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Das ist durchakzeptiert

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Wie grundsätzlich bestattet werden muß, das regeln die Landesbestattungsgesetze der einzelnen Bundesländer. Wie das Ganze in Anbetracht der örtlichen Gegebenheiten und der regionalen Vorstellungen abzuwickeln ist, das regel die Friedhofssatzungen der einzelnen Kommunen.

In diesen Satzungen steht, welche Gräber für wen angeboten werden, wie, wann und wo bestattet wird und was man alles auf dem Friedhof darf oder auch nicht darf.

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In den meisten Friedhofssatzungen gibt es auch einen Passus, der die Arbeit der Gewerbetreibenden und Handwerker auf dem Friedhof regelt. Dies betrifft in erster Linie die Unternehmen, die dort Gräber bauen, Grabsteine aufstellen und gärtnerische Arbeiten erledigen. Gemeint sind normalerweise nur Firmen, die dauernd und intensiv dort arbeiten.

Von diesen Firmen verlangen viele Kommunen per Friedhofssatzung eine Jahresgebühr, die irgendwo zwischen 200 und 1.000 Euro liegen kann (in Einzelfällen auch viel weniger oder viel höher). Mit dieser Konzessionsgebühr erwirbt der Handwerker die Berechtigung, ein Jahr lang den Friedhof mit geeigneten Fahrzeugen zu befahren, Wasser zum Gießen zu entnehmen, lärmende Arbeiten (außerhalb der Bestattungszeiten) durchzuführen und eine gewisse Verschmutzung und Unordnung zu verursachen (die er auch wieder zu beseitigen hat).

Der Grundgedanke der Kommunen ist es, daß die Handwerker dort ja auch eine Menge Geld verdienen und viele Firmen sind ja mit Dutzenden von Mitarbeitern ausschließlich auf dem Friedhof tätig, der somit ihre Erwerbsgrundlage darstellt.

Zwar jammern die Steinmetze und Gärtner immer, wenn diese Konzessionsgebühr mal wieder erhöht wird, aber in Wirklichkeit ist der Betrag oft ein Klacks für sie, der zwar lästig, aber durchaus bezahlbar ist. Am ehesten haben noch die Gärtner Anlaß zur Klage, denn viele von ihnen müssen gar nicht so oft auf den Friedhof, als daß sich die Konzession lohnen würde.

Solange sich die Tätigkeit aber auch nur auf das Anliefern von Sarggestecken und Kränzen beschränkt, wird eine gewerbliche Tätigkeit auch gar nicht begründet. Diese Gärtner und Blumenhäuser befahren den Friedhof nicht, arbeiten nicht auf dem Friedhof und verursachen weder Lärm, noch Schmutz. Wiegesagt, bei Gärtnereien, die Hunderte von Gräbern pflegen und gießen, ist das was anderes.

Jetzt kann es passieren, daß ein Blumenhaus auch mal mehr an einem Grab arbeiten muß, etwa weil die Angehörigen auch die Erstanlage des Grabes dort bestellt haben. Auch bei einem Steinmetz von auswärts, der vielleicht besonders gute Arbeiten abliefert oder ausgesprochen günstig ist, wird es so sein, daß er keine Konzession für den betr. Friedhof hat. Was tun die?

Kluge Kommunen (jibbet sowat?) haben vorgesorgt, indem sie (im Vergleich zur Jahresgebühr zwar überteuerte, aber immerhin erhältliche) Tagestickets anbieten. Der Gärtner oder Steinmetz löst dann ein solches für einen Tag oder mehrere Tage und darf dann auch Arbeiten auf dem Friedhof durchführen.

Bitter wird das, wenn die Kommune eine solche Möglichkeit nicht anbietet. Das kann vorkommen, wenn man es schlichtweg einfach vergessen hat oder wenn man die Handwerksbetriebe vor Ort vor unliebsamer Konkurrenz von außerhalb und Kleinbetrieben schützen will.

Doch wie sieht es für den Bestatter aus? Normalerweise ist auch der Bestatter hinsichtlich dieser Gebühren außen vor. Er liefert nur an und arbeitet auf dem Friedhof selbst nicht. Das was er an Betreuungs- und Organisationsarbeit bei Trauerfeier und Bestattung leistet, tut er als Gast und auf Einladung der Familien, die hierfür die Nutzungsgebühren für die Trauerhalle und die Beisetzungsgebühren entrichten und innerhalb gewisser Grenzen das Hausrecht mitmieten.
Aus diesem Grund müssen Bestatter normalerweise diese Gebühren nicht bezahlen.

