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Edelmetall, Metall aus der Totenasche

Es ist (hier) allgemein bekannt, daß metallische Gegenstände, die nach der Einäscherung eines Menschen in der Totenasche vorhanden sind, aussortiert werden. Einmal geschieht das mit Magneten und dann noch manuell. Nach Ansicht der meisten Krematorien gehört in eine Urne nichts als die Totenasche. Nägel, Teile von Prothesen, Schrauben und andere Hilfsmittel aus Metall und Reste von Schmuck haben dort nichts verloren.
Die Friedhofssatzungen und Geschäftsbedingungen der Krematorien regeln diesen Vorgang ganz genau.
In aller Regel werden die metallenen Hinterlassenschaften gesammelt und einer Scheideanstalt oder einem Verwertungsbetrieb übergeben.
Dafür erhält das Krematorium einen gewissen Betrag. Pro Eingeäschertem beträgt das durchschnittlich in etwa 3-6 Euro.
In großen Krematorien werden im Jahr mehrere tausend Verstorbene eingeäschert, so kann sich dieser Betrag auf eine ganz beträchtliche Summe aufaddieren.

Stadtkämmerer, Krematorienbetreiber und Verwaltung argumentieren, dieser Betrag komme dem Budget des Friedhofshaushalts oder direkt dem Haushalt des Krematoriums zu Gute. Manche Kommunen verbuchen die Einnahme direkt im städtischen Haushalt.
In jedem dieser Fälle wird angeführt, der vereinnahmte Betrag komme direkt oder indirekt dem Krematorium zugute und sorge mit dafür, daß die Einäscherungsgebühren nicht noch weiter steigen.

Indes, es gibt Kommunen, die solcherlei Einnahmen für mildtätige Zwecke verwenden und Städte (z.B. Essen), die grundsätzlich die metallenen Rückstände in der Asche belassen, bzw. sie wieder zugeben und mit in die Urne geben und beisetzen.

Vor allem vor dem Hintergrund, daß Metalldiebe inzwischen auch nicht mehr davor zurückschrecken, massenweise Urnengräber zu öffnen, um die Urnen, sprich das Metall aus denen sie bestehen, auf dem Schrottmarkt zu verkaufen, wird natürlich mit jedem in der Urne belassenen Stück Edelmetall dieses verwerfliche Treiben noch lukrativer.

Hierzu ein Beitrag des „mdr“, der zwar einen Fall aus Tschechien beschreibt, der aber dennoch auch für uns von Bedeutung ist, denn solcherlei Urnen- und Metalldiebstahl gehört in Deutschland mittlerweile auch zum Friedhofsallltag:

metalldieb

Interessant ist aber nun, daß diese Praxis, daß also dieses (Edel)-Metall von den Krematorien gesammelt und verwertet wird, wirklich jedem Brancheninsider und natürlich den Lesern des Bestatterweblogs seit langer Zeit bekannt ist und nun der Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) einen „Aufreger der Woche“ daraus macht, indem er beispielhaft eben diese Vorgehensweise der Stadt Dortmund anprangert. Hier der entsprechende Zeitungsartikel dazu:

Bestatter kritisieren Geschäftemacherei im Krematorium

Dortmund. Der Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) kritisiert den Umgang der Stadt Dortmund mit der Asche von Verstorbenen. Das städtische Krematorium sammelt die Edelmetalle aus der Asche, verkauft sie und behält den Erlös. Laut Bestatterverband widerspricht diese Praxis allen nationalen und internationalen Standards. …
Fremdkörper wie Zahngold gehören dem Krematorium, denn mit einem Auftrag zur Verbrennung erkennen Hinterbliebene automatisch die Friedhofssatzung und damit die Geschäftsbedingungen des Krematoriums an. In Paragraf 8 ist geregelt, dass Metallreste gesammelt und veräußert werden dürfen.
Durchschnittlich 30.000 Euro würden im Schnitt im Jahr eingenommen, sagt Sigrid Müller, Betriebsleiterin der Dortmunder Friedhöfe. Das Geld fließe in den Etat des Krematoriums und helfe, die Einäscherungskosten in Dortmund gering zu halten. Für eine Einäscherung zahlt man in Dortmund rund 450 Euro.
Rolf Lichtner, Generalsekretär des BDB, sieht in dieser Praxis ein Unding.

Quelle und mehr HIER.

Weiter spricht Herr Lichter von einer „Geschäftemacherei“.

Aus meiner Sicht liegt das Problem eher darin, daß die Angehörigen mit ihren Unterschriften beim Bestatter zwar so einigem zustimmen, jedoch im Detail keine Kenntnis davon haben, was mit den metallenen Gegenständen passiert.
Ich persönlich habe die Angehörigen stets, insbesondere in Hinblick auf Eheringe, Uhren, Ketten und sonstigen Schmuck, explizit darauf aufmerksam gemacht, daß diese Sachen mit eingeäschert werden und ein Verbleib am Verstorbenen daher wenig sinnvoll ist.

Außerdem muß man sich vor Augen halten, um was es hier geht. Es geht um angekohlte, zusammengeschmolzene, verbogene und teils nicht mehr identifizierbare Fragmente und Klumpen und es ist ganz sicher so, daß viele Hinterbliebene diese Gegenstände ganz bestimmt nicht wieder zurück haben wollen.
Und ob man Krematoriumsmitarbeitern zumuten kann, vorher allen Schmuck zu entfernen und den Toten auch noch eventuell die Goldzähne auszubrechen… Ich lasse es dahin gestellt!

