Branche/Kommune

Dann schmeisse ich die Brocken eben hin!

pixabayproblem-257156_640

Über die Hotline erreicht mich ein zugleich aufgebrachter, wie sachlicher Mann.
Er wohnt im Süden, seine Mutter im Norden Deutschlands.
Nun ist diese Mutter hochbetagt verstorben.

Was tut man, wenn man hunderte von Kilometern vom Sterbeort weg wohnt und gerne möchte, daß nur die Urne mit der Asche nach Süddeutschland auf einen Friedhof kommt?

Werbung

Man beauftragt einen norddeutschen Bestatter mit der Abwicklung vor Ort.

Im Internet wird der Mann auch fündig, stößt auf die Seiten eines Unternehmens, das dort sehr professionell auftritt, einen bundesweiten Service anbietet und überhaupt das Wort Service ganz groß schreibt und deutlich betont.
Telefonisch wird man sich auch schnell über die Modalitäten, die zu verwendenden Waren und den Preis einig. Billig ist das Ganze nicht, aber der Mann möchte, daß alles ordnungsgemäß und reibungslos abläuft und er muß wohl auch nicht sparen.

Nun ist es aber so, daß man zur Beurkundung eines Sterbefalls Familiendokumente für das Standesamt benötigt, sonst bekommt man keine Sterbeurkunden; und die braucht man ja für das Erbe, die Behörden und die Banken.

Also nimmt der Mann diese Unterlagen, die sich in seiner Verwahrung befinden, damit die alte Mutter sie nicht verlegt und die Papiere dann eventuell nicht mehr auffindbar sind, steckt sie in einen Umschlag und sendet sie aus Gründen der Zustellsicherheit per Einschreiben mit Rückschein.

Doch es tut sich nichts. Die Bearbeitung des Sterbefalles in Norddeutschland kommt ins Stocken und ein Anruf beim Standesamt zeigt, daß das Beerdigungsinstitut noch nicht dort vorstellig geworden ist.
Das Institut gibt an, man habe die wichtigen Unterlagen nicht erhalten; Unterlagen, die übrigens nicht so leicht wieder beschafft werden können.
Es folgt ein Anruf beim zuständigen Postamt der kleinen Stadt und dort sagt man dem Mann, daß der Zusteller selbstverständlich schon einen Tag nach Aufgabe der Sendung mit dem Umschlag an der Adresse des Instituts gewesen sei, dort aber niemanden habe antreffen können. Deshalb habe er eine Benachrichtigungskarte eingeworfen, mit der die Leute vom Beerdigungsinstitut das Einschreiben auf dem Postamt abholen können.

Nun ruft unser Mann wieder beim Institut an, hat diesmal nicht die Angestellte, sondern den Chef am Apparat und der sagt:

„Wir bekommen alle wichtigen Unterlagen immer per Einwurfeinschreiben. Die werden einfach in unseren Briefkasten gesteckt, wir können ja nicht den ganzen Tag hier herumsitzen und auf Rückschein-Einschreiben warten.“

Der Mann: „Dann sind Sie bitte doch so freundlich und nehmen diese Karte und holen die Unterlagen bei der Post ab.“

„Nee, dazu haben wir keine Lust, das Postamt ist am anderen Ende der Stadt (angeblich etwa 3-6 km, Anm. Bestatterweblog) und da bekommt man schlecht einen Parkplatz, man muß durch die ganze Stadt, das ist schon eine ziemliche Zumutung.“

„Ja aber, Sie brauchen die Unterlagen doch, wegen des Standesamtes!“

„Wenn es denn unbedingt sein muß, dann berechnen wir Ihnen 69 Euro extra für den Weg, anders geht’s nicht.“

„69 Euro? Nur dafür, daß Sie einen Briefumschlag von der Post abholen?“

„“Wir haben den Aufwand und für den müssen Sie bezahlen.“

Wie das Gespräch weiter verlaufen ist, weiß ich nicht, jedenfalls ging es dann so zu Ende, daß der Mann die Zahlung der 69 Euro nicht einsah und der Bestatter davon sprach, der Mann habe eine Bringschuld und die müsse er erfüllen, Basta!

„So, und wenn Sie mir die Unterlagen nicht bringen und auch nicht die 69 Euro zahlen wollen, wissen Sie was? Dann suchen Sie sich einen anderen Bestatter, ich gebe den Auftrag hiermit ab. Ich mache keinen Handschlag mehr.“

Zack! Hörer aufgelegt.

