Frag doch den Undertaker

Was kostet denn eine Leichenschau? Wir wurden abgezockt!

Mein Vater ist neulich nachts ganz plötzlich verstorben, also ohne das wir das vorher wussten.
Da haben wir dann bei unserem Herrn Dr. W. angerufen wo nur das Band lief. Die Ansage sagte das wir den Notfallarztdienst anrufen sollen was wir auch gemacht haben.
Da kam dann der Herr Prof. Dr. B. vom Klinikum C. und zwar nach 45 Minuten mit der Taxe und so einem Blinkschild oben drauf wo Arzt draufstand.
Der Prof. ist dann ins Zimmer gegangen wo mein Vater dann schon tot war. Er hat sich den Vater angeschaut, einmal ein Blick von oben bis unten von der Tür aus. Dann hat er dem ein Spiegel vor Mund und Nase gehalten und an der Hand den Puls gefühlt gleichzeitig.
Das hat ganze zwei Minuten gedauert. Meine Frau und mein Schwager und die Schwester von meiner Frau sind Zeuge.

Dann hat er sich auf den Sessel im Schlafzimmer gesetzt, einfach auf die Sachen von meinem Vater oben drauf und hat den Todesschein ausgefüllt. Der Prof. war sehr nett.
Dann war er weg und plötzlich kam eine Rechnung in den Kasten.
Da will der jetzt von uns fast 200 Euro für.
Ich mein für vielleicht 5 Minuten Arbeit und Taxe ist das ziemlich happig.
Wir haben dann den Bestatter gefragt. Der hat gesagt, ich soll hier im Blog gucken, da steht alles für bestatter aufgelistet.
Ich habe dann den Artikel gefunden wo was von 75 Euro oder so steht.
Wie kann der Prof. denn mehr verlangen? bekommt ein Prof. mehr wie ein Dr.?
Ich habe den angerufen. Der hat gesagt die Gesetze seien uralt und die Gebührenordnung absolut überholt. Da kommt kein Arzt mehr mit hin und deshalb muss er mehr nehmen, sonst rechnet sich das nicht. 75 Euro seien zu wenig, dafür fahre er gar nicht erst raus.
Was stimmt denn nun?

Werbung

Wikipedia weiß dazu: „Ein approbierter Arzt darf in Deutschland keine selbst kalkulierten Preise für seine Leistung verlangen, sondern ist nach Berufsrecht und einer umfangreichen Sozialrechtsprechung gezwungen, nach der GOÄ abzurechnen.“

Nichts desto trotz juckt das viele Ärzte offenbar überhaupt nicht und sie liquidieren frei erfundene Honorare. Oft werden da Positionen mit auf die Rechnung geschrieben, die eigentlich nur am lebenden Patienten erbracht werden können (und damit Sache der Krankenversicherung wären) und oft werden auch gar keine Rechnungen ausgestellt, sondern das Geld wird einfach nur gegen „Zweckform“-Quittung in bar kassiert.

Damit die Angehörigen von der unrechtmäßig überhöhten Rechnung nichts merken, rechnen viele Ärzte am liebsten direkt mit den Bestattern ab. Der Bestatter bekommt dadurch den „Schwarzen Peter“ zugeschoben, denn er muß seine „hohe Rechnung“ hinterher ja rechtfertigen und steht als teurer Bestatter da, weil die Angehörigen oft genug nur auf die hohe Endsumme schielen und nicht begreifen (wollen), daß sich die Bestatterrechnung zu bis zu 70% aus Fremdleistungen zusammensetzt.

Noch schlimmer wird es, wenn der Arzt sich darauf versteift, nur die unvollständigen oder nicht korrekt unterschriebenen Sterbepapiere beim Verstorbenen zu belassen. Die restlichen Papiere nimmt er mit und rückt sie erst am nächsten Tag, gegen Barzahlung in der Praxis an den Bestatter heraus.
Das bedeutet für den Bestatter lange Wartezeiten in der Praxis, zusätzliche Fahrten und natürlich einen nicht unerheblichen Mehraufwand.
Glücklicherweise urteilen die Gerichte inzwischen so, daß der Arzt bei einer solchen Vorgehensweise dem Bestatter seinen Aufwand ersetzen muß.

Um es aber klar zu sagen, wir sprechen hier über die schwarzen Schafe unter den Ärzten.
Die allermeisten Ärzte rechnen, einmal abgesehen von geringfügigen Fehlern, die im Gebührendschungel entstehen können, durchaus korrekt ab. Ja, viele Ärzte berechnen die Leichenschau bei ihren eigenen Patienten, die sie jahrelang betreut haben, überhaupt nicht.
Auch das muß gesagt sein.

Aber man muß sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Da gibt es eine Gebührenordnung und der im obigen Beispiel genannte Professor meint, das was ihm da an Zahlungen zustehe sei eben einfach zu wenig und deshalb müsse er, wegen Inflation, gestiegener Kosten und der längst überfälligen Erhöhung der Gebühren nun selbst einfach was draufschlagen.

Das ist ungefähr so, als ob eine Politesse sagt: „Normalerweise kostet der Strafzettel nur 5 Euro, aber die Sätze sind schon lange nicht mehr angepasst worden, es ist sowieso alles teurer geworden, ich verlange jetzt mal 25 Euro, wegen der Inflation und schließlich bin ich ja eine Fachkraft.“

Es ist aber nunmal leider die Schattenseite eines jeden Berufs, daß er auch Tätigkeiten umfassen kann, die äußerst unangenehm sind und obendrein auch noch miserabel bezahlt werden. Da muß man durch und kann nicht einfach beliebig die Kosten nach oben treiben, schon gar nicht, wenn es eine quasi-gesetzliche Gebührenordnung gibt.

Desweiteren ist zum oben geschilderten Vorfall zu sagen, daß die Leistung auch nicht ansatzweise erbracht worden ist. In zwei Minuten kann man keine Leichenschau durchführen.
Ich spreche einem approbierten Mediziner nicht ab, daß er durchaus in der Lage ist, binnen weniger Sekunden festzustellen, ob ein Mensch tot ist. Aber zur Feststellung der genauen (natürlichen oder nichtnatürlichen?) Todesursache und zur ordentlichen Suche nach möglichen Hinweisen auf Pflegefehler oder ein Tötungsdelikt, bedarf es doch schon etwas mehr zeitlichen Aufwand als nur zwei Minuten.

Wir wollen die Kirche im Dorf lassen: Wenn der gute Herr Doktor, der seit 20 Jahren Oma Mimmi kennt und nun schon seit 2 Jahren täglich ins Haus kommt und der das Sterben der alten Frau über Tage miterlebt hat, nun von der Familie angerufen wird, weil Oma Mimmi gestorben ist; wer verdenkt dem Arzt, daß er es mit der Untersuchung in einem solchen Fall nicht allzu genau nimmt?

Aber im o.g. Fall war es ja ein völlig fremder Arzt, der weder die Umstände, noch den „Patienten“ kannte. Hier wäre Skepsis seitens des Arztes absolut notwendig und daraus müßte eine besonders sorgfältige Untersuchung des Leichnams resultieren.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)