Menschen

Zappel, kratz, mal

orgel

Ich liebe meine Kinder, ich mag sogar die meisten Kinder, meistens. Manche Kinder mag ich nicht und gegen einige wenige habe ich sogar eine ausgesprochene Abneigung. Das ist mit Erwachsenen nicht anders, aber hier geht es zunächst mal um Kinder. Ich mag zum Beispiel den 15jährigen in meinem Bekanntenkreis nicht, der immer noch im „Gräbele“, also in der Mittelrinne des elterlichen Ehebetts, schläft und seine Eltern seit einer halben Generation zu „Sex gibt’s nur im Urlaub“ verdonnert. Ich mag auch Constanze nicht, diese 7jährige, spinnendürre Rothaarige, die immer mit Elvira zu uns zu Besuch kommt und ständig -wie ein junger Welpe piensend- an Elviras dicken Schenkeln hängt und permanent herumquengelt, daß sie nach Hause will. Auch den kleinen Lukas kann ich nicht besonders leiden, weil der ständig seiner Mutter was ins Ohr flüstert – und diese Mutter kann ich nicht leiden, weil sie jedes Gespräch mit uns sofort unterbricht, weil ihr häßlicher kleiner Nervenzwerg nicht abwarten kann und sie ihn auch nicht warten lassen kann und sich das Geflüstere immer auch noch anhört.

Mütter sind ja sowieso ein Kapitel für sich…
Und damit sind wir dann bei den Erwachsenen. Schlimmer noch als Mütter sind aber, meiner Meinung nach, überzeugte und voll in dieser Rolle aufgehende Väter im Erziehungsurlaub. Während Frauen das Verziehen und Verderben der Kinder noch so nebenbei hinbekommen, konzentrieren sich Männer mit all ihrer Kraft und ganzer Einsatzbereitschaft nur darauf. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche… sie machen nichts anderes, als um ihren neuen Lebensmittelpunkt herumzukreisen; wenn Männer was machen, dann machen sie es richtig.
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Ich weiß ja sowieso nicht, warum manche Leute ausgerechnet zur ersten Besprechung im Bestattungshaus kleine Kinder mitbringen müssen. In all den vielen Jahren habe ich das immer wieder hinterfragt und es waren vielleicht mal 3 oder 4 Frauen darunter, die einfach wirklich niemanden gefunden haben, der sich um das Kind hätte kümmern können. In allen anderen Fällen war die Motivation eher darin gelegen, daß man sich die Blagen auch noch am liebsten beim Krautscheißen auf den Buckel binden würde, Hauptsache man beweist der ganzen Welt, daß man rund um die Uhr Mutter oder Vater ist.
Gut, wir kümmern uns gerne auch um die Kinder und die allermeisten sind ja auch ganz lieb. Aber immer wieder sind da auch solche Kinder darunter, wo ich dann wieder denke, daß diese hyperaktiven, nervösen Nervensägen völlig falsch behandelt werden.
Also bei unseren Kindern hat man noch sagen dürfen: „Mensch, jetzt sitz doch mal still!“ ohne daß das schon Kindesmißhandlung gewesen wäre. Neulich erst war eine Mutter mit einem solchen Nichtstillsitzenwoller bei mir und statt den Kleinen mal in seine Schranken zu weisen, war die Wurfstute dann auch noch beleidigt, daß ich einfach weiterredete und ihren Krähvogel ignorierte. Der Junge brauche eben viel Aufmerksamkeit und da sei es unmööööglich, daß ich seinem „will Brause, will Brause, will Brause“-Gejammere nicht die erforderliche Beachtung schenkte.
Ich unterbrach dann kurz, lächelte höflich und die Frau stopfte dem Kleinen ein Zuckerstück mit Beruhigungstropfen ins jammernde Mäulchen.
Früher hätte man die erzogen, heute haben die alle ADHS und bekommen Pillen oder Tropfen.
Ist ja auch viel einfacher, wenn das nervenaufreibende Verhalten des Kindes nicht auf mangelnde elterliche Erziehungsfähigkeiten zurückgeführt werden kann, weil das Kind ja anerkanntermaßen „krank“ ist.
Aber sowas wie ADHS hat es immer schon gegeben, mir ist bloß neu, daß das neuerdings scheinbar -wie Mumps oder Windpocken- ansteckend ist und praktisch jedes Kind befällt.

Jonas hat in unserer Ausstellung mit der ständig mitgeführten Wachsmalkreide (ohne rund 1 Kubikmeter Spiel-, Mal- und Bastelzeug gehen die Eltern mit Jonas gar nicht aus dem Haus) acht Särge mit Strichen verziert.
„Nee, das ist nicht schlimm, das ist drollig“, findet Jonas‘ Vater, „der muß das halt mal rauslassen, der ist eben so, das darf man dann nicht bremsen und da darf man auch nicht Scheiße draufkommen, sondern muß cool bleiben“.
Klar doch, 80 Euro hab ich dem fürs Cool-Bleiben und das Aufpolieren der Särge aufgeschrieben, das fand er dann auf einmal gar nicht mehr drollig, der Vater des drolligen Jonas.

Tamara hat auch ADHS. Aber das sei ja nicht schlimm, findet ihre Mutter, denn das haben in dem Kindergarten in dem Tamara angemeldet ist, wo sie aber nicht bleibt, fast 80% der Kinder. Ob das denn ein Spezialkindergarten sei, frage ich aus reiner Neugier und fange mir einen Rüfel sondergleichen ein: „Was glauben Sie denn, wer Sie sind? Meine Tochter ist krank, aber doch nicht behindert, Tamara muß doch in keinen Sonderkindergarten, sie bleibt ja sowieso nicht da.“

Wo ist Tamara eigentlich?
Frau Büser bringt sie, das heißt Tamara läßt sich kurz bevor Frau Büser uns mit dem Kind an der Hand erreicht hat, fallen und strampelt schreiend herum. Man könnte glauben, dem Kind platzt gleich der rot angelaufene Kopf und aus der verzerrten, tränenüberströmten Fratze schieße gleich ein Dämon oder ein Außeriridischer hervor…
Frau Büser hat die Kleine dabei erwischt, wie sie mit einer Nagelfeile die hölzerne Wandtäfelung in der Halle „verziert“ hat.
„Woher soll das Kind denn auch wissen, daß man das nicht darf?“ motzt mich Tamaras Mutter an und ich sage trocken: „Von Ihnen.“

„Unverschämtheit!“

Ja, so bin ich.

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(©si)