Ja, so könnte man das tatsächlich überschreiben.
Gestern ist in Gelsenkirchen und nicht, wie ich immer schreibe, irgendwo in Mexiko, eine für tot erklärte alte Dame schreiend im Kühlraum eines Bestatters wieder aufgewacht.
Für die Seniorin muß es ein Albtraum gewesen sein, im Kühlhaus des Beerdigungsinstitutes möglicherweise neben Leichen aus der tiefen Bewußtlosigkeit wieder zu erwachen.
Der Frau soll es soweit gut gehen, die Angehörigen zeigten sich äußerst überrascht.
Natürlich gibt es Zustände, die einen Menschen wie tot erscheinen lassen.
Bei oberflächlicher Betrachtung kann selbst ein tiefer Schlaf schon so wirken. Manchmal sind aber auch die Körperfunktionen durch Krankheit und/oder Medikamentengaben so flach, daß ein Puls nicht mehr ohne weiteres tastbar ist und eine Atemtätigkeit nicht mehr gesehen wird.
Genau das ist aber der Grund, warum nicht Angehörige, das Pflegepersonal oder Polizisten den Tod feststellen dürfen, sondern ein Arzt hinzugezogen werden muß.
Nur ist das eben bei uns so, daß es keine amtlichen Leichenbeschauer und keine speziell hierfür ausgebildeten Ärzte gibt.
Es wird einfach per se angenommen, daß das jeder Arzt von seiner Ausbildung her können muß.
Theoretisch stimmt das auch, aber man muß sich dann doch fragen, wie viele Leichen ein Augenarzt in seinem Leben zu Gesicht bekommt und untersuchen muß.
Und ob ein Gynäkologe, der in seinem beruflichen Leben sicher viel Elend erblicken muß, wirklich geeignet ist, die Todesfeststellung amtlich zu machen, ist auch nicht so ganz sicher.
So wird auch in diesem Fall in Gelsenkirchen die Leichenschau nicht ordentlich gemacht worden sein.
Hat der Arzt wirklich in alle Körperöffnungen geschaut? Hat er die Verstorbene umgedreht und ihren Rücken und das Gesäß betrachtet?
Hat er die Pupillen kontrolliert?
Offensichtlich ist das nicht oder zumindest nicht ausreichend gemacht worden.
Anzeichen des Todes sind die fehlende Atmung, der fehlende Pupillenreflex, einsetzende oder vorhandene Totenstarre, nicht feststellbare Atmung und nicht wegdrückbare Leichenflecken.
Auf einen Punkt allein darf man sich nicht verlassen.
Wie oben bereits ausgeführt, können Atmung und Puls durch Medikamente und Krankheit so flach sein, daß sie kaum feststellbar sind. Auch der Pupillenreflex könnte durch starke Medikation beeinflußt werden und selbst eine Totenstarre kann einmal durch reflexartig verhärtete Muskulatur angenommen werden. Und beginnende oder abheilende Haut- und Gewebebeeinträchtigungen durch lange Bettlägerigkeit können auch mal mit Totenflecken verwechselt werden.
Vielleicht hat alles das in diesem Fall zugetroffen, wir wissen es nicht.
Dem Bestatter ist kaum ein Vorwurf zu machen, Wenn die o.g. Punkte zutreffen, wird er sich auf den Totenschein des Arztes verlassen. Klar ist: Hätten die Bestatter etwas bemerkt, hätten sie entsprechend reagiert.
Eins ist jedoch sicher: Ein vereidigter Leichenbeschauer, dessen Hauptberuf oder überwiegende Tätigkeit es ist, den Tod vom Menschen zweifelsfrei festzustellen, wäre hier zu einem anderen Ergebnis gekommen.
Deutschland ist eines der modernsten Länder der Welt mit einer flächendeckenden medizinischen Versorgung und einer allüberwachenden Kontrolle seiner Bürger bis in den letzten Winkel ihrer Privatsphäre.
Warum ausgerechnet bei den Todesfeststellungen pauschal jeder Arzt tätig werden darf, ist da überhaupt nicht zu verstehen.
Da funktioniert ja die Überwachung von Hühnerställen in Mecklenpom-Vorburgen besser!
Jede Schraube am Riesenrad auf dem Oktoberfest wird besser kontrolliert, als die Todesursachen bei unseren Verstorbenen.
Ein Pflichtleichenbeschauer müßte nicht einmal ein approbierter Arzt sein. Das sind die Coroner in den USA auch nicht zwingend.
Eine umfassende Ausbildung könnte auch Sanitäter oder gar Bestatter dafür qualifizieren.
Es geht hier nicht um Quincy, der völlig realitätsfern, auch noch Ermittlungen anstellte. Das ist Krimifiktion.
