Darf ein Bestatter in ein Krematorium seiner Wahl fahren, um dort die Verstorbenen einäschern zu lassen?
Bestatter A macht es meiner Meinung nach richtig: Er fährt die Verstorbenen in das nächstgelegene Krematorium.
Das sind von meinem Wohnort aus ca. 30 km. Das ist für ihn schnell und für die Angehörigen billiger.
Bestatter B macht es „schlau“ (zumindest im Sinne eines Geschäftsmanns).
Er fährt seine Verstorbenen in ein weiter entferntes Krematorium (ca. 50-60 km) und weigert sich,
das nächstgelegene anzufahren. Ist auch logisch. Mehr Kilometer, mehr Arbeitszeit, mehr Geld.
Rechtlich mag es ja legal sein, aber moralisch ist das schon ein wenig verwerflich?
Um die Frage in Hinblick auf die Kosten beantworten zu können, müsste man mal einen Blick auf die Rechnung von Bestatter B werfen.
Es dreht sich nämlich darum, ob der Bestatter die Krematoriumskosten als durchlaufenden Posten oder als eigene Leistung berechnet.
Er kann nämlich beides tun.
Es ist durchaus nicht unüblich, daß der Bestatter ein nahegelegenes städtisches Krematorium anfährt und dieses dann eine Rechnung stellt, die der Bestatter 1:1 an die Angehörigen weiterleitet bzw. weiterberechnet.
Genauso wenig unüblich ist es, daß der Bestatter zu einem weiter entfernt gelegenen Krematorium fährt, das ihm gewisse Vorteile bietet.
Diese Vorteile können in einer beschleunigten Abwicklung, besserer persönlicher Behandlung, besserem Service und auf finanziellen Gebiet liegen.
So schätzen Bestatter es, wenn sie beispielsweise in dringenden Fällen nach einer Wartezeit die Urne gleich mitnehmen können. Ein Service, den oft nur private Krematorien bieten.
Auch die Tasse Kaffee und eine freundliche Ansprache durch die Mitarbeiter sind natürlich wichtige Aspekte.
Aber meist ist es so, daß der Preis in diesem Krematorium günstiger ist, als bei einem näher gelegenen. Sonst würde sich der Mehraufwand nicht lohnen.
Doch was sollte/darf der Bestatter nun abrechnen?
Nun, zunächst ist es jedem Kaufmann selbst überlassen, wo und zu welchen Konditionen er Waren und Dienstleistungen einkauft.
Wenn die Kunden nicht explizit ein bestimmtes Krematorium wünschen, kann er hinfahren, wo er möchte.
Aber den Preis für diese Dienstleistung muß er dem Kunden im Vorfeld transparent machen.
Theoretisch kann der Bestatter, der ja das Gesamtpaket Einäscherung zukauft, hierfür seinem Kunden jeden angemessenen Preis in Rechnung stellen.
Es kann durchaus auch sein, daß dieser Preis höher ist, als er bei einem nahegelegenen städtischen/anderen Krematorium wäre. Das kann damit begründet werden, daß durch diesen höheren Preis auch Vorteile für den Kunden bedingt sind. Das kann beispielsweise eine zügigere Abwicklung sein, um einen straff angesetzten Beisetzungstermin halten zu können.
Oder aber: Das weiter entfernte Krematorium macht weniger Probleme, wenn der Verstorbene eigene Kleidung trägt.
Der Bestatter kann auch sagen: „Wir fahren immer nach X-Stadt, das machen wir ausschließlich so. Auf die Scherereien hier am örtlichen Krematorium haben wir keine Lust.“
Wenn der Kunde das nicht möchte, muß er gegebenenfalls einen anderen Bestatter mit der Abwicklung des Sterbefalls beauftragen.
Etwas anders sieht es aus, wenn der Kunde mit der festen Erwartungshaltung zum Bestatter kommt, daß der Verstorbene vor Ort zu einem bestimmten Preis eingeäschert wird.
