sie die Urne Ihres Mannes/Ihrer Frau gerne zu Hause aufbewahren?“, so sieht das mit den Antworten schon ein bißchen anders aus. Denn nun wird der Kernpunkt der Frage in den persönlichen Bereich gerückt, und der Befragte muß entscheiden, ob er die zur Asche gewordene Leiche eines anderen in einem Töpfchen daheim haben mag.
Hier scheiden sich dann schnell die Geister.
Es wird zwar immer so getan, als herrsche bundesweit ein immer stärker werdender Leidensdruck in der Bevölkerung vor, weil man eben nicht einfach so die Urnen mitnehmen darf.
Aber das ist ein Trugschluß und wird nur allzu gerne von den Vorkämpfern und Befürwortern der Urnen-Heimholung behauptet. Unter diesen befinden sich durchaus solche, die aus den Urnenheimholungen ein ganz einträgliches Geschäftsmodell entwickelt haben. Das ist oft auf den ersten Blick gar nicht erkennbar, weil hier mit Mittelsmännern und -frauen gearbeitet wird. Vor der Hand stellen manche dieser Leute gar ihr Handeln als caritatives, gemeinnütziges, selbtsloses Tun dar. Mir selbst kommt da immer folgende Szene in den Sinn: In Amerika hörte ich mal folgenden Dialog:
„Was sind Sie denn von Beruf?“
„Oh, ich bin Musical-Sänger.“
„Musical-Sänger?“ Und dann fragte der Mensch nach: „And what are you doing for living?“ (Frei: Und womit verdienen Sie Ihre Brötchen?“)
„Ja, da arbeite ich noch abends an der Kasse eines Drugstores.“
„So! Dann sind Sie kein Musical-Sänger, sondern Kassierer. Alles was man tut, ohne davon leben zu können, ist ein Hobby.“
So stellt sich mir natürlich auch bei den selbstlosen Urnenheimholern immer die Frage: Ja, wenn die das alles so selbstlos tun, wovon leben die eigentlich?
Episodenliste:
- Urne daheim - Zoff um den Bembel - Wenn ein Angehöriger die Urne beschlagnahmt -Teil 1-
- Urne daheim - Zoff um den Bembel - Wenn ein Angehöriger die Urne beschlagnahmt -Teil 2-
- Urne daheim - Zoff um den Bembel - Wenn ein Angehöriger die Urne beschlagnahmt -Teil 3-
- Urne daheim – Zoff um den Bembel – Wenn ein Angehöriger die Urne beschlagnahmt -Teil 4-
Bildquellen:
Hashtags:
Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:
Zitat aus obigem Text:
So stellt sich mir natürlich auch bei den selbstlosen Urnenheimholern immer die Frage: Ja, wenn die das alles so selbstlos tun, wovon leben die eigentlich?
Volle Breitseite an Steuerbord gegen eine bestimmte Art von Menschen. 😉 😉 😉 😉
Da ich das ja schon seit 2002 für Menschen realisiere, habe ich vielleicht einen etwas besseren Überblick über die Menschen, die ihre Angehören nach Hause holen.
In ganz vielen Fällen handelt es sich um den Partner und auch um Partner, die evtl. nicht verheiratet waren. Die anderen Personen sind Kinder, die Ihre Eltern zu Hause haben möchten.
Das, was dann auch einen, gottlob, kleineren Anteil ausmacht, ist der Tod eines Kindes, wobei die Eltern dann ihr Kind zu Hause haben möchten.
Also, für mich erschließt sich die Art der Fragestellung absolut nicht, denn es kommt nicht Herr Müller und möchte jemanden zu Hause oder in seinem Garten haben, mit dem er gar nichts zu tun hat.
Und es geht auch nicht darum, wie viele es sich wünschen. Es geht lediglich darum, dass es Menschen gibt, die andere Wege gehen wollen, die auch nicht immer heißen: „Ich möchte die Urne zu Hause im Schrank stehen haben.“
Viele Menschen möchten einfach die Totenasche z. B. selbst an einem Ort verstreuen können, der vielleicht dem Verstorbenen einmal viel bedeutet hat.