Nein, es geht darum, Menschen so auszubilden, daß sie den Tod eines Menschen einwandfrei feststellen können und auf Zeichen eines nicht natürlichen Todes achten können.
Jede Abweichung von der Norm muß zwangsläufig im Hinzuziehen des Rettungsdienstes/Notarztes oder eines Rechtsmediziners resultieren.
Kann der Tod nicht einwandfrei festgestellt werden, müssen Fachkräfte mit einem Not-EKG her und dann muß ggfs. in einer Klinik genauer nachgeschaut werden.
Gibt es hingegen den geringsten Zweifel an einer natürlichen Todesursache, muß ein Spezialist nötigenfalls durch eine Obduktion mehr herausfinden.
So wie es derzeit läuft, läuft es nicht gut, das prangere ich schon seit Jahren an!
Vielleicht müssen erst mehr alte Frauen beim Bestatter schreiend aufwachen, damit man sich endlich mal rührt.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Die Dame soll inzwischen doch verstorben sein. Und diesmal wohl wirklich, berichten verschiedene Medien.
@NetzBlogR:
Ja, siehe nächster Artikel.
NetzBlogR: Vor Schreck, weil sie beim Bestatter aufwachte?
So was ist natürlich ein entsetzlicher Vorfall. Bei einer 92-jährigen hat der Arzt vermutlich nicht genau hingeschaut, sondern einfach den Tod aus „natürlichen Ursachen“ bescheinigt. Bei dem Alter wäre das ja auch nicht überraschend. Dazu kommt vermutlich wie in unseren heutigen „Gesundheitssystem“ üblich, zu wenig Zeit, zu wenig ausgebildetes Personal.
Ist schon ne komische Gesellschaft, zu der sich unsere entwickelt hat: Dienstleistungen am Menschen werden mies bezahlt, das Gesundheitssystem wurde zu einer Gelddruckmaschine umgebaut. Dem Bestatter wird dann Gier vorgeworfen, aber bei den Krankenhäusern wirds akzeptiert, von der Pharmaindustrie ganz zu schweigen.
Zitat
Und ob ein Gynäkologe, der in seinem beruflichen Leben sicher viel Elend erblicken muß,
Zitatende
das klingt böse. BÖSE!
@Rumpel:
Ich sach jetz ma nur „Sch**denpilz.“
@Peter Wilhelm:
Jede Kaiserschnittgeburt ist ekliger. Ganz bestimmt.
@Rumpel:
Kommt drauf an, wie lange die Frau mit dem Zeug nicht beim Arzt war.
@Peter Wilhelm:
Ich frage mich gerade, woher der Bestatter so etwas weiss
@Peter Wilhelm:
Ich frage mich, woher weiß der Bestatter so etwas? *bibber*
@Rumpel:
Weil Bestatter mehr nackte Frauen sehen, als der Normalbürger.
@Peter Wilhelm:
Das glaube ich wohl. Dass dazu ein tiiiiiiiiiefer Blick zwischen die Beine gehört, war mir jedoch nicht bewusst.
@Peter Wilhelm:
was sagt das denn jetzt über deine frau aus? ;P ich hoffe ja sie erfreut sich allerbester gesundheit – auch und vor allem unnerum 😉
@misanthropia:
Danke der Nachfrage, sie hat ihre schwere Erkrankung gut überwunden.
Lediglich die Bestrahlungen haben für einige Wochen die Haut etwas geschädigt.
Nach viermonatiger Rekonvaleszenz kann sie seit vorgestern wieder arbeiten gehen.
Alles in allem hat sie großes Glück gehabt.
Rechtzeitig erkannt, guter Operateur und selbst hart im Nehmen.
Und untenrum, ja auch da ist alles in Ordnung.
@Peter Wilhelm:
Da bin ich aber froh. Krebs ist so eine Scheisse! Vielen Dank, dass du das noch mal geschrieben hast. Ich war sehr erschüttert, als ich damals von der Krankheit deiner Frau gelesen habe.
Das muss auch für dich sehr schwer und eine harte Zeit gewesen sein. Habe oft an euch denken müssen.
@Somnambule:
Meine Frau hatte das vo 12 Jahren und es is nicht wieder gekommen. Sie gildt als geheilt.
@Peter Wilhelm:
sehr schön! freut mich 😀
Ich musste da sofort an Dr. Bechermann aus Hengasch denken … 😉
@hartmut: Ich auch. Herzinfarkt, anyone?
Zitat:
Sichere Anzeichen des Todes sind die fehlende Atmung, der fehlende Pupillenreflex, einsetzende oder vorhandene Totenstarre, nicht feststellbare Atmung und nicht wegdrückbare Leichenflecken.
Auf einen Punkt allein darf man sich nicht verlassen.