Die Leute vom Institut sind dann auch nicht mehr ans Telefon gegangen, eine weitere Kontaktaufnahme war dem Mann nicht möglich.

Nun wollte der Anrufer von mir wissen, was man in einem solchen Fall tun kann.

Er ist vom Institut völlig im Unklaren darüber gelassen worden, ob seine Mutter noch unbehandelt in der Kühlung liegt, bereits eingesargt auf einem Friedhof oder im Krematorium liegt oder gar schon eingeäschert worden ist.

Die erste Lösung war, abzuwarten, bis die Aufbewahrungsfrist bei der Post abgelaufen ist und der Umschlag wieder zu ihm zurück kommt. Dann erneut schicken und zwar entweder direkt an das Standesamt oder eben auf dem weniger sicheren Weg als Einwurfeinschreiben.

Die zweite Lösung war, nun ein anderes Institut zu beauftragen, daß sich in das Verfahren einschaltet, den Auftrag nun übernimmt, die Unterlagen auch auf der Post abholt und dann alles ordnungsgemäß zu Ende bringt.
Ob aber der erste Bestatter den Leichnam oder die Urne einfach so herausrücken würde, ohne daß vorher seine bis dahin angefallene Rechnung bezahlt worden ist, steht auf einem anderen Blatt.
Und ob er das darf, ist wieder eine andere Sache. Aber man darf vieles nicht und es wird trotzdem gemacht.

Als dritte Lösung habe ich dem Mann empfohlen, mit zusammengebissenen Zähnen und unterdrücktem Ärger und auch unterdrückter Rufnummer nochmals dort anzurufen und die Zahlung der 69 Euro zuzusichern, in der Hoffnung, daß der wenig dienstbereite Bestatter den Auftrag wieder aufnimmt.

Warum dieser Ratschlag? Die erste Variante hätte zu lange gedauert und eine in Süddeutschland angesetzte Trauerfeier mit der Urne und anschließender Beisetzung wäre sonst ins Wanken geraten.
Die zweite Lösung beinhaltet das Risiko, daß sich die Bestatter wenig zielführend um den Leichnam bzw. die Urne streiten und auch wieder unnötig Zeit vergeht. Überdies entstehen durch die Einschaltung des zweiten Bestatters weitere, nicht unerhebliche Kosten.

Die unschöne dritte Variante, den untersten Weg zu gehen, würde am schnellsten zum Ziel führen und birgt die Möglichkeit, daß man die unverschämterweise verlangten 69 Euro hinterher von der Rechnung abziehen kann.

Aber darf ein Bestatter so handeln?
Meine Meinung kennt jeder hier: Jede Mühe verdient ihren Lohn!
Wenn ein Bestatter zusätzliche Arbeiten verrichten muß, dann kann er diese auch in Rechnung stellen.
Deshalb berät ein Bestatter auch von vornherein dahingehend, daß er deutlich sagt, daß bei unerwarteten Schwierigkeiten noch gewisse Beträge hinzu kommen können. Sind diese höher, spricht man das jeweils mit den Angehörigen ab.

Aber es ist meiner Meinung nach ein Standard, daß ein Bestatterbüro so besetzt ist, daß zu den ortsüblichen Zeiten die nicht unerhebliche Zahl von Postsendungen angenommen werden kann.
Ist das nicht der Fall, dann hat der Bestatter selbstverständlich dafür Sorge zu tragen, daß die Post regelmäßig vom Postamt abgeholt wird.
Ich kenne kleinere Unternehmen, bei denen oft niemand im Büro ist, weil alle Mitarbeiter auch für Überführungen, Beratungen und Erledigungen außer Haus unterwegs sein können. Dann hat man aber ein Postfach, von dem man täglich seine Post abholt.

Ganz unabhängig von der Frage, ob hier eine Bringschuld vorliegt und wer für die ordentliche Einlieferung solcher Postsendungen verantwortlich ist, ist es ein absolutes Service-Muß, daß ein Bestatter diese Wege unverzüglich und kostenlos absolviert.

Alles andere ist Beutelschneiderei. Auch halte ich, selbst wenn man mit der Zahlung einer Mehraufwandsgebühr einverstanden ist, den Betrag von 69 Euro für zu hoch.

Leider hat der Mann nicht mehr angerufen und mich auch nicht auf den neuesten Stand gebracht, sodaß ich nicht weiß, wie die Sache ausgegangen ist.

Bild: © A.Dreher/pixe lio.de

Bildquellen:

    Hashtags:

    Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

    Keine Schlagwörter vorhanden

    Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden


    Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

    Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




    Lesen Sie doch auch:


    (©si)