Hier darf der Bestatter den Kunden nicht im Unklaren darüber lassen, daß er ein anderes Procedere anstrebt.
Es geht also nicht, daß der Kunde glaubt und auch sagt, daß er die Kremierung vor Ort für 399,- € möchte, und der Bestatter fährt dann 2 Stunden durch die Gegend und läßt anderswo für 500,- € einäschern.
Wie immer -und ich wiederhole das gerne gebetsmühlenartig- ist es wichtig, daß Bestatter ihren Kunden alles ganz genau erklären und jeden Schritt auch mehrfach ankündigen.
Aber, um gleich dem Tenor der Anfrage den Wind aus den Segeln zu nehmen: Ich bin davon überzeugt, daß Bestatter A und B aus dem obigen Beispiel entweder das Gleiche für die Kremierung berechnen, oder daß Bestatter B sogar etwas günstiger ist.
Auf keinen Fall wäre es klug, ein preisgünstiges örtliches Krematorium auszuschlagen und stattdessen Mehrkosten für Fahrten und Personal für die Fahrt zu einem anderen Krematorium in Rechnung zu stellen.
Vermutlich läuft es so ab, daß das Krematorium für Bestatter B einen guten Preis macht, sodaß sich Fahrt und Aufwand lohnen. Er stellt die üblichen Kosten, die auch vor Ort angefallen wären, in Rechnung und verdient an der Differenz.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: Bestatter, Krematorium, Ort
Ihr Wort Herr Wilhelm, in Gottes Gehörgang. Es ist in ganz vielen Fällen so, dass der Kunde gar nicht weiß, wo ein Krematorium überhaupt ist. Selten werde ich danach gefragt, denn da glauben die meisten Menschen, dass die Preise bei allen Krematorien gleich seien. Die Unkenntnis, was bei Bestattung, Kremation und Friedhof alles so anders ist als die Menschen denken, ist für mich wirklich nicht mehr verblüffend, sondern zur Normalität geworden. Es liegt wohl daran, dass die Menschen im Regelfall ja nicht so häufig mit dem Tod konfrontiert werden. Zumindest bei Personen, für die sie selbst die Totenfürsorge haben. Das sind im Regelfall ca. 5 Sterbefälle im Laufe des gesamten Lebens und da wird dieses Procedere eben nie, wie es bei einem Bestatter ist, zur Normalität. Da spielt eben das Gefühl für den Verstorbenen eine große Rolle. Ausnahmen, wie die Kostenübernahme für einen verstorbenen Elternteil der nie Unterhalt gezahlt hat oder sich nie um sein Kind gekümmert hat, lasse ich mal außen vor. Ich finde es jedenfalls unverschämt, wenn ein Bestatter z. B. 485 €… Weiterlesen »
@Ingrid Hoerner: Ich habe diesen Teil mal aus Ihrem Kommentar rausgezogen: Das ist sein gutes Recht, wie auch diverse Bestatter nicht von mir vermittelt werden. Entweder, weil man mir keine Preise am Telefon geben möchte und auch auf E-Mails mit schriftlicher Preisanfrage nicht reagiert, nicht mal es für nötig erachtet eine kurze Absage zu schreiben, was ich als unhöflich betrachte, oder weil man „nichts mit mir zu tun haben möchte“. Da liegt der Grund in den verleumderischen Aussagen des Bundesverbandes Deutscher Bestatter. Auch die Aussagen, die Sie hier schon gemacht haben, dass ich Bestatter zu Preissenkungen zwinge, sind nicht korrekt. Bevor Sie solche Dinge zum Besten geben, sollten Sie vielleicht auch meine Seite hören um sich ein Bild über ein solches Gespräch machen zu können. Selbstverständlich ist es Ihr gutes Recht, nur mit den Bestattern zusammenzuarbeiten, die Ihnen in den Kram passen. Jeder Kaufmann kann seine Bezugsquellen aussuchen. Allerdings finde ich, daß Sie hier vollkommen falsch liegen: Entweder, weil man mir keine Preise am Telefon geben möchte und auch auf E-Mails mit schriftlicher Preisanfrage nicht… Weiterlesen »
Was mich schon immer interessiert hat – darf denn ein Kaufmann (in dem Fall ein Bestatter) eine Ware oder Dienstleistung X (in dem Fall die Kremation oder den Sarg) zu einem Preis Y einkaufen und dann zu jedem beliebigen Preis verkaufen???