Das sieht selbstverständlich anders aus, wenn in der betr. Stadt/Gemeinde der Bestatter auch die Gräber aushebt und andere Arbeiten erledigt, die über das Anliefern von Särgen und die Betreuung der Feierlichkeiten hinausgehen. In solchen Fällen zahlen auch die Bestatter oft diese Konzessionsgebühr.

Daraus können sich aber insgesamt ganz kuriose Konstellationen ergeben. So rief mich neulich ein Kollege an, der den Auftrag hatte, einen Verstorbenen hier aus der Stadt in eine süddeutsche Gemeinde weit hinter Stuttgart zu überführen. Das hat er auch gemacht, den Sterbefall dann ordnungsgemäß dort im Rathaus angemeldet und damit war die Sache für ihn erledigt. Er war noch nie zuvor dort auf dem Friedhof und wird, nach menschlichem Ermessen, auch nie wieder in seinem Leben dorthin müssen.

Dennoch schickt ihm die Gemeinde jetzt zum Jahreswechsel eine Rechnung über 892 Euro. Es ist die Konzessionsgebühr für gewerbliche Arbeiten auf dem dortigen Friedhof und gilt rückwirkend für das ganze Jahr 2007.

Eine Tagespauschale bietet diese Gemeinde nicht an, denn es gibt vor Ort nur zwei Bestatter, andere hat man dort nie und wenn wer was will, der soll den dortigen Bestattern die Särge übergeben, damit die auch noch was verdienen, heißt es von Seiten der Gemeinde.

Ja aber, so argumentierte mein Kollege, er habe doch nur einen Sarg bis zum öffentlichen Parkplatz vor der Trauerhalle gebracht und dann auf seinem eigenen Sargroller in die Kühlzelle geschoben. Auf dem Friedhof selbst sei er überhaupt nicht gewesen, sondern er habe nur einen Sarg gebracht.

Das sei egal, sagt die Gemeinde dazu, die beiden örtlichen Bestatter heben immer auch noch die Gräber aus und befahren den Friedhof mit Baggern und Schleppern, da sei so eine Gebühr durchaus angemessen. Wenn er jetzt in diesem konkreten Fall keinen Grabbau gemacht habe und keinen Bagger dabei gehabt hätte, ja dann sei das doch sein Problem, die Gebühr müsse er aber trotzdem bezahlen.

Man wisse zwar, daß das für auswärtige Bestatter, von denen immer mal wieder welche auftauchen, ziemlich teuer sei, aber das sei dort eben so und wer die Friedhofssatzung kenne, der könne sich ja davor schützen, indem er nicht auf dem Friedhof gewerblich tätig wird und den Sarg bei einem der örtlichen Bestatter abliefere. Ach ja, das sei im übrigen auch durchaus „durchakzeptiert“, denn die beiden am Ort niedergelassenen Bestatter seien selbst Mitglieder des Gemeinderates und hätten diese Satzung mitgestaltet und mitbeschlossen. Da könne man ja jetzt die Verwaltung nicht verantwortlich machen, das seien politische Beschlüsse, die man als Verwaltung nur umsetze.

Mein Kollege will das aber nicht bezahlen. 890 Euro, das ist unterm Strich mehr als er an dem Sterbefall verdient. Deshalb will er es auf eine Klage ankommen lassen. Ich bin ja mal gespannt.


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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 28. Dezember 2007 | Revision: 28. Mai 2012

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16 Jahre zuvor

„Kluge Kommunen“…..
neee jibbet nit
🙂

Matthias
16 Jahre zuvor

Das grenzt ja schon fast an Korruption.

Lars
16 Jahre zuvor

Würde mich echt mal interessieren was Justizia dazu sagt. Also, wenns schon ein länger zurückliegender Fall ist, bitte Ergebnis bloggen. 😀

Olli
16 Jahre zuvor

*gespanntbin*

16 Jahre zuvor

„Eine Tagespauschale bietet diese Gemeinde nicht an, denn es gibt vor Ort nur zwei Bestatter, andere hat man dort nie und wenn wer was will, der soll den dortigen Bestattern die Särge übergeben, damit die auch noch was verdienen, heißt es von Seiten der Gemeinde.“

und

„die beiden am Ort niedergelassenen Bestatter seien selbst Mitglieder des Gemeinderates und hätten diese Satzung mitgestaltet und mitbeschlossen“

Hört sich das nur für mich an wie Amtsmissbrauch?

Thorben
16 Jahre zuvor

Klingt eher nach dem normalen Dorfklüngel. Ärgerlich, aber resistent wie Unkraut und nicht auszurotten.