Zitatende
Stimmt so nicht. Sichere Todeszeichen sind: Totenflecke, Totenstarre, Fäulnis und „mit dem Leben nicht vereinbare Verletzungen“
Das Fehlen von Atmung, Puls, Pupillenreaktion und/oder ausreichender Körperwärme gehört zu den unsicheren Todeszeichen.
Außerdem war zweimal die Atmung erwähnt, müssen wir einmal abziehen (wer erinnert sich noch an solche Aussagen in „Dalli Dalli“?)
@Veit:
Völlig richtig.
Wobei… Das mit der Fäulnis ist ja auch so eine Sache.
Alle Zombies beispielsweise sind ja auch meist so ein wenig verfault.
Und ich habe im Zug schon mal jemandem gegenüber gesessen, der kein Zombie war und der mich geruchstechnisch sehr an eine weit fortgeschrittene Verwesung erinnerte.
Aber sicher, Du hast Recht. Ich habe neulich erst einen Fachvortrag genau über dieses Thema gehalten und dort die genauen Definitionen an die Tafel geschrieben (ich hasse Powerpoint).
Hier aber, im allgemeinverständlichen Kontext meinte ich lascher formulieren zu können.
Ich habe das Wort „sichere“ jetzt entfernt, dann müsste es passen.
Ich hatte die Krankheit deiner Frau gar nicht mitbekommen. Freue mich, dass sie das überwunden hat. Strahlenschäden können übrigens bleiben, wie bei mir. Ich hatte die Krankheit vor 10 Jahren.
mir geht’s gut, ich gelte als geheilt. Alles Gute deiner Frau !
Dennoch wundere ich mich, dass ein Bestatter einen Scheidenpilz „erkennt“…. *g*
Irgendwo hab ich mal gelesen, daß durch fehlende oder mangelhafte Leichenbeschau auch zahllose Morde unentdeckt bleiben. Liegt natürlich im Interesse der Politik, dadurch erspart man sich mühsame Ermittlungen, was sicher die Aufklärungsquote sinken lassen würde, und außerdem braucht man die Polizisten ja für wichtigere Aufgaben wie die Jagd nach Kiffern.
Wie man das leidlich aus Film und Fernsehen kennt, wird bei der „Todesfeststellung“ meist ja nur nach dem Puls an Hand oder Hals gefühlt und dann der Kopf geschüttelt.
Wenn man dann das nicht so gewohnt oder geschult ist und jetzt nichts besonderes erwartet dann ist halt tot.
Oder halt auch dann den finalen Herzstich.
Aber bei der Mexiko-vergessenen war das doch auch so, dass die kurz darauf entgültig verstarb.
Bei dem Geld,das Ärzte für Todesbescheinigungen nehmen,könnten sie sich mehr Mühe geben.
Wir haben zu D-Mark Zeiten mal 380 Mark bezahlt, heute sind in unserer Gegend 100 Euro schon Standard! LG
@Josef:
Dann bist du über den Tisch gezogen worden:
http://www.arzt-wirtschaft.de/so-rechnen-sie-die-todesfeststellung-richtig-ab/
Mit begründung 51€, normal so um die 30€. Plus Wegegeld. Dann vielleicht noch ein Auslagenersatz für das Formular…
Mehr geht nicht…
@Simon: Dreißig Euro für einen Totenschein, dann setzen sich viele Ärzte in unserer Gegend über diese Gebührenordnung hinweg! Das ist schon dreißig Jahre her, das wir so wenig bezahlt haben! In eurer Gegend müssen sie ja dann sehr aufrichtig sein. In den meisten großen Städten wird da mehr berechnet, denke ich! LG
@Tom
Zunächst alles gute für die Galle! Was sagst du zum Thema Preise für Todesbescheinigungen?
Du hast doch in deiner aktiven Zeit auch bestimmt mehr wie dreißig Euro bezahlt?
Hab eine schöne Zeit!LG
@josef:
Ich habe anfangs mehr bezahlt, mich dann aber schlau gemacht. Die Kassenärztliche Vereinigung war keinerlei Hilfe. Von dort bekam ich die Auskunft, man sei für die Ärzte da und nicht um den Ärzten zu schaden.
Eine Krankenkasse war es dann, die mir geholfen hat, die GOÄ aufzudröseln.
Wich eine Leichenschaurechnung davon ab, habe ich dem Arzt gerne auf die Sprünge geholfen.
Dazu hatte ich eine Art Faltblatt entwickelt, das alle wichtigen Punkte enthielt.
Mir schien es, daß weniger ein gesteigertes Gewinnstreben, denn mehr Unkenntnis die Ursache für falsche Honorarabrechnungen war.
Heute gibt es oben in der Menüleiste des Bestatterweblogs unter „Service“ eine sehr aktuelle „Bedienungsanleitung für Leichenschaugebühren“.
@josef:
Und danke für die Genesungswünsche. Ist schon alles wieder besser.