Also angenommen Bestatter X kauft den Verbrennersarg gut und günstig zu 42€ netto und verkauft ihn für 899€ brutto?
Oder die Kremation schlägt im Einkaufspreis mit 219€ netto zu buchen und der Bestatter rechnet sie im Rahmen des Pakets „Erledigung der Kremation“ mit 999€ brutto ab?
Ist das zulässig oder kommt dann irgendwann §138 BGB („Wucher“) zum Tragen???
@Overtaker: Ja, dieser Gedanke könnte einem kommen (und kommt mir manchmal auch). Aber der Rechnungsbetrag muß um das Doppelte über dem Marktwert liegen. Würden also sehr viele Bestatter den 42,-€-Sarg für 89 € anbieten, wären 2 x 89,-€ = 178,-€ das Doppelte und ab 89+178 = 267 € würde der Wucher beginnen. Nach meinem Verständnis bedeutet „um das Doppelte über“ das 3-fache. Aber da alle Bestatter in etwa vergleichbar hohe Preise für die Särge ausloben, kommt hier regelmäßig der Vorwurf des Wuchers nicht in Frage. Es ist ja der Marktwert, also das was allgemein auf diesem Warenmarkt verlangt wird, als Vergleichsgröße heranzuziehen, nicht etwa der Einkaufspreis. Sonst wäre der Handel mit Textilien beispielsweise grundsätzlich Wucher. Denn was hier 180 Euro kostet, wurde anderswo von flinken Kinderhänden für 1,80 € zusammengedengelt… Somit ist auch die Betrachtung des Einkaufspreises für die Kremierung zunächst ohne Belang. Die kann meinetwegen auch nur 29 € kosten. Anrüchig wird die Angelegenheit erst, wenn der Bestatter das 3-fache der ansonsten anfallenden Kosten berechnen würde. Aber auch das allein würde noch nicht den… Weiterlesen »
@Peter Wilhelm: Hammer und vorallem unglaublich detaillierte Beantwortung meiner Frage.
Vielen vielen Dank dafür!
@Overtaker:
Und nicht zu vergessen, bei passende Mischkalkulation darf er die Ware sogar unter EK verkaufen (wie man an den „geschenkten Mobiltelefonen sieht). 🙂
Rechtlich mag es ja legal sein, aber moralisch ist das schon ein wenig verwerflich? Peter hat den Nagel wiedermal auf den Kopf getroffen. In meiner Gegend nahm das private Krematorium 20 Euro für das abholen des Verstorbenen. Ich möchte nicht wissen, was mancher Kollege, der diesen Service in Anspruch genommen hat, den Angehörigen in Rechnung gestellt hat. Man kann auch einen Body Bag 15 mal benutzen, bis er dann kaputt ist. Pro Verstorbenen werden 30 DM (Damals) in Rechnung gestellt. Anschließend wird er dann zum letzten mal bei einer besonders schlimmen Bergung für die Polizei entsorgt. Oder bei meiner ersten Firma Super&Geizig! Dort nähte man alte Bettlaken, die manchmal übrig waren zusammen, und kleidete damit den Sarg aus. Da waren Eichentruhen für 4000 DM dabei. Die oben zitierte Frage habe ich mir damals auch oft gestellt, wenn man schon viel Geld für einen Sarg nimmt, kann man auch vernünftige Ware liefern. Es gibt in diesem Gewerbe viele Möglichkeiten um Kunden zu übervorteilen. Ich hatte mal auf einem Friedhof zu tun, dort nahmen Verwandte Abschied am… Weiterlesen »