Frag doch den Undertaker

Wie sehen Tote aus? Lächeln im Gesicht oder angstverzerrt?

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Warum sehen Tote manchmal so anders aus?

Das werde ich oft von Schülern und Studenten gefragt, wenn ich vor ihnen spreche.

In den Kommentaren schreibt ein Leser:

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]Die Verstorbenen lächeln doch meist und/oder sehen entspannt aus.

Ja, besonders die zu Tode gefolterten, mit Masochismus-Hintergrund…
Der Bekannte, der vor Jahren auf dem Weg zur Toilette tot umgefallen ist, sah eher etwas verwundert aus, was ihm denn da wohl passiert ist. 😉
]

Das kann man so nicht sagen.
Mit dem Tod erschlaffen alle Muskeln. Kein Erlebnis kurz vor dem Tod kann über ihn hinaus eine Auswirkung auf das Aussehen des Menschen haben.
Lange Jahre der Sorgen, die Auszehrung durch Krankheit und Medikamente können ein Gesicht formen und Spuren hinterlassen, aber diese sind schon zu Lebzeiten sichtbar und haben mit dem Tod direkt nichts zu tun.
Etwas erstaunt blicken alle toten Menschen drein, wenn man so will, denn offene Augen, ein aufgesperrter Mund und Gesichtszüge die erschlaffen, das sind auch unsere Zeichen von Erstaunen.

Selbstverständlich wird ein Mensch, der im Wasser verstorben ist oder der erstickt ist oder bei dem das Gesicht durch Unfall oder sonstiges in Mitleidenschaft gezogen wurde, nicht mehr so aussehen, wie man ihn zu Lebzeiten kannte.

Bei den meisten anderen wird es so sein, wie ich es oben schrieb. Augen offen, Mund geöffnet und Gesichtszüge erschlafft.
Im Wesentlichen sehen sie also so aus wie zu Lebzeiten. Ein Leichtes für den Bestatter, die Augenlider herabzuziehen und die Kinnlade hochzudrücken.
Und dennoch: Im Tod sehen die Menschen oft fremd aus und manchmal erkennen Verwandte sie nicht wieder.

Hierbei spielt eine bedeutende Rolle, daß wir im Grunde ständig irgendwelche Muskeln im Gesicht kontrolliert und unkontrolliert anspannen. In irgendeiner Weise bewegen wir das Gesicht auch, runzeln die Stirn, ziehen die Augenbrauen hoch, die Mundwinkel nach unten oder oben und unsere Lippen können alle möglichen Formen annehmen. Ja, selbst der Lidschlag ist eine sich ständig wiederholende Bewegung, die wir gar nicht bzw. kaum mitbekommen.

Alles das fällt bei einem Toten weg.

Allein das völlige Erschlaffen der Muskulatur führt dazu, daß die Menschen fremd aussehen.
Fehlen dann eventuell noch Zahnprothese und die normalerweise ständig getragene Brille; und ist die Frisur dann auch noch anders als zu Lebzeiten, ja dann ist eigentlich schon fast alles vorgegeben, um einen befremdlichen Eindruck zu erzeugen.

Umso wichtiger ist es, daß ein guter Bestatter versucht, ein recht aktuelles Foto zu bekommen, das den Verstorbenen zu Lebzeiten zeigt. Möglichst von vorne, möglichst nicht mit Pappnase und in breitgrinsender Feierlaune und möglichst nicht von vor 12 Jahren.

Außerdem gibt es in jeder Familie Angehörige, die den Verstorbenen in den letzten Monaten seines Leidens gar nicht mehr gesehen haben und wahrscheinlich auch schon ob seines Aussehens erschrocken wären, hätten sie ihn da besucht.

Der Bestatter wird bei einer offenen Aufbahrung immer versuchen einen friedlichen Gesichtsausdruck beim Verstorbenen zu erzeugen. In unserem Kulturkreis ist es üblich, Verstorbene in etwa Schlafenden gleichzusetzen.
Sie sind „entschlafen“, sie „ruhen“ für immer und sie werden in den Sarg mit Kopfkissen und einer Art Bettdecke „eingebettet“.
Und weil man beim Schlafen keine Brille auf hat, setzt man Verstorbenen üblicherweise auch keine auf.

Ganz nebenbei bemerkt: Es hat sich durchaus als ganz probates Mittel erwiesen, wenn man eventuell auf eine große Sonnenbrille zurückgreift. Das kann dann sinnvoll sein, wenn die Angehörigen vor allem die eingefallene Augenpartie als befremdlich empfinden. Bestatter sollten ruhig einmal über diese Möglichkeit nachdenken.
Auch ein dünner, halbdurchsichtiger Schleier kann wahre Wunder wirken. Er wirkt wie ein Weichzeichner und verschleiert eben, wie der Name es schon sagt.

Daß Ermordete den Schrecken bis über den Tod hinaus ins Gesicht gemeißelt haben, das ist ein Ammenmärchen, eine urbane Legende.
Manchmal werden die versteinerten Toten von Pompeji als Beispiel angeführt.

Wir sehen aber heute nicht die versteinerten Überreste von Menschen sondern es hat sich so abgespielt, wie uns Leser „AG_Wittmann“ erklärt:

Die Menschen in Pompeji sind erstickt an Schwefeldämpfen, deren Körper wurden dann von der Vulkanasche bedeckt, deren Beschaffenheit kann man sich wie Zement vorstellen.

Das Fleisch verweste, zurück blieben Skelett bzw. Knochen und eventuell getragener Schmuck oder Teile der Bekleidung. Da die Vulkanasche schon ausgehärtet und verdichtet war, blieb der Hohlraum bestehen, der dann mit Gips ausgegossen wurde, als man damals bei Grabungen festgestellt hatte, dass viele Hohlräume unter ehemals geschützten Orten Skelette bzw. Knochenreste enthielten.

Die Menschen von Pompeji erstarrten also nicht in ihrer augenblicklichen Position, wie viele glauben, sondern die heiße Asche umhüllte sie förmlich und bildete eine Kruste. Zurück blieben über die Jahre nur die Hohlräume. Später wurde diese von Forschern mit Gips ausgegossen und so können wir heute ein plastisches Bild davon haben, wie diese Menschen im Tod wohl ausgesehen haben mochten.
Sehr detailreich sind die Gesichter jedoch nicht.

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(©si)