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Beileidsbekundungen im engsten Familienkreis II

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Das Thema interessiert, hab ich so das Gefühl.
Es geht also darum, daß man in doch recht vielen Traueranzeigen den Satz findet:

Von Beileidsbekundungen bitten wir Abstand zu nehmen.

Wenn Angehörige diesen Satz verwenden möchten, so hat das immer auch einen Grund. Wir empfehlen dann immer, wenigstens eine Traueradresse anzugeben, damit Trauernde ihre Anteilnahme wenigstens dorthin bekunden können. Für unabdingbar halte ich in einem solchen Fall auch das Auslegen eines Kondolenzbuches.
Man muß die Sache ja von beiden Seiten sehen. Auf der einen Seite haben wir die Familie, die so voller Schmerz ist, daß sie es nicht ertragen könnte, noch vielen Dutzend Menschen am Grab Rede und Antwort stehen zu müssen. Auf der anderen Seite sind da die Trauergäste, die oft auch ein inniges Verhältnis zum Verstorbenen hatten, die nunmehr auf die Rolle eines Zaungastes oder passiven Teilnehmers reduziert sind.

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Auch deren Anliegen, die Trauerrituale ausleben zu können, muß man respektieren und sollte dann, wenn man schon keine persönliche Kondolenz wünscht, wenigstens auf andere Weise ein Ventil schaffen.

Nun gibt es auf beinahe jeder Beerdigung irgendeinen, der meint er sei besonderer als alle Besonderen dieser Welt und nur für ihn ganz alleine gelte natürlich die Bitte, nicht zu kondolieren, nicht. Solche Leute gehen dann auch nicht nur zur Witwe, um ihr kurz die Hand zu drücken, nein, sie müssen dann fragen, ob es schnell gegangen ist und noch solche Gemeinplätze absondern wie: Es ist für alle eine Erlösung.

Ein Kondolenzbuch ist hier eine gute Möglichkeit, daß jeder, über die bloße Teilnahme und Karten- oder Blumengaben hinaus, noch seine Anteilnahme bekunden kann.

Dazu passt dann diese Frage:

Was macht ihr, wenn keine Beileidsbekundungen gewünscht sind, dies aber von der Trauergemeinde „ignoriert“ wird, sich also die Schlange vor den Angehörigen bildet? Helft ihr da, indem ihr die Leute wegschickt?

Wenn die Angehörigen unserer Empfehlung folgen und es ein Kondolenzbuch gibt, dann ist sowieso jemand von unserem Haus bei der Trauerfeier dabei. (1)
Wir sprechen schon im Vorfeld mit den Angehörigen und geben Verhaltenshinweise. Dazu gehört zum Beispiel, daß sie nicht am Grab stehenbleiben, bis alle ihre Blumen oder ihr Schäufelchen voll Sand hineingeworfen haben, sondern sich etwas abseits hinstellen. Im Zweifelsfall ist einer unserer Mitarbeiter zur Stelle, der den Trauergästen direkt am Grab zur Verfügung steht, ihnen beispielsweise Blumen oder das Schäufelchen anreicht und nach diesem Akt sich so plaziert, daß die Trauergäste von den Angehörigen weggeleitet werden. Im Zweifelsfall verstellt er auch, mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl, den Weg.

In der Regel gibt es auch nach der Beerdigung, also tage oder Wochen später, wenn der erste Schmerz etwas gemildert ist, noch genügend Gelegenheit, auch nochmal persönlich seine Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen, nur am Beerdigungstag wird das den Angehörigen oft zuviel.

Es ist übrigens kein Fehler und kein schlechter Gedanke, wenn man den Pfarrer oder Bestatter bittet, vor oder nach der Trauerfeier und vor dem Gang zum Grab auf diesen ausdrücklichen Wunsch der Angehörigen hinzuweisen.

Was ist nun mit der Teilnahme an einer Beisetzung, die im engsten Familienkreis stattfindet?

Nun, diese Floskel „die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt“ deutet schlichtweg nichts anderes als: Wir wollen alleine sein und selbst bestimmen, wer da alles kommt.
Grundsätzlich sollte man das respektieren und nicht hingehen, auch wenn man den Termin irgendwie in Erfahrung gebracht hat.
Selbstverständlich kann es vorkommen, daß die Angehörigen jemanden, der es vielleicht wirklich verdient hätte, nicht zum engsten Kreis zu zählen. In diesem wirklich außergewöhnlichen Fall sollte man eventuell höflich nachfragen, sich aber nicht gleich beleidigt äußern.

——-
(1) Wir sind übrigens bei fast allen unserer Trauerfeiern anwesend. Nur wenn es sich um eine absolute 08/15-Beerdigung handelt, verzichten wir schonmal darauf. Dieses 08/15 ist hier keinesfalls abwertend gemeint. Aber es gibt so Beerdigungen von alten Menschen, an denen nur die ständig gleichen, in Beerdigungssachen eingeübten alten Leute teilnehmen, die keine besondere Betreuung wünschen und benötigen.


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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 13. Februar 2009 | Revision: 28. Mai 2012

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Ronald
15 Jahre zuvor

70! Flaggen rechts. Dein Blog wird also in mind. 70 Ländern mitverfolgt.