Nun aber hinzugehen und für jeden einzelnen Verstorbenen die metallenen Überreste gesondert zu sammeln, in eine separate Schachtel zu verpacken, diese dann der Scheideanstalt zu übergeben (oder den Angehörigen auszuhändigen) und dann ggfs. im Nachgang den Einzelerlös zu verbuchen und auszuzahlen, wäre eine Aufgabe, die schon aus betriebswirtschaftlicher Sicht bei einem Betrag von 3-6 Euro pro Einzelfall (Durchschnitt) unwirtschaftlich wäre. Das alles käme nämlich teurer und würde die Kosten der Einäscherung eher erhöhen.

Es ist kein schönes Thema und die Tatsache, das man ausgerechnet mit solchen Bestandteilen der Totenasche einen Erlös erzielt, hat naturgemäß einen bitteren Beigeschmack, der gerade hierzulande durch die Zeit des Dritten Reichs noch verstärkt wird, aber diese Vorgehensweise ist nichts anderes als pragmatisch.

Wie seht Ihr das, liebe Leser des Bestatterweblogs?
Schreibt mir Eure Meinung dazu und nehmt an der folgenden Abstimmung teil!

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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 10. Dezember 2014 | Peter Wilhelm 10. Dezember 2014

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7 Kommentare
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Alisea
10 Jahre zuvor

Im Prinzip hab ich mir über sowas bisher keine Gedanken gemacht. Wir hatten in den letzten Jahren eine Einäscherung und eine Erdbestattung und bei beiden Beerdigungen haben wir vorher allen äußeren Schmuck entfernt.

Was mit den inneren Metallteilen passiert ist mir/ uns eigentlich völlig egal gewesen und die Goldzähne (war nur einer) haben wir belassen wo sie waren.
Wenn damit noch der Gemeinde gutes getan wird, um so besser, ich denke das war im Sinne der Verstorbenen.

Ich habe aber abgestimmt bevor ich den Artikel gelesen habe und da noch für die Wahl durch die Verwandten gestimmt, würde ich jetzt abändern in „zugunsten der Gemeinde“, einfach aufgrund des logistischen Aufwandes den eine solche Auswahl erfordern würde.

LG Alisea

Steffen K.
10 Jahre zuvor

Hallo,
wenn man den Durchschnittswert kennt ( 5-6 Euro ), sollte man diesen Wert einfach automatisch von der Krema Rechnung abgezogen.Dadurch verhindert man solche Diskussionen.
mfg

Steffen K.
10 Jahre zuvor

Sollte natürlich abziehen und nicht abgezogen heissen…

turtle of doom
10 Jahre zuvor

Krematorien könnten mal im guten Sinn „vorpreschen“ und einen Flyer rausgeben: „Was geschieht mit dem Verstorbenen?“ – und darin auf die Verwertung von Metallen hinweisen, und auch auf die Möglichkeit, dass die angeschmolzenen und kaum noch erkennbaren Metallteile den Angehörigen ausgehändigt werden.

Mit Beispielbildern.

Debe
10 Jahre zuvor

_Wenn_ die Angehörigen vor der Verbrennung informiert sind – das kann ein Bestatter natürlich ganz einfühlsam machen, ggf. bietet sich das wegen Ehering etc. ja sowieso als Thema an, nicht nur wegen Goldzähnen und Prothesen – finde ich das Vorgehen der Krematorien vollkommen in Ordnung.

Das gehört in deren Geschäftsbetrieb, das geht eben so. Dass eventuelle Erträge nicht in die Taschen der Krematoriums-Mitarbeiter gelangen sollen, ist wohl seit Jahren klar (mehrere Fälle haben es in die Medien geschafft), ob dann aber eine Spende oder einfach eine Einnahme verbucht wird, ist Sache der Geschäftsleitung.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Krematorium dem Sonderwunsch „Aushändigung der Metallteile“ verschliesst. Das muss dann aber vorher (logisch) besprochen werden und eventuell argumentativ verstärkt werden (mit flachen viereckigen Argumenten, meine ich) – gegen Aufpreis wird sich das offiziell oder inoffiziell sicher machen lassen, und ein Bestatter wird ja die Mitarbeiter in seinem Stamm-Krematorium auch gut genug kennen. Da ist eben die Information _vorher_ wichtig.

Ingrid Hoerner
7 Jahre zuvor

Ich denke, die 3 bis 6 €uronen machen bei manchem Preis des Krematoriums den Kohl auch nicht mehr fett. Komisch finde ich, dass ich in den Totenaschen so gut wie nie Gold finde jedoch jetzt z. B. die Krematorien Landau und Aachen sämtliche Rückstände in die Urnen packen. Das heißt, es handelt sich nicht nur um Teile die im Verstorbenen waren, sondern dicke Schrauben und Sargklammern sowie eben alles was an Metall vorhanden ist. Ob das der Sinn der Sache war? Schlimm genug, wenn einzelne Personen sich an den Dingen bereichern aber letztlich schüttet man mal wieder das Kind mit dem Bade aus. Wenn also jetzt sämtliche Metallteile, die man ja sehr gut aussortieren kann da sie magnetisch sind, in die Aschenkapsel gibt, dann haben wir bald ein Restelager im Friedwald und Ruheforst. Wenn ich Totenasche an Angehörige übergebe, dann habe ich versucht diesen „Müll“ zu entfernen und sollte ich wirklich mal auf Zahngold stoßen, dann gebe ich das gesondert den Angehörigen. Und was Herr Lichter – BDB – von sich gibt bzgl. der Kosten… Weiterlesen »




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