Das z. B. eine Urnenrückführung bei der „Oase der Ewigkeit“ 432 € kostet und der Bestatter eine Provision von 80 € bekommt, wollte ich eigentlich nicht näher eingehen.
Mir ist auch bekannt, dass man bei Segenius-Bestattungen für die Rückholung einer Urne über die Schweiz 520 € bezahlt. Wobei lt. Recherche von RTL und nachweislich durch den Versandabsender, die Urne niemals in der Schweiz war und vom Krematorium gleich zur Empfängerin gesendet wurde. Mal ganz davon abgesehen, wie geschockt die Empfängerin war, weil sie darauf nicht vorbereitet wurde.
Das inzwischen diverse Bestatter diese Möglichkeit für sich als Geldquelle sehen, das ist mir nicht neu.
Ich habe auch ein Hobby: Ich ärgere mit meinem Tun den Bundesverband Deutscher Bestatter.
Nicht etwa, weil ich dafür Sorge, dass Menschen die Totenasche nach Hause bekommen.
Nein, weil ich erzähle, wie der Ablauf z. B. bzgl. der Einäscherung abläuft.
Vielleicht ist es auch ärgerlich, dass ich durch Bestatter die günstig und gut arbeiten, denen, die für eine einfache Feuerbestattung 2.000 € und mehr €uronen haben wollen, die Suppe versalze. 🙂
Mir kann es letztlich egal sein, zu welchem Bestatter die Menschen gehen.
Jeder hat die freie Wahl.
Fest steht, es werden immer mehr Menschen, die sich wehren und Ihren Weg finden!
Schön wäre, wenn man mich nicht mehr brauchen würde, dann könnte ich meine Freizeit anderweitig in wärmeren Gefilden genießen.
@Ingrid Hoerner:
Schauen Sie, werte Frau Hoerner, ich habe 1979 das erste Mal mit Bestattungen zu tun gehabt und war auch einer der Ersten, die überhaupt diesen sogenannten „Weg über Holland“ erkundet und ausprobiert hat. Seit Jahrzehnten befasse ich mich mit der Bestattungskultur.
Meinen Sie wirklich, Sie müßten mir meine Kompetenz absprechen?
@Ingrid Hoerner:
Auch hier muß ich einwenden.
Es bedarf Ihrer Aufklärung über den Ablauf einer Feuerbestattung überhaupt nicht, weil alles das bereits für jedermann frei und kostenlos nachlesbar hier im Bestatterweblog steht. Und das schon seit vielen Jahren, völlig unaufdringlich.
Auf YouTube kann sich jeder ebenfalls wunderbare und weniger wunderbare Erklärvideos zu diesem Thema anschauen.
Durch diese Ihre Erklärungen können Sie weder jemanden ärgern, noch jemandem die Augen öffnen.
Daß es Sie ärgert, daß Bestatter mit ihrer Arbeit Geld verdienen, haben Sie schon oft genug hier kund getan. Nun ist es aber so, daß Ihnen ganz offensichtlich hier tatsächlich der Einblick fehlt und Sie weder vom zu leistenden Aufwand, noch von einer gesunden kaufmännischen Kalkulation eine Ahnung haben.
Es genügt nicht, eine Einzelleistung herauszuklauben und diese anderen, ideellen Preisen gegenüberzustellen.
Bestatter, die Sie angeschrieben haben, um ihnen Ihre Dienstleistung anzubieten, bzw. um diese Bestatter für Ihre Empfehlungsliste zu gewinnen, berichten mir von einem enormen Preisdruck, den Sie da betreiben.
Es wird, so wurde mir zumindest berichtet, von Ihnen ein Preis vorgegeben, den der Bestatter nicht überschreiten darf.
Ich frage mich, wo wir denn hinkommen, wenn ein „Subunternehmer“ dem Kaufmann vorschreiben darf, was er für seine Arbeit in Rechnung stellt?
