Menschen

Der Bonnekamp

Es wurde hier ein wenig darüber diskutiert, wie Pfarrer sich auf Beerdigungen vorbereiten.
Wir haben hier u.a. Pfarrer Löffler-Scheibenrath und Pastor Bonnekamp.
Pfarrer Löffler-Scheibenrath teilt sich die Pfarrstelle mit seiner Gattin Ulrike-Sabara Scheibenrath, während Pastor Bonnekamp leider auf eine Gattin und auf jemanden, der ihm hilft, verzichten muß.
Bei den Scheibenraths ist da so, daß von denen immer einer Zeit hat; und das trotz dreier süßer, kleiner, unerzogener und ständig krähender Zwerglutheraner.
Wenn da also in der Gemeinde jemand stirbt, der auch nur im Entferntesten nicht katholisch ist, dann fragen die Scheibenraths nicht weiter, nehmen den vom Bestatter gemeldeten Sterbefall an und der Bestatter muß sich um nichts mehr kümmern.
Einer von beiden führt das Gespräch mit den Angehörigen und einer macht dann auch die Beerdigung, wobei der erste eine mit dem zweiten einen nicht identisch sein muß.
Bei den Angehörigen kommt diese sehr familiäre und fürsorgliche Behandlung sehr gut an, zumal die Scheibenraths die Angehörigen gerne auch mal in ihrem Wohnhaus im Wohnzimmer empfangen.

Pastor Bonnekamp kämpft allein auf weiter Flur, hat einen sehr tüchtigen und fürchterlich wichtigen Gemeindereferenten und fünf Gemeinden, die er betreuen muß.
Gestorben wird bei ihm ein bißchen mehr als bei den Protestanten, was keinerlei Rückschlüsse auf die Lebenserwartung der Angehörigen der jeweiligen Konfession zulässt, es gibt hier einfach mehr alte Katholiken.

Ein Gespräch muß Pastor Bonnekamp mit den Angehörigen nie führen. „Wozu? Das sind alles Gottes Kinder, eins wie’s andere.“
Wir faxen ihm den „Sterbezettel“ mit dem Termin und seine stets unfreundliche und direkt aus dem Vatikan oder vielleicht auch aus dem Himmel anrufende Sekretärin bestätigt den Termin oder verlegt ihn dann.
Pastor Bonnekamp kommt trotz seines doch schon fortgeschrittenen Alters immer mit dem Fahrrad, weil er sich dann die pauschal von den Angehörigen erhobenen 37 Euro Taxigeld in die eigene Tasche stecken kann. „Ich erstrampele mir mein Taschengeld.“

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Bonnekamp hat übrigens immer Schnupfen und Husten, röchelt und schnäuzt bei den Trauerfeiern minutenlang ins Mikrofon, spricht manchmal undeutlich und vernuschelt, vor allem wenn er mit den sich von Beerdigung zu Beerdigung unpraktischerweise immer ändernen Namen der Verstorbenen konfrontiert ist, und hat aber sonst eine sehr gemütliche und äußerst altehrwürdige Art.
Manchmal stockt er mitten in der Traueransprache, schaut eine Minute lang oder so an die Decke der Trauerhalle, die Trauergäste fangen schon an, mit den Füßen zu scharren, der bange Bestatter hinten an der Tür bei den Kondolenzlisten fragt sich, ob der Pastor in den Energiesparmodus gefallen ist und dann…
…dann schlägt der Alte plötzlich mit den flachen Händen auf das dicke Buch vor ihm, daß es nur so kracht und auf einmal sind alle wieder wach.

Seine Ansprache kenne ich auswendig und offenbar tun das auch sehr viele der Trauergäste. Man möchte ja nun erwarten, daß die Leute irgendwann mal sagen, der Alte solle doch was Persönliches und Individuelles sagen, doch weit gefehlt! Die Leute beschweren sich, wenn er von seiner Standardrede, eingeübt seit 30 Jahren, auch nur in Nuancen abweicht. „Warum hat mein Schorsch nicht die richtige Rede bekommen? Alle anderen kriegen die doch immer!“

Die Menschen sind zufrieden, sie lieben den alten Bonnekamp und wenn der gutmütige Kathole anschließend nicht mit zum Leichenschmaus geht, sind alle tödlich beleidigt.

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(©si)