16 Jahre zuvor

Hui ja. Das ist ziemlich delikat.
Wenn das Gericht da mal keine Sittenwidrigkeit sieht…

jemand
16 Jahre zuvor

Vetternwirtschaft 🙁

latita
16 Jahre zuvor

Hab mir die Kommentare bisher nicht durchgelesen aber als altes Fräulein vom Amt muss ich sagen, dass in diesem Fall die Satzung ungültig ist. Wenn eine Gemeinderatsmitglied in einer Abstimmg selbst bestroffen ist, so hat er aus Gefangenheit den Raum zu verlassen. Ist es ein Tagesordnungspunkt der öffentlichen Sitzung kann er bei der Entscheidungsfindung dabei sein, jedoch nicht bei der Abstimmung. Im Nichtöffentlichen Teil hat er sich ganz zu enthalten.

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Die sind so doof dort in dem Dorf, warscheinlich ist seit Generationen kein frisches Blut mehr hereingekommen. Kein Wunder, wer weiß womit die noch Fremde abhalten die Ortsgrenze zu überschreiten. Wenn die beiden Bestatter auch im Gemeinderat sind, dürfen sie wegen Befangenheit nicht mit abstimmen. Dass Fachkräfte bei den Beratungen ihr Wissen einbringen ist Ok. Ihre Lobby werden sie haben.
Ein Kaiser lag mit einem Bauern im Clinch wegen eines Grundstücks. „Wisset ihr nicht, dass ich Euer Kaiser bin, und euch enteignen könnte“? „Ja das schon,“ sagte der Bauer, 2wenn es nicht das Verwaltungsgericht in Potsdam gäbe“.
Ich denke, dass der Besttatter einen Prozess gewinnt, Aber die Lauferei und Schreiberei und ein Anwalt kosten alles zusammen mehr als die Gebühr. Und auf diese Tour reisen diese Abzocker.

Anubis
16 Jahre zuvor

Wenn man ein Bisschen rumkommt auf Friedhöfen in Deutschland dann erlebt man so alles mögliche. Am besten fand ich immer, daß egal wo man ist, die Leute vom Friedhof erwarten das man jede Satzung kennt.

Der Kollege soll denen 2,45€ überweisen und die Sache als erledigt ansehen. Sollten sie weiter fordern dann muß sich ein Gericht der Sache annehmen. (Frechheit sowas)

latita
16 Jahre zuvor

😀 ja Sebastian ich hatte mich verschrieben, das fiel mir zu spät auf.

Gefangen sind die wohl auch, in Kleingeistigkeit

Siggi
16 Jahre zuvor

@ Latita:

Ja, aber er kann doch nciht den Raum verlassen, wenn er selbst gefangen ist?

16 Jahre zuvor

Moralisch hat er wohl recht. Aber auf hoher See und vor Gericht ist man ja in Gottes Hand. Und dann noch Verwaltungsrecht…

Und Latitia spricht woh von Befangenheit 😉

skape
16 Jahre zuvor

892 durch 365 teilen und überweisen *g*

16 Jahre zuvor

‚verhältnismäßigkeitsgrundsatz‘ … z.b. http://www.lexexakt.de/glossar/verhaeltnismaessigkeit.php

diese ex-orbitante forderung lässt kein verwaltungsgericht durchgehen! 😉

gb
16 Jahre zuvor

das Problem koennte nur sein, dass der Richter zuuufaellig mit dem Buergermeister am Stammtisch……. Wenn es sich eher um ein laendliches Gebiet handelt, dann Prost Mahlzeit…

Viel Glueck an Deinen Kollegen – ggf. auch fuer die 2. / 3. Instanz, er wird’s sicher brauchen…

Helmut S.
16 Jahre zuvor

Eigentlich müsste ja im Protokoll der Sitzung, bei der die Satzung beschlossen wurde etwas stehen wie: „10 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme, 3 Enthaltungen bei 2 Sonder-Interessen“ So ist es z.B.auch, wenn die Gemeinde ein Auto kaufen will und der örtliche Autohändler im Rat sitzt. Oder die Gemeinde will ein Grundstück verkaufen und ein Ratsmitglied will kaufen.

16 Jahre zuvor

@gb:
solche extreme gibt es gewöhnlich nicht … spätestens beim urteilspruch des ovg wird das justizministerium hellhörig -> richterposten ade! 🙂

hu-
16 Jahre zuvor

@tolki:

Was hat das Justizministerium mit einem Richterposten zu tun? Glaubst Du wirklich, daß der Justizminister einen Richter entlassen kann?

Kempeth
16 Jahre zuvor

Ich hoffe der Friedhofswärter bestellt sich nie ne Pizza…




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