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Warum Bestatter am Telefon keine Preise sagen

Es ist am späten Abend. Bei einem Bestattungsinstitut klingelt das Telefon. Dank moderner Technik muß nicht immer einer zu Hause bleiben und das Telefon bewachen. Der Anruf wird an einem Mitarbeiter weitergeleitet, der Telefonbereitschaft hat.
Der Mann nimmt den Anruf an seinem Handy entgegen: „Bestattungen Möllersiepen, guten Abend.“

Am anderen Ende ist eine Frau, die nur rudimentär in der Lage ist, sich auszudrücken: „N’Abend, was kost?“

„Bitte? Ich habe Sie nicht richtig verstanden?“

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„Unsern Vatter is gestorben, was kost das?“

„Mein Beileid. Zu den Kosten kann ich jetzt noch nichts sagen, dazu müßte ich mehr wissen.“

„Am 1. Dezember 1935 in Oppeln, das is heute Polen.“

„Wo ist denn Ihr Vater verstorben?“

„In Krankenhaus bei Euch.“

„Hier in Wuppertal?“

„Nee, in Lüdenscheid.“

„Wir sind aber in Wuppertal.“

„Ja, der soll ja auch da beerdigt werden.“

„Also Ihr Vater ist in Lüdenscheid verstorben und soll nach Wuppertal überführt werden. Hier soll er dann erdbestattet werden?“

„Nee, verbrannt.“

„Okay, am Besten ist es, wir setzen uns mal zusammen und sprechen das in Ruhe durch. Dann kann ich Ihnen auf Heller und Pfennig ausrechnen, was das kostet. Dann können Sie sich ja immer noch überlegen, was Sie genau wollen und ob Sie uns den Auftrag geben möchten.“

„Sie woll’n also am Telefon keine Preise nennen?“

„Ich kann Ihnen jetzt irgendeinen Preis sagen, aber das hilft Ihnen doch nichts. Soll ich nicht vorbei kommen?“

„Wir sind aber in Nordenham.“

„Ja, dann wird das ein bißchen schwierig mit einem Besuch. Aber gut, dann frage ich jetzt mal ein paar Eckdaten ab und kann Ihnen dann eine grobe Preiseinschätzung geben. Anschließend tippe ich das alles mal in unseren Computer und drucke Ihnen eine Kostenaufstellung aus. Die kann ich Ihnen per Fax oder Mail schicken. Sie schauen dann mal drüber und wir telefonieren einfach nochmal. Dann können wir die Feinheiten besprechen. Am Ende wissen Sie dann ganz exakt, was es kosten wird.“

„Unseriös!“

„Wie bitte? Ja, im Netz hab ich gelesen, daß Bestatter, die keine Preise nennen wollen, unseriös sind!“

Die Dame legt auf.

Das ist nur eines von hunderten von Beispielen, die ich erzählen könnte. Am häufigsten werden Bestatter von Ausländern angerufen, die nach dem „billigsten Preis“ fragen.
Es ist für einen Bestatter, der eine höchst individuelle Dienstleistung anbietet, immer schwer, einen Preis ins Blaue hinein am Telefon zu nennen.

Die günstigste Bestattung, die er gemacht hat, kostete keine tausend Euro. Die teuerste, die er je gemacht hat, lag bei 27.000 Euro.
Im Schnitt kosten Bestattungen bei ihm 2.700 Euro – 3.200 Euro.

Aber welchen Preis soll er am Telefon nennen? Den günstigsten? Dann wären alle Leute enttäuscht, die es eben nicht so einfach haben wollen und am Ende mehr aussuchen, mehr bestellen und mehr haben wollen.
Den teuersten Preis braucht er gar nicht erst zu nennen, so eine Bestattung kommt sowieso nur alle Jubeljahre mal vor.

Nun nehmen wir mal den Idealfall an. Die Kunden sagen am Telefon klipp und klar den Sterbeort, den Friedhof, welchen Sarg und welche Urne sie wollen und wie die Trauerfeier aussehen soll. Sie haben schon ein Grab, in das der Verstorbene auch noch hinein soll.
Im Grunde steht alles fest und der Bestatter muß nur addieren können.
Er nennt einen Preis. Nach allem, was die Leute ihm gesagt haben, kommt er auf 2.112,– Euro.

Doch dann stellt sich heraus, daß das Nutzungsrecht am Grab um 20 Jahre verlängert werden muß, was 1.890 Euro kostet.
Außerdem muß für die Bestattung der Grabstein abgeräumt werden, das kostet 620 Euro. Für das Anbringen der zusätzlichen Beschriftung verlangt der Steinmetz 320 Euro.
In der Zeitung soll eine 4-spaltige Anzeige erscheinen, die mit 420 Euro zu Buche schlägt.
Der Grab soll dann noch von einem Grabgesteck geziert werden, das 300 Euro kostet.
Der Trauerredner verlangt 270 Euro.

Am Ende ist die Bestattung fast 4.000 Euro teurer, als der Bestatter am Telefon gesagt hat.
Er schickt den Kunden die Rechnung. Wie üblich, ist diese zweigeteilt. Einmal der Teil, der auf den Bestatter entfällt. Der liegt unverändert bei 2.112.- Euro.
Dann noch der Teil mit den ganzen Gebühren und Kosten, die der Bestatter im Auftrag der Kunden ausgelegt hat. Mit Leichenschaugebühr und Standesamt sind das knapp über 4.000 Euro.

Die Kunden protestieren. „Das ist ja fast dreimal so teuer, wie Sie am Telefon gesagt haben. Das ist Betrug!“

Ein Bestatter kann am Telefon immer nur ungefähre Preise nennen.
Man kann auch nicht bei einem Fensterbauer anrufen und fragen: „Was kostet bei Ihnen ein Fenster?“
Selbst wenn man die genauen Maße kennt, hilft das kaum. Denn der voraussichtliche Endpreis kann erst gesagt werden, wenn ein Aufmaß genommen wurde und das Fenster eingebaut worden ist.
Man kann auch nicht im Computerladen anrufen und fragen: „Mein Computer ist kaputt, was wird das kosten?“

Ich plädiere dafür, daß die Bestatter am Telefon Preise nennen. Mein Vorschlag an die Kollegen lautet, aus den Aufträgen der letzten Jahre einen Durchschnittspreis zu berechnen und dann eine von-bis-Spanne zu nennen. Alles weitere muß aber immer im persönlichen Gespräch ermittelt werden.

Anders geht es nicht.

Bildquellen:

  • einkaufen_1512210387: pixabay

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