Sie haben offenbar auch gar keine Vorstellung von den Mechanismen innerhalb der Branche.
Wie dem auch sei: Ich bin immer noch der Meinung, daß man für eine gute Arbeit auch eine gute Bezahlung verlangen darf. If you pay peanuts, you get monkeys.
Je mehr man nach dem Billigsten strebt, umso eher wird man sich mit den weniger Guten abgeben bzw. zufriedengeben müssen.
Nun gut, Sie mögen das sehen, wie Sie möchten. Als in einem Randbereich Tätige haben Sie eben auch nur einen Überblick über eben diesen Randbereich, das kann man Ihnen nicht anlasten. Nur bitte begreifen Sie, daß es keinen Messias braucht.
@Peter Wilhelm:
Das ist doch die Methode der Albrechts, mit denen die sehr erfolgreich waren.
@Lochkartenstanzer: Ja. Das hast Du Recht.
Aber wer sind/waren die Albrechts und wer ist Frau Hoerner?
Ooohhhh! Wann immer hier, in diesem ansonsten so wundervollen Blog, die Sprache auf den Bestattungszwang für Asche kommt, kann man drauf wetten, dass sich der verehrte Herr Wilhelm und die engagierte Frau Horner mächtig in die Haare kriegen. Schade, dass so viel Energie von beiden Seiten mit gegenseitigen Korrekturen, Positionskämpfen und der Schilderung von eindrücklichen Einzelfällen vertan wird, anstelle dieses (m.E.) wichtige Thema endlich einmal (ggf. gemeinsam) weiterzuentwickeln. Klar kann man über diese epischen Streit-Beiträge hinweg scrollen oder gleich den ganzen Blog aus den Bookmarks entfernen, aber noch habe ich die Hoffnung nicht ganz aufgegeben.
Als jemand, der nicht theoretisiert, eigene, positive Erfahrung mit der „Asche zu Hause“ hat und auch nichts damit zu tun hat anderleuts Urnen zu bewegen, möchte ich die Idee von Herrn Wilhelm aufgreifen, dass man gemeinsam versuchen sollte, eine politische Änderung der Rahmenbedingungen zu generieren.
Und um nicht jedes Mal die gleiche Sammlung an Argumenten pro und contra Ascheverstreuung, mit Diskussionen über Interesse oder Nichtinteresse der Bevölkerung, mit gegensätzlichen Einzelfallschilderungen etc. und damit von Null zu beginnen, habe ich hier mal alle mir eingefallenen Fürs-und-Widers zusammengetragen.
Ohne diesen Blog missbrauchen zu wollen, aber vielleicht haben ja die geneigten Leser Interesse daran, diese Liste zu vervollständigen. Und so läge dann eine umfassende Sammlung aller Positionen vor, damit zumindest dann, wenn es in die politische Diskussion geht, man gleich mit konkreter Sach- und Umsetzungsarbeit beginnen kann. Schließlich liegen dazu dann ja alle Argumente auf den Tisch:
Contra
Gegen eine Gesetzesänderung zur (geregelten) freien Verfügbarkeit von Urnen bzw. Totenasche spricht:
• Die Fortsetzung der bisherigen kulturellen Tradition.
• Bisher wurde keine Veränderung der Bestattungskultur durch eine Volksmehrheit gefordert.
• Das Thema interessiert ohnhin nur wenige Menschen. Es muss nicht jeder Minderheitenwunsch berücksichtigt werden.
• Die bisherigen Beisetzungsregelungen setzen keine umfangreiche, eigene, individuelle Auseinandersetzung mit dem Tod, der Bestattung und dem Trauerort voraus. Bestatter helfen / begleiten / lenken den Prozess. Alles (z.T. bis hin zur Grabgestaltung) ist weitgehend geregelt / vorgegeben und ein „sich fügen in die Tradition“ kann eine Erleichterung für die Angehörigen sein, aber auch für den Verstorbenen, wenn er sich im Vorfeld keine Gedanken um „sein Sein nach dem Tode“ machen muss.
