Nekrolog

De mortius nil nisi bene

orgel

Ist schon erstaunlich, wieviele Leute da auf einmal hinter ihrem Ofen hervorkommen, wenn der Name von Gravenreuth eine Rolle spielt. Ich bitte doch aber höflichst darum, in den Kommentaren den Anstand zu wahren und die per Mail an mich gerichteten Beschimpfungen nun einzustellen. Mein Bedarf an Beleidigungen und Klageandrohungen ist bis zum 8. März völlig gedeckt, dann habe ich wieder Lust auf neue „Dreckspatz-Mails“.

Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob man von Toten wirklich immer nur Gutes sagen sollte und darf.

„De mortuis nil nisi bene“ wurde hier auf Latein als Empfehlung geschrieben. Dieser Spruch „über die Toten (rede) nur gut“ wird dem griechischen Philosophen Chilon zugeschrieben.

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Bei „wissen.de“ findet man dazu:

Oft ungenau übersetzt als: Von Toten (soll man) nur Gutes (reden). richtig übersetzt müsste es heißen: Von den Toten nichts außer auf gute Weise, was folgende Interpretationen zulässt: a) Wenn man über einen Toten nichts Gutes zu berichten weiß, sollte man schweigen, oder: b) Man darf Verstorbene auch kritisieren, aber auf eine faire Weise (da sie sich nicht mehr verteidigen können). (von Ulrich Breit)

Angesichts eines langen Lebens und dessen was ein Mensch in der Summe seiner Taten erreicht hat, mag es wirklich ein guter Rat zu sein, in der Präsenz des Todes und aus Anstand den Angehörigen gegenüber, über Fehltritte, Fehlentscheidungen und Gesagtes hinwegzusehen, es ruhen zu lassen und darüber zu schweigen.

Wie klein ist mancher Anlass, der uns Deppen streiten lässt!

Doch gibt es selbstverständlich auch Taten, Lebensführungen und gravierende Dinge, die in der Bilanz, bei der Bewertung der Summe der Taten eines Menschen, die negative Seite der Waage so stark belasten, daß man nicht umhin kann, diesen Menschen nur oder überwiegend als jemand Schlechtes zu sehen.

Warum dann darüber schweigen?

Man tut es oft, um die Gefühle der Angehörigen nicht zu verletzen, um dem Toten gegenüber eine besondere Art der schützenden Fairness walten zu lassen und nicht zuletzt, um selbst endlich Frieden mit der Sache und vielleicht dem Toten machen zu können.

Aber das muß nicht mit aller Gewalt so sein.

Ich stand und stehe oft vor dieser Situation, sei es als Trauergast, Trauernder, Bestatter oder Trauerredner.
Ein reales Beispiel: Ein Mann hat sein Leben geführt wie eine (man verzeihe mir das Wort) Drecksau, hat Frau und Kinder geschlagen, die Töchter regelmäßig im Suff vergewaltigt, Haus und Hof verspielt und seine Mutter erschlagen.
Wie käme man dazu, von so einem als einem herzensguten Vater und liebevollen Ehemann und Sohn zu sprechen?

Es sind uns allen dicke Tränen über die Wangen gekullert, als seine Tochter bei der Trauerfeier sagt:
„Die schönste Zeit für uns Kinder war immer dann, wenn Papa im Knast saß und jetzt wo er tot ist, brauchen wir wenigstens keine Angst mehr haben, daß er entlassen wird. So wie er gelebt hat, ist er nicht glücklich geworden, wir sind es auch nicht; aber jetzt sollen alle ihn in Frieden ruhen lassen, damit wenigstens wir den Rest unseres Lebens glücklich sein dürfen.“

Man sieht, man kann ruhig sagen was da alles vorgefallen ist, man darf auch froh sein, wenn jemand endlich stirbt; ich erlebe das ganz oft, wenn schwerst pflegebedürftige Menschen die Augen zumachen.
Aber Häme, Freude oder frenetischer Applaus haben in der Zeit der Trauer und angesichts des Todes nichts verloren.

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