Geschichten

Bunte Staubsauger

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Manchmal sind die Leute angesichts des Todes einfach nur still, in sich gekehrt und traurig. Andere geraten in einen heftigen Aktionismus und wollen alles sofort und jetzt, am besten gestern erledigt wissen und fangen dann an, den Küchenschrank auszuräumen und alle Tassen von Oma Mimi gründlich zu spülen.
Wieder andere kommen auf die aberwitzigsten Ideen und rufen dann beim Bestatter an, um die ganz besonders wichtigen Dinge zu klären:

„Ich bin’s nochmal, ich hatte doch angerufen wegen unserem Vatter. Sie erinnern sich? Der war doch heute Nacht gestorben. Wenn’se nachher kommen, um den abzuholen, muß datt mittem Leichenwagen sein? Der Pastor ist schon ganz in Schwarz gekommen, obwohl ich gefragt hatte, ob der nich ma watt Buntes anziehen kann. Muß doch nich jeder wissen, datt da einer gestorben is, odda?“

„Wir können mit einem ganz normalen Kombi-Bestattungswagen kommen oder mit einem ganz neutralen Bestattungs-Lieferwagen.“

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„Lieferwagen? Nee, Sie sollen mir ja keinen Toten liefern, Sie sollen einen abholen. Ham’se nich sowat auch?“

„Klar, bei Ihnen abholen und bei uns einliefern, so herum.“

„Ach nee, stimmt ja. Aber jetzt nich in Schwarz oder dunkel. Am Besten watt Neutrales so vom Staubsauger-Dienst.“

„Nur in Dunkelgrün.“

„Ja jetzt mehr so’n Flaschengrün oder so’n verkacktes Polizeigrün? Wissen’se, gegen die Kanzlerknechte hab ich nämlich watt.“

„Sehr dunkles Grün, ganz dunkel.“

„Hm, ’n bißken farbenfroher dürfte es schon sein. Wissen’se, is‘ wegen der Nachbarn, soll nich‘ jeder gleich mitbekommen, datt hier einer gestorben is‘. Also, geht’et ein bißken farbenfroher?“

„Wir können ja ein bißchen die Blinker anmachen, die wären dann in Orange.“

„Datt is‘ ’ne gute Idee, so machen wir datt!“

Als Bestatter muss man dieses Spiel mitmachen. Bestatter erleben jeden Tag Sterbefälle, die Menschen, die sich ihnen anvertrauen sind manchmal ziemlich überfordert.

2010 ©

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