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Zirkus Pelegrini

Der Zirkus Pelegrini ist in der Stadt und die Stadtväter stöhnen, das Ordnungsamt ist alarmiert und die Polizei macht den Gauklern Druck. Eine Auftrittsgenehmigung hat der kleine Zirkus nicht, er war einfach an einem Nachmittag der letzten Woche angekommen und hatte seine Wagen auf einem Acker abgestellt. Das Zelt hat man zwar aufgebaut, aber das Dach nur halb hochgezogen.

Wenn so eine Truppe unverhofft vor den Toren der Stadt steht, ahnen die Stadtoberen schon, was auf sie zukommen kann. Möglicherweise hat der Zirkus kein Geld und man muß die Artisten und Tiere dann vielleicht den ganzen Winter durchfüttern.

Der Bauer, der denen für 190 Euro den Acker verpachtet hat, sagt, denen sei das Benzin ausgegangen und eigentlich seien die Zirkusleute auf dem Weg in ihr Winterquartier, das aber noch 300 Kilometer weit weg liege. Sobald die wieder flott seien, würden sie wohl weiterziehen.

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Nun kommt es die Stadt alles in allem billiger, wenn sie den Zirkusleuten unbürokratisch den Treibstoff bezahlt, als die Leute über Wochen und Monate finanzieren zu müssen.

Schon am nächsten Tag sieht man in der Innenstadt etwas heruntergekommene ältere Männer mit Ponys, Lamas und Ziegen, die ihre blechernen Sammelbüchsen schwingen. Das dürfen sie laut Gemeindesatzung nur dann, wenn die Tiere nicht ausschließlich zum Sammeln von Geld gehalten werden; solche „Zirkusse“ gibt es nämlich auch.

Nein, nein, nein, beteuert Zirkusdirektor Mario Pelegrini, der eigentlich Willi Scholz heißt, und kündigt eine Gratisvorstellung für die Schulkinder an, freut sich über die Futterspenden aus der Bevölkerung und sichert zu, daß man sofort wieder verschwinde, sobald man das Fahrgeld zusammen habe.

Zu der angekündigten Gratisvorstellung soll es aber nicht mehr kommen.
Einmal sorgt eine rasche Zurverfügungstellung von Benzin und Diesel seitens der Stadt dafür, daß die Zirkusleute schneller wieder flott werden, als ursprünglich angenommen und andererseits bricht einer der ponybewaffneten Büchsenschüttler vor dem Kaufhof tot zusammen.
Papiere hat der Alte keine, der Zirkus sagt, man habe den Mann erst nach der Ankunft in der Stadt extra zum Sammeln angestellt und ehe das noch alles ganz genau geklärt werden kann, sind die Pelegrinis mitsamt ihren blau-roten Wagen und ihrem Zelt schon wieder verschwunden.
Von dem ganzen zirzensischen Spuk bleibt nur ein kreisrunder Fleck aus Stoh und Sägemehl auf einem zugefrorenen Acker…

…und ein toter, etwa 68jähriger Mann in der Kühlkammer des Klinikums.

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(©si)