• Der Mensch sei ein soziales Wesen und daher sei auch das Verfügen über seinen toten Körper nicht nur an seinen individuellen Wünschen auszurichten, sondern auch den übergeordneten Interessen der Gemeinschaft (Werte, Trauer, Kultur, …)
• Die individuelle Umsetzung der Wünsche des Verstorbenen oder der Hinterbliebenen (im Rahmen der Gesetzesvorgaben und Friedhofsordnung) ist kaum möglich und daher für Menschen (und deren Hinterbliebenen) geeignet, denen eine Individualität über den Tod hinaus nicht wichtig ist.
• Friedhöfe (in kommunaler oder kirchlicher Hand) und andere Beisetzungsorte arbeiten weitgehend wirtschaftlich tragfähig, wenn auch nicht unbedingt kostengünstig. Die Urnenfreigabe (und damit der Rückgang der „Kunden“) würde finanzielle Einbußen nach sich ziehen und damit ggf. für Preiserhöhungen bei den „normalen“ Friedhofsnutzern sorgen.
• Friedhöfe sollten als historische und ökologische Orte, sowie z.T. als Naherholungsgebiete erhalten bleiben und /oder daher gemeinschaftlich von allen Bürgern (durch die Friedhofsgebühren) finanziert werden.
• Die Urnenfreigabe könnte einen Umsatzrückgang bei Bestattern, Steinmetzen, Friedhofsgärtnereien etc. nach sich ziehen. (Anm.: Wenn auch wohl nur in geringem Maße, da vorerst nur wenige Menschen diese neue Bestattungsform wählen werden. (In Bremen wurden 2016 nur 35 Fälle genehmigt.)
• Kirchen verlieren einen konkreten Anlass, oder die dauerhafte Möglichkeit, Trauernde zu begleiten, wenn der Trauerprozess ins Private verlagert wird.
• Für die Angehörigen fehlt bei der Urnenfreigabe ggf. ein fester, staatlich geschützter Ort zum Trauern und Abschiednehmen.
• Die Asche könnte an Orten verstreut werden, die Mitmenschen als ungeeignet empfinden.
• Eine Störung von Mitmenschen durch ungewollten, direkten Asche-Kontakt beim oder nach dem verstreuen wäre möglich.
• Mitmenschen könnten sich durch die bloße räumliche Nähe zur Urne/Asche von Verstorbenen (z.B. Nachbargarten, Nebenwohnung, Käufer eines Hauses mit Asche im Garten) gestört fühlen.
• Diebstahl, Verlust, Zerstörung der Urne wäre (wenn wohl auch äußerst selten) möglich.
• Nach bisheriger Rechtsauffassung liegt bei der Aufbewahrung der Urne (oder Asche) daheim, bzw. außerhalb einer offiziellen Grabstätte eine Störung der Totenruhe, die Störung des allgemeinen sittlichen Empfindens und die Beeinträchtigung der Würde der Menschen (?) vor.
• Einzelne Familienmitgliedern können gegen den Willen der anderen Hinterbliebenen exklusiv über die Urne /Asche verfügen und damit Unfrieden erzeugen
• Familienmitglieder oder Personen können vom Zugang zur Urne /Asche ausgeschlossen werden, da die Urne nicht auf frei zugänglichem Gelände aufbewahrt werden kann (z.B. zuhause). (Stichwort: Gibt es ein Recht auf einen allgemein zugänglichen Trauerort für alle Hinterbliebenen?)
• Der bewusste Entzug eines konkreten Trauerortes (Grabstätte) durch den Verstorbenen gegenüber den Angehörigen wäre möglich, sofern der Verstorbene das zu Lebzeiten verfügt hat. (Ist aber heute auch schon z.B. durch eine Seebestattung oder eine anonyme Beisetzung möglich.)
