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Cooper III

‚Coopers‘ Anzeige ist heute erschienen, Montag ist da ein guter Tag, da stehen sowieso wenig Todesanzeigen in der Zeitung.
Warum ist das so? Das haben mich schon ein paar Mal Leser gefragt.
Nun, Todesanzeigen kann man von heute auf morgen aufgeben. Wenn Leute sterben, ist deren Beerdigung zumeist innerhalb der nächsten 5-6 Tage und man erfährt den Termin zumeist noch im Beratungsgespräch beim Bestatter. Wer also montags einen Sterbefall anmeldet, kann dienstags die Anzeige schon in der Zeitung haben usw.

Wenn aber ein Sterbefall samstags oder sonntags eintritt, bekommt man beim Friedhofsamt keinen Termin mehr und kann deshalb für montags auch keine Anzeige schalten.
Das ist natürlich nur für Anzeigen von Belang, in denen ein Datum vorkommen soll. Bei Danksagungen oder reinen Gedenkanzeigen sieht das anders aus, hier kommt es ja auf den Termin nicht an.

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Schon in der vergangenen Woche war die Zeitung zwei Tage lang voll mit Anzeigen für ‚Bille‘. Die Eltern nahmen tiefbetroffen Abschied, die Freunde hatten eine eigene Anzeige geschaltet und auch von den ehemaligen Klassenkameraden, den Kollegen und einem Verein hat es jeweils eine Anzeige gegeben.
Auf Wunsch der Eltern sollte die Trauerfeier nur im engsten Kreis stattfinden, aber wie das eben so ist, es zählten sich offenbar mehr Leute zum engsten Kreis, als die Eltern das vermutet hatten.

Wenn Cooper eingeäschert ist, wird seine Aschenkapsel einige Wochen oder Monate aufbewahrt und wenn es wieder einmal soweit ist, daß die Friedhofsmitarbeiter das anonyme Urnenfeld bestücken, wird auch seine Asche dabei sein.
Wenn Coopers Mutter oder seine Freunde es wollen, können sie an einem Gedenkstein für alle anonym Bestatteten ein paar wenige Blümchen ablegen oder mal ein Friedhofslicht anzünden. Eine konkrete Stelle, die an ihn erinnert, wird es nicht geben.

Wahrscheinlich wird seine Mutter es wahr machen und von hier weg ziehen. Sie wohnt in den „Blöcken“, einer Trabantensiedlung aus gleichförmigen fünfgeschossigen Häusern einer Wohnungsbaugenossenschaft, da kann sie den Fragen und Blicken der Nachbarschaft nicht ausweichen. Sie fühlt sich gebrandmarkt und meint, man könne das auf Dauer nicht aushalten.

Ich kann nicht nachvollziehen, wie es wohl ist, wenn man selbst oder ein Mitglied der Familie eine schlimme Tat begangen hat.
Aber mir kommt da Günther in Erinnerung. Günther, von allen nur Günni genannt, hat vor etwa 20 Jahren unter Alkohol und in Rage eine Gastwirtin erschlagen, mit der er eine Liebesbeziehung unterhalten hatte.
Knapp 10 Jahre war Günni weg, dann hatte er seine Strafe abgesessen und ist in seinen Stadtteil zurückgekehrt, als sei nie etwas gewesen. Nun kennen wir den Mann nicht näher, wohl wußte ich aber um ihn und seine Tat, das war damals alles haarklein in der Zeitung gestanden.
Ich habe mich nach seiner Rückkehr oft gefragt, ob es nicht einfacher für ihn gewesen wäre, wenn er einfach fortgezogen wäre. Aber nach zehn Jahren hat sich das Publikum im Stadtteil gewandelt, viele Leute sind weggezogen, neue sind hinzugekommen und im Grunde hat er ja seine Strafe abgesessen. Wer will es ihm verwehren, in den Bereich zurückzukehren, in dem er sich wohlfühlt. Soweit ich weiß, führt er seitdem ein unauffälliges und durchaus gutbürgerliches Leben, ist verheiratet und man hört nichts mehr von der damaligen Geschichte.
Seltsam, ich weiß nicht, wie ich das machen würde und hoffe, nie in eine solche Situation zu kommen.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 8. September 2008 | Revision: 28. Mai 2012

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8 Kommentare
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SmackThePony
16 Jahre zuvor

„… und seine Tat, das war damals alles haarklein in der Zeitung gestanden …“

könnte auf dein Ursprungsbundesland hinweise geben. 🙂

Ich würde anstatt „war“ „hatte“ schreiben.

Roland
16 Jahre zuvor

Jaja, man muss den kleinsten Nachweisen auf Toms wahre Identität nachgehen…
Die gesamte hartnäckige „Findet-Tom-Gemeinde“ könnte problemlos bei der GEZ ne Stelle bekommen, hab ich den Eindruck 😉

bloeder_hund
16 Jahre zuvor

wahrscheinlich war es auch keine gastwirtin,
sondern eine Pferdewirtin,
wobei vielleicht guenni weiblich ist,
und der Pferdewirt männlich 8)

isidor
16 Jahre zuvor

Zitat: „Seltsam, ich weiß nicht, wie ich das machen würde und hoffe, nie in eine solche Situation zu kommen.“

Keine Angst, Antonia arbeitet ja nicht mehr bei Dir! ;-))

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Nach 20 Jahren mag Gras über die Sache gewachsen sein, doch das steht nur so lange, bis ein Kamel kommt, und es wegfrisst.

Keiner
16 Jahre zuvor

> können sie an einem Gedenkstein für alle anonym Bestatteten ein paar wenige
> Blümchen ablegen oder mal ein Friedhofslicht anzünden

In Ohlsdorf hat man Ende November eher den Eindruck, dass auf den (recht üppig proportionierten) Ablagestellen am Fuße des anonymen Urnenhains sich gedrängt wieder das anfindet, was drei Tage zuvor aus den chinesischen Containern im Freihafen sorgfältig auseinander gepult an die umliegenden Gärtnereien verteilt wurde.
Zum 10-fachen des Einkaufspreises. Mindestens.

Lena
16 Jahre zuvor

‚Coopers‘ ! Vorsicht! Deppenapostroph

Nightstallion
16 Jahre zuvor

Selber Depp — das sind einfache englische Anführungszeichen, da ‚Cooper‘ ein Spitzname ist. ;p




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