15 Jahre zuvor

Bei der Beerdigung von meinem Vater vor fast 5 Jahren, sind wir nach der Beisetzung gleich verschwunden, weil es eine Menge Menschen da waren (mein Dad war sehr bekannt im Dorf) es lag ein Buch aus und die Karten wurden beim Bestatter abgegeben bzw. dort gesammelt und uns dann später übergeben.
Es hat keiner versucht uns sein Beileid auszusprechen, lag wahrscheinlich auch daran, dass wir so schnell wieder weg waren. Obwohl, da fällt mir ein, dass meine Oma, die sich Jahre lang nicht gemeldet hat, sich so in den Fordergrund gespielt hat, dass man fast das Kotzen bekommen hat, wenn man die Verhältnisse dahinter kennt. Also doch einer, der sich in den Vordergrund gespielt hat, sonst haben sich meiner Erinnerung daran, aber alle gehalten.
Ich finde das immer schrecklich, jemanden, der jemanden betrauert, mein Beileid auszusprechen, daher würde ich es immer vorziehen eine Karte abzugeben.

Sag ich diesmal nicht
15 Jahre zuvor

Bei der Beerdigung meiner Mutter konnten sich die (recht zahlreichen) Gäste auch nicht zurückhalten. Wir (mein Vater, mein Bruder und ich) standen allerdings etwas bedröppelt da. Für uns war die Beerdigung ansich nicht negativ, bei uns traf oben genannter Allgemeinplatz nämlich zu, nachdem wir sie die letzten Monate vor ihrem (Krebs-)Tod zuhause gepflegt hatten. Und dann kommt da Hinz und Kunz angerannt und kondoliert oder verspricht Beistand in der schweren Zeit. Diese schwere Zeit war aber eigentlich schon vorbei. Dafür, dass wir zwei Jugendlichen (ist schon ein paar Jährchen her) auf der Beerdigung Haltung bewahrt haben, hat man uns dann auch noch außergewöhnliche Stärke attestiert. Manche Leute hätten einfach von Beginn an still sein sollen.

Blaue Katze
15 Jahre zuvor

Hallo Tom,
was schreibt man denn in das Kondolenzbuch? Nur einen kurzen Satz wie: Mein Beileid, oder auch länger, so mehr in Briefform?
Ich hatte letztes jahr den Fall, dass ein Nachbar mit 49 Jahren starb und es dort dann auch ein Kondolenzbuch gab.
Da wusste ich nicht was eintragen und hatte auch Hemmungen dort überhaupt was zu schreiben. Habe dann einen persönlichen Brief geschrieben, aber es wäre nicht schlecht zu wissen, was da so üblich ist, da ich Kondolenzbücher überhaupt nicht kenne

Rena
15 Jahre zuvor

Eine Reaktion vom Witwer einer Bekannten nach der Beerdigung (bei der auch Beileidsbekundigungen am Grab nicht erwünscht waren): Er hat sich gefreut, dass so viele Leute an der Beerdigung teilgenommen haben.
Ich persönlich denke, dass man auch durch das „nur“ anwesend sein schon viel an Anteilnahme ausdrücken kann. Die persönliche Äusserung kann man ja dann via Kondolenzbuch (hab ich persönlich bisher auf keiner Beerdigung gesehen) oder via Karte ausdrücken.

Eine weiter Möglichkeit der „Bestattung im engsten Familienkreis“: die Todesanzeige erst NACH der Beerdigung in die Zeitung setzen.
Sollte jemand doch den Termin „raus bekommen“ ist es in meinen Augen ein Zeichen des Respektes, dass man den Wunsch akzeptiert

Scratch
15 Jahre zuvor

Oh, ja, diese ach so mitfühlenden Menschen kenn ich auch. Ich war 13, als meine Mutter gestorben ist. Horror pur. Und dann kommt da irgendeine wildfremde Kusine meiner Oma und krallt sich an meine Seite und hält mich stundenlang fest, als ob mir das irgendwie hilft.
Manchmal verstehen Leute einfach nicht, dass sie einfach die falschen sind und grad nicht gefragt.

Christian Thal
15 Jahre zuvor

vor 7 Jahren ist mein „kleiner“ Bruder Verstorben, wenn ich vorher geahnt hätte was nach der Kirche auf uns zukommt, wäre ich auch am liebsten zur Hintertür raus, und ab nach Hause, das einzig „schöne“ war das wirklich alle Freunde und Kollegen Teil genommen haben, ich glaube der Pastor Hatte noch nie so eine volle Kirche.

annika
15 Jahre zuvor

Und mir ist unverständlich wie man diesen Satz überhaupt wollen kann . Mein Großvater war in so vielen Vereinen (teilweise auch Ehrenmitglied )und aus allen Vereinen waren auch Leute gekommen. War eine ziemlich große Veranstaltung und ich fand es sehr schön zu sehen , dass er so vielen Leuten etwas bedeutet hat . Es wurde noch am Grab angefangen über ihn zu reden und es hat sich dann in einer Gaststätte fortgesetzt und ich habe einige Geschichten gehört , die ich sonst nie gehört hätte . So weit man das bei Beerdigungen sagen kann , war es richtig schön. Und für mich wäre es der blanke Horror mit 20 Familienngehörigen da alleine da zu sein




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