• Durch die mangelnde räumliche Distanz zum Verstorbenen (in Form von Urne/Asche zu Hause) kann für die Hinterbliebenen kein bzw. nur ein erschwerter Abschied möglich sein (z.B. wenn die Urne stets im Lebensumfeld der Hinterbliebenen sichtbar ist.)
• Die unwürdige Entsorgung der Asche nach Jahren ist nur schwerlich 100%ig auszuschließen. (Anm.: Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen aber, dass das eher eine theoretische, denn eine reale Gefahr ist.)
• Asche/Urne gerät in Vergessenheit (… und Ururenkel „entsorgen“ die Urne/Asche einfach) (Anm: Wo ist der Unterschied zum Auflösen einer Grabstätte mit dem Bagger nach 15 Jahren?)
Pro
Für eine Gesetzesänderung zur (geregelten) freien Verfügbarkeit von Urnen bzw. Totenasche spricht:
• Gegner der Aschefreigabe sollten bei jeder ihrer Einwendungen prüfen, ob sie damit nicht auch die legale und anerkannte Form der Seebestattung in Frage stellen, bzw. umgekehrt. (Anm.: Was unterscheidet die (legale und auch kirchlich anerkannte) Seebestattung (mit Ascheverstreuung) von einer (illegalen) Fluß, oder Waldbestattung mit Ascheverstreuung?)
• Jeder Mensch sollte auch über seinen Tod hinaus das Recht auf selbstbestimmten Umgang mit seiner Asche haben, sofern dadurch nicht Rechte Dritter nachhaltig betroffen sind. (Stichwort: Die Menschenwürde gilt auch über den Tod hinaus!)
• Die eigene Gestaltung / Wahl des Trauerortes / Ort der Aschefreigabe durch den Verstorbenen oder die Hinterbliebenen wird möglich (Stichwort: Individualisierung in Leben und Tod).
• Der Umsetzung des Wunsches des Verstorbenen z.B. nach dem Tod nur noch in den Gedanken der Hinterbliebenen und ohne fixen Ort zu existieren, kann entsprochen werden (Stichwort: Ich will Euch posthum keine Mühe machen).
• Die posthume Loslösung von Religion, Tradition und staatlicher Einflussnahme wird möglich.
• Grundvoraussetzung sollte sein: der Verstorbene hat zu Lebzeiten schriftlich die Freigabe seiner Urne oder Asche und/oder den Umgang damit verfügt.
• Ggf. regelungsbedürftig: Sicherstellung des Umgangs mit der Asche gemäß der Vorgaben des Verstorbenen und des dauerhaft würdigen Umgangs mit der Asche.
• Der bisherige (juristisch-gesetzlichen) Definitionsumfang der Totenruhe, Würde etc. (Asche und körperliche Bestandteile incl. Prothesen = Leichnam = Mensch = unterliegen bisher gesetzlicher Verfügungseinschränkung) müßte neu gefaßt werden.
• Nach Ende der Friedhofs-Liegedauer (15-25 Jahre) werden Gräber neu belegt und die zuvor beschworene Totenruhe und Würde des Menschen endet schlagartig. Bei einer Ascheverstreuung (an einsamen Orten) wäre die Totenruhe ggf. „ewig“.
• Totenasche ist hygienisch unbedenklich und kann daher theoretisch „überall“ verstreut / eingebracht werden
• Die Berücksichtigung der veränderten Bevölkerungsstruktur in Hinblick auf Religion, Tradition, räumliche Mobilität und Familienstrukturen sollte auch in den Bestattungsformen Eingang finden.
• Auch wenn zur Zeit in Deutschland noch wenige Menschen für sich die Verstreuung der Asche, oder die Aufbewahrung der Urne zu Hause, oder die Beisetzung der Urne im heimischen Garten als Option wahrnehmen wollen, so zeigen die Erfahrungen aus anderen Ländern, dass diese Zahl auch leicht über 5% der Bevölkerung steigen kann. In den USA (den Staaten Washington und Californien) befinden sich laut einer Befragung in jedem 5. Haushalt mindestens eine Urne. Davon werden nach einiger Zeit jeweils ein Drittel der Urnen bestattet, die Asche verstreut oder die Urne weiter aufgehoben.
