Branche/Kommune

Wenn ein Bestatter das Sagen hat

Die Betonung liegt auf „ein“.
So etwas gibt es vor allem im dörflichen Bereich. Da hat die Kommune oder die Kirche als Friedhofsbetreiber den Betrieb der Leichenhalle und das Ausheben der Gräber usw. an einen örtlichen Unternehmer vergeben. Das kann ein Gärtnereibetrieb sein oder ein Bestattungsunternehmen.

Oft genug habe ich selbst erlebt, daß diese Unternehmen diesen Friedhof dann sozusagen als ihr Eigentum betrachten und es als unliebsames Eindringen in ihr ureigenstes Refugium betrachten, wenn andere Bestatter oder Gärtner dort tätig werden wollen.
Da rennt man dann als ortsfremder Bestatter oft stundenlang dem Schlüssel zur Leichenhalle hinterher oder wird zur Zahlung irgendwelcher „Kautionen“ oder „Gebühren“ aufgefordert.
Sehr beliebt ist das Befahrungsverbot. Da darf man dann mit dem Bestattungswagen (selbst im Odenwald so erlebt) nicht bis zum Friedhof, der an einem steilen Hügel liegt, heranfahren, sondern muß unten an der Landstraße parken und darf den Sarg irgendwie die dreihundert Meter den Berg rauf schaffen. Oder (auch wieder selbst erlebt) der Tischlermeister hat den Schlüssel zur Leichenhalle in der Tasche und ist für drei Tage auf einer Regionalausstellung in der Kreisstadt.

Ganz gern genutzte Variante:

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Man gibt sich hilfsbereit, verschweigt aber ortsübliche Besonderheiten und Gegebenheiten. So schiebt man dann den Sarg in eine Kühlkammer, der örtlich Zuständige sagt aber nicht, daß man vorher im Feuerwehrspritzenhaus den „Schöppels Willi“ um das Umlegen des Stromschalters bitten muß. Oder er sagt nicht dazu, daß man noch Sargträger bestellen muß und am Beerdigungstag steht dann der Sarg mit Pfarrer und Trauergästen in der Halle und es ist niemand da, der den Sarg zum Grab tragen muß.
Auch gerne genommen: Der örtliche Unternehmer hat den einzigen Bagger für den Grabaushub und der Bagger ist leider gerade nicht da, kaputt oder ausgebucht.

Man möchte also als örtlicher „Betreiber“ des Friedhofs deutlich machen, daß man dort das Sagen hat und daß man es als Zumutung empfindet, daß sich die Angehörigen an einen anderen Bestatter gewandt haben.
Auf jeden Fall ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, daß man schikaniert wird.

Das gilt natürlich nicht generell, sondern beschreibt die Ausnahme, die aber immer mal wieder vorkommt.

So wundert es auch niemanden, wenn eine Leserin uns erzählt:

Aus eigener Erfahrung mußte ich leider erleben, dass die Wahl eines nicht ortsansässigen Bestattungsunternemens, wenn auch aus einem Nachbarort, sehr problematisch verlaufen kann.
Meine Schwiegermutter verstarb vor einigen Jahren am Osterabend im KH und wurde auf unseren Wunsch vom Bestatter auf Station eingesargt und sollte in die örtliche Leichenhalle überführt werden.
Da der Bestatter keinen Schlüssel zu unserer Leichenhalle besaß, mußte er den örtlichen Bestatter bitten, ihm entweder den Schlüssel auszuhändigen oder selbst zu öffnen.
Beides verweigerte der ortsansässige Bestatter.
Gottseidank gab es im Ort noch einen Tischlereibetrieb, der nebenbei auch einige Bestattungen erledigte, er gab den Schlüssel zur LH heraus.
Wir hatten uns mit dem Bestatter unseres Vertrauens ein schönes „Rundherum“ mit lila Samttuch auf, bzw.um den Katafalk, Sargwagen,oder wie immer das Gestell heißt,auf dem der Sarg während der Trauerfeier steht, entschieden.
Als wir zur Trauerfeier kamen, kam uns gleich unser Bestatter mit Trauermine entgegen und entschuldigte sich x mal, dass er es nicht so hätte machen können, wie wir es vereinbart hätten, der hiesige Bestatter habe das lila Samttuch vom Katafalk gerissen und gesagt, das hätte es hier noch nie gegeben und er solle auch keine neuen Moden hier einführen und außerdem hätte er hier das Sagen. Punkt.

Unser Bestatter hat auf eine Prügelei verzichtet obwohl ihm danach war.
Der hiesige Bestatter stand am Kapelleneingang als wenn er die Bestattung geregelt hätte. Wir haben uns für dieses nackte Brettergestell unter dem Sarg nur geschämt.
Ich hatte mich damals bei der Bestatterinnung unserer Region über dieses Verhalten beklagt, bekam zur Antwort, dass die Innung nicht für das Mitgefühl und die ethischen Voraussetzungen zuständig seien. Heute kann ich es verstehen. Mitgefühl ist ein Geschenk Gottes. Der eine hat es, der andere nicht.
Der Bestatter unseres Vertrauen hatte es und ich werde ihn jederzeit wieder beauftragen.

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