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Antonia

Würde Antonia nicht bei uns ein Praktikum machen, sondern wäre sie stattdessen in ein Kloster eingetreten, dann hätte ihr die Schwester Oberin den Ordensnamen „Schwester Nichtsnutzia“ gegeben.

Sie ist nur vier Wochen bei uns und für einen so kurzen Zeitraum sind verständlicherweise auch die Einstellungskriterien nicht so hoch. Ihr Vater ist ein entfernter Bekannter und ich wollte ihm einen Gefallen tun. Originalton: „Ich kann nur hoffen, daß die bald heiratet und Kinder kriegt.“

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Im Grunde genommen macht Antonia nichts anderes, als dumm aus der Wäsche zu gucken und ihre Brüste auf dem Schreibtisch zu parken. Wirklich wahr: Wenn ich ins Büro komme und Antonia da sitzen sehe, hat sie sich so nah an den Schreibtisch gesetzt, daß ihre nicht gerade klein geratene Oberweite auf dem Tisch liegt und sie ihre liebe Mühe und Not hat, um mit ihren kurzen Armen noch die PC-Tastatur zu erreichen.

So ungefähr fünf Mal am Tag muß Antonia was Ordentliches essen, sie habe so eine gut Verbrennung, was ja auch der Grund dafür sei, daß sie mindestens genau so oft für eine längere Sitzung auf dem stillen Örtchen verschwindet. Danach sortiert sie ihre knapp 90 Kilo wieder hinter den Schreibtisch und sinnt darüber nach, ob sich der weite Weg zum Bäcker lohnt.
Der Bäcker gewinnt immer!

Gerade gestern sehe ich, daß Antonia in dem kleinen Raum neben dem Büro die Akten durchsucht und frage, was sie denn da suche.
Sie antwortet: „Ach da hat eine Frau angerufen, die meldet sich nachher nochmal, da muß ich einen Sterbefall raussuchen, die braucht eine Rechnungskopie.“

„Wie heißt denn der Verstorbene?“ frage ich und Antonia antwortet: „Der hat so’n Doppelnamen, Karl Mittzeh-Zimmermann.“

Logischerweise hat sich Antonia den Ordner mit dem Buchstaben M vorgenommen, blättert ganz frustriert und schüttelt resignierend den Kopf: „Ich kann den aber nicht finden.“

„Wie war der Name nochmal?“

„Karl Mittzeh-Zimmermann.“

Die wird zu blöd sein, denke ich, nehme ihr den Ordner ab und schaue selbst. Mitter, Mittermann, Mittzureit, stimmt, es gibt keinen Mittzeh-Zimmermann.

Frau Büser kommt hinzu und sagt: „Sag mal, Antonia, wo bleibst Du denn? Die Kundin ist am Telefon.“

„Ich find‘ den nicht“, sagt Antonia und ich bestätige: „Stimmt, Frau Büser, einen Karl Mittzeh-Zimmermann haben wir nicht.“

Frau Büser guckt mich an, als stünde ich in Unterhosen da und sagt ganz langsam, zum Mitschreiben: „Der Mann heißt Carl, mit ‚C‘ und sein Nachname ist Zimmermann!“ Dann nimmt sie den passenden Ordner aus der Reihe ‚Z‘, zieht die betreffende Akte und lässt uns kopfschüttelnd stehen.

Antonia lässt das unbeeindruckt, sie räumt die restlichen Ordner weg. Dan dreht sie sich zu mir um und sagt: „Zu dumm aber auch, daß der Herr Mittzeh falsch abgeheftet war. Kann ich jetzt mal eben zum Bäcker, ich hab schon wieder Verbrennung.“

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#Antonia

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(©si)