• Die Beachtung einer zunehmenden Liberalisierung der Gesellschaft und Rücksichtnahme auf Minderheiten findet auch in anderen Bereich gesetzlichen Eingang (z.B. Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen, …)
• Durch eine gesetzliche Neuregelung könnte die zunehmende Gesetzesumgehung via Ausland (Stichwort: Urnen-Tourismus) beendet werden.
• Das auch praktizierte heimliche Ausbuddeln von Urnen aus Gräbern wäre nicht mehr erforderlich.
• Aufteilen der Asche wäre möglich, um sie, wenn gewünscht, an verschiedene Orte zu verbringen.
• keine erzwungene 15- bis 25jährige Bindung an einen Ort der Trauer für die Hinterbliebenen.
• Die Freigabe erleichtert die räumlich Mobilität des Trauerortes z.B. bei Umzug der Hinterbliebenen (Urnenumbettung bei Friedhöfen sehr schwierig (Stichwort: Störung der Totenruhe), im Gegensatz zu einer Urne im privaten Zugriff, insbesondere dann, wenn der Tote selbst in einer „mobilen Urne“ keine Störung seiner Totenruhe sieht.))
• Die (kirchliche) Trauerfeier und Beisetzung (Aschefreigabefeier) sind genauso möglich, wie bei der bisherigen Gesetzeslage, lediglich der Trauerort weicht von der jetzigen Festlegung (Friedhof, etc.) ab.
• Die Dauer des Prozesses des Abschiednehmens kann mit der Urne zu Hause durch die Hinterbliebenen individuell gestaltet werden. Manche Menschen benötigen länger für den Prozess der Loslösung und können so ein individuelles Maß an Nähe/Distanz finden. (Anm.: Es wäre sogar vorstellbar, dass Seelsorger eine neue Aufgabe und Zugang zu den Angehörigen finden, wenn sie ihre Dienste an den „neuen Trauerorten“ anbieten.)
• Die jederzeitige, reguläre Beisetzung einer „freigegebenen Urne“ auf einem Friedhof ist nachträglich (auch heute schon) möglich. Damit ist letztlich immer der derzeitige Status Quo wieder erreichbar und Hinterbliebene können, sofern sie feststellen, dass sie doch den traditionellen Weg beschreiten wollen, die Urne (und falls die Asche schon verstreut ist, eine mit vergänglichen Erinnerungsstücken gefüllte Urne) beisetzen lassen.
• Unerwünschte Personen können vom Zugang zur Urne /Asche ausgeschlossen werden, da die Urne nicht auf frei zugänglichem Gelände aufbewahrt werden kann. (Anm.: Hier wird es sicher Diskussionen geben, da der Verstorbene in der Urne z.B. im Wohnzimmer seiner zweiten Ehefrau ggf. nicht von der Exfrau besucht werden kann. Genauso kann der Autofahrer dann nicht am Grab des von ihm überfahrenen Kindes um Vergebung bitten, … Aber wer die Freigabe der Urne zu Lebzeiten verfügt hat, sollte sich über solche Folgen auch Gedanken machen. Vielleicht wird dieser Weg aber auch genau wegen dieser „Ausschlüsse“ gewählt ?)
• Die Urnenfreigabe wäre eine langfristige Kostenersparnis für die Hinterbliebenen, die ggf. auch der Verstorbene für seine Angehörigen genau so erreichen möchte. (Ein „kostengünstiges“ anonymes Wiesengrab oder die in einem Bundesland zulässige Ascheverstreuung auf einer Friedhofswiese entsprechen ja eigentlich schon der Urnenfreigabe, nur halt in (zeitlich) reglementiertem, kostenpflichtigen Rahmen.)
• einmalige Kosten können niedrig gehalten werden (nur Leichenschau, Überführung, Verbrennungssarg, Einäscherung)
• Entlastung der Angehörigen von der Arbeit der Grabpflege