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450 Euro für nix? Bestatter verlangt Geld für nicht abgeschlossene Bestattungsvorsorge

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Stell Dir vor, Du gehst in ein Autohaus. Dort schaust Du Dir etliche der ausgestellten Wagen an. Ein Verkäufer kommt hinzu und erklärt Dir eine Stunde lang die Vorzüge und Unterschiede. Am nächsten Tag machst Du eine Probefahrt von anderthalb Stunden. Währenddessen rechnet Dir der Verkäufer mal alles durch und legt Dir anschließend 4 verschiedene Finanzierungs- und Zahlungsmodelle in ausführlicher Papierform vor.

Du bist noch unentschlossen. Der Verkäufer bietet Dir an, ein Spitzenmodell der Marke übers Wochenende auszuprobieren, um Dich von den Vorzügen zu überzeugen.

Doch Du hast auch im Netz geschaut und bei „wir-schenken-dir-ein-auto.de“ was anderes gefunden, das auch noch günstiger ist.

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Würdest Du Dich jetzt wundern, wenn Du vom Autohaus eine Rechnung über rund 450,- € bekommst für die ganze Arbeit, die sie mit Dir hatten?

Ein Bestatter im Rheinland meint aber, das sei richtig und korrekt so.

Eine Rentnerin wird bei diesem Bestatter wegen einer Bestattungsvorsorge vorstellig. Die Vorschläge des Bestattungshauses sind okay, man notiert alle persönlichen Wünsche der Rentnerin und rechnet alles mal aus. Auch der zu zahlende Betrag passt, denn die Rentnerin hat mit einer kleinen Sterbegeldversicherung vorgesorgt. Anderes Geld hat sie wegen der schmalen Rente nicht.

In mehreren Terminen wird alles besprochen und schließlich erhält die Dame den Entwurf eines Vorsorgevertrages.
Mehr als ein Entwurf ist sowas nie, bis es denn von beiden Seiten unterschrieben ist.

Die Rentnerin war aber nicht gewillt, den Vertrag zu unterschreiben. Alles war dann irgendwie doch nicht nach ihrem Geschmack und vor allem der Verbleib von eventuell überschüssigem Geld aus der Sterbeversicherung behagte ihr nicht.

So teilte sie also dem Bestatter mit, dass sie nicht zum Abschluss kommen würden und sie von der Bestattungsvorsorge Abstand nehmen möchte.

Blöderweise hatte die Rentnerin, um ja keinen Termin zu versäumen, bereits ihre Sterbegeldversicherung auf den Bestatter umschreiben lassen. Man hatte ihr klar gemacht, die Versicherungssumme könne sonst im Falle einer Pflegebedürftigkeit vom Sozialamt eingezogen werden.

Nun gut. Dem Bestatter ist es so gegangen, wie dem Autohaus oben. Viel Lärm um nichts, viel Arbeit und dann doch kein Vertrag. So ist das halt im kaufmännischen Alltag. Nicht jeder Kaufinteressent kauft letztendlich auch. Die Bemühungen des Verkaufspersonals kann man dann nicht in Rechnung stellen.

Es sei denn… Es sei denn, der Bestatter habe vorher klipp und klar gesagt, dass er eine umfangreiche Ausarbeitung vornimmt und im Falle des Nichtzustandekommens einer Bestattungsvorsorge seine aufgewendete Arbeit und Zeit bezahlt haben möchte. Könnte man so machen, ist aber eher unüblich.

Das wußte auch unsere Rentnerin. Doch der Bestatter forderte keck knapp 450 Euro für seine Bemühungen und machte die Rückabwicklung der bereits übertragenen Sterbegeldversicherung von der Bezahlung dieser 450 Euro abhängig.

Unsere Rentnerin, nicht dumm, war aber bei der Verbraucherberatung und zahlte den entsprechenden Betrag in bar beim Bestatter und zwar mit dem Zusatz „unter Vorbehalt“. Clever! Denn eine vorbehaltlose Zahlung wäre einem Einverständnis gleich gekommen.
Um zu untermauern, dass nun alles zu beiderlei Zufriedenheit beendet sei, ließ sich der Bestatter nun nur noch eben unterschreiben, dass damit jetzt alle Ansprüche abgegolten seien.

Tja…
Die 450 Euro ist die Rentnerin nun los.

Es stehen sich die beiden Fakten erstmal gleichwertig gegenüber: Einerseits die Zahlung unter Vorbehalt, und andererseits die Erklärung über die abgegoltenen Ansprüche.

Übrigens: Die 450 Euro sind für die Betroffene kein Pappenstiel.

Mit einem Beratungsschein vom Amtsgericht holte sie sich anwaltlichen Rat ein.
Der Anwalt bestätigt in einem Schreiben, dass gar kein Vertrag zustande gekommen sei und somit auch keine Verpflichtung zur Zahlung einer Gebühr entstehen kann.
Da sich aber nun die bereits erfolgte Zahlung und die Erklärung, dass alles abgegolten ist, gegenseitig beißen, müsse wohl ein Gericht darüber entscheiden.

Unsere Rentnerin hat kein Geld und keine Kraft, das alles durchzustehen. Letztendlich wird sie das Geld wohl abschreiben müssen.

Man merke sich:

  1. Bestattungsvorsorgen kann man bei jedem Bestatter abschließen.
  2. Ein Preisvergleich ist überhaupt keine Schande.
  3. Je individueller und umfangreicher die eigenen Wünsche, umso teurer kann es werden.
  4. Zu den Bestatterkosten kommen immer noch Krematorium, Grab, Friedhofsgebühren usw. hinzu. Fragen Sie immer nach den KOMPLETTEN Kosten!
  5. Man formuliere seine Vorstellung in Hinblick auf die Hinterbliebenen und nicht allein in Hinblick auf die eigenen Wünsche.
  6. Nicht sofort unterschreiben! Erst drüber schlafen, alles in Ruhe lesen und eventuell mit jemandem besprechen.
  7. Keine Abtretungen und Übereignungen unterzeichnen, solange man nicht genau weiß, was man tut.
  8. Es ist klug eine Person als Sachwalter einzusetzen, die im Todesfall schaut, dass alles richtig gemacht wird.
  9. Keine Vorschüsse zahlen!
  10. Eine Bestattungsvorsorge ist kostenfrei. Ich würde keine Bearbeitungsgebühren dafür bezahlen. Der Bestatter verdient am Ende an der Bestattung.
  11. Bevor die Vorsorge nicht komplett unterschrieben und wirksam ist, muss man keine Abstandsgebühr o.ä. bezahlen; es sei denn das ist so vereinbart (dann würde ich aber sowieso woanders hingehen).
  12. Wenn ein laufender Vorsorgevertrag gekündigt wird, können Kosten für Beratung und Abwicklung entstehen. Realistisch sind hier zwischen 80 und 300 Euro. Danach würde ich vorher fragen!

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(©si)