Die abermals erwartete Wendung mitsamt des ominösen Herrn Schade blieb aus. Er kam schlicht und ergreifend nicht und Frau Büser hatte ihr unnachahmliches Hab-ich-doch-gleich-gesagt-Lächeln aufgesetzt und die kurz nach dem Besuch von Frau Bauer fertiggemachten Papiere an Manni übergeben. Jetzt konnte alles seinen Gang gehen und die Feuerbestattung durchgeführt werden.
Der Tag ging zu Ende, ohne daß Herr Schade aus Südafrika bei uns erschienen war.
Am nächsten Morgen brachte den Verstorbenen gleich als Erstes vom Krankenhaus ins Krematorium.
Der Tag verlief ganz normal, eine alte Frau betrauerte in unseren Aufbahrungsräumen ihren Otto und hielt uns der Reihe nach alle von der Arbeit ab, weil sie jedem ein kleines Plastikalbum mit Bildern aus alten Zeiten zeigen wollte.
Nachdem ich Nachmittags einen Puddingkrapfen von Antonia angenommen und gegessen hatte, überkam mich große Müdigkeit und weil es ohnehin im Betrieb ruhig und auftragslos war, was ja bei Bestattern durchaus vorkommen kann, wollte ich gerade Frau Büser, ihre Kolleginnen und die Männer im Keller etwas früher nach Hause schicken.
Ich wollte…
…doch dann kam er überraschend doch noch, der Hungerleider, Habenichts und ehemalige Fremdenlegionär aus Südafrika.
Und was? Da kam kein abgerissener, sonnengebräunter Mann im Tropenanzug, dem an seinem verschlagenen Gesichtsausdruck schon anzusehen war, daß er ein Erbschleicher und Betrüger ist, sondern da kam ein feiner, an die 70 Jahre alter Herr im Maßanzug.
Der etwa 1,80 m große Mann wirkte überaus gepflegt, sprach ein akzentfreies Deutsch und wirkte etwas abgehetzt. In Paris habe es Probleme gegeben und die Anschlußmaschine sei erst heute gegangen.
„Kommen Sie bitte!“ sagte ich und führte ihn ins Kaminzimmer. Kein anderer Raum hätte besser gepaßt.
Herr Schade fragte sofort nach dem Verstorbenen und ich erzählte ihm, daß die beiden Damen die Feuerbestattung angeordnet hätten. Der Mann wurde kurz blaß, faßte sich aber sofort wieder, bat um einen Kaffee mit viel Zucker und begann zu erzählen.
Er stamme von einfachen Leuten ab, Herr und Frau Schade seien einfache Menschen gewesen und damals waren sie auch noch nicht verheiratet. „Also in der Zeit wo meine Geschichte spielt, ja? Da war das so, daß mein Vater, also der Herr Schade noch in Kriegsgefangenschaft war und meine Mutter, also die Frau Schade, gar nicht wußte daß der noch lebt. Überall um sie herum gab es nur Frauen, deren Verlobte, Freunde, Männer und Söhne nicht mehr aus der Gefangenschaft zurückgekommen sind. Die wenigen, die damals kamen, haben immer von Dutzenden von Männern zu berichten gewußt, die alle in den Straflagern umgekommen waren.
So nahm meine Mutter an, der Schade sei auch tot und sie gab dem Werben des Herrn Vockenroth nach und so wurde sie mit mir schwanger.“
„Und dann?“ fragte ich gespannt.
„Ja und dann als sie mit mir schwanger war, hat der Vockenroth ihr 200 Mark gegeben und gesagt, er wolle damit nichts zu tun haben, er habe andere Pläne für seine Zukunft.“
„Und?“
„Und dann kam Herr Schade aus der Gefangenschaft zurück. Mit zwei Kameraden war er fortgelaufen und über weite Umwege bis in die Heimat gelangt. Meine Mutter hat ihm alles gebeichtet und er hat gesagt, daß es ihm egal sei. Das Kind müsse auf die Welt kommen und sie haben dann sofort geheiratet. Gleich nach meiner Geburt ist er dann aufs Standesamt und so wurde ich auf dem Papier ganz einwandfrei sein Sohn.
Ich habe davon aber natürlich nichts gewußt, keiner hat da etwas von gewußt, außer den Großeltern, die haben aber nie was gesagt und die sind ja auch schon ewig tot.
Ende achtziger Jahre ist mein Vater dann gestorben, da lebte ich schon in Südafrika.“
„Was machen Sie da eigentlich?“
„Ich? Ich habe eine Firma für Kraftwerkskomponenten, Turbinen, Pumpen, Gasmotoren. Mir geht es finanziell sehr gut, ich bin selbst vermögend und gehöre sicherlich in der Kapregion zu den reichsten Geschäftsleuten. Um Geld geht es mir bei der Vockenroth-Sache nicht…“ und nach einer kurzen Sekunde des Überlegens fügte er hinzu: „Zumindest mal nicht in erster Linie.
Als mein Vater gestorben ist, hat es nicht lange gedauert, da wurde auch meine Mutter krank und damals war sie für drei Monate bei mir und meiner Familie in Südafrika. Da hat sie mir dann alles gebeichtet und mir Dokumente übergeben.“
„Was für Dokumente?“
„Briefe. Briefe vom Vockenroth. Briefe in denen er eindeutig über seine Liebe zu meiner Mutter schreibt und einen Abschiedsbrief in dem er sagt, er wolle mit dem Kind nichts zu tun haben. Das ist doch der Beweis, daß er von mir wußte und daß er wußte, daß ich von ihm abstamme.
Ich habe damals, da war meine Mutter dann schon tot, versucht ganz normal und freundlich Kontakt zu ihm aufzunehmen. Aber Frau Bauer, die hat wie ein Zerberus jeden Kontakt verhindert. Dann bin ich extra nach Deutschland gekommen und habe ihm am Wohltätigkeitsclub eines Abends aufgelauert. Na, sagen wir, ich habe in einem Wagen dort auf ihn gewartet und bin dann ausgestiegen und habe mich vorgestellt.
Glauben Sie mir, der hat sofort gewußt, wer ich bin, außerdem sehe ich dem ja ähnlich, ich bin dem wie aus dem Gesicht geschnitten.
Erst hat er kurz gezögert, dann hat er überlegt und sogar einen Moment gelächelt und es sah so aus, als ob er sich freue, doch dann von einer Sekunde auf die andere war das Lächeln verschwunden und er stieß mich beiseite. ‚Hauen Sie ab! Ich kenne Sie nicht! Ich weiß nicht was Sie von mir wollen! So ein Unsinn, ich habe keine Kinder!‘ hat er gerufen und seinem Chauffeur zugewunken. Weg war er.“
„Ich staune, Herr Schade“, sagte ich.
„Ja, das können Sie auch. Ich bin definitiv der leibliche Sohn des Herrn Vockenroth und kann das anhand von Schriftstücken beweisen.“
„Ob die Briefe da ausreichen?“
„Ha! Ich habe auch noch eine notariell beglaubigte eidesstattliche Versicherung meiner Mutter!“
„Mann, Mann, Mann…“
„Ja und deshalb bin ich als einziger lebender Verwandter auch der Einzige, der sich um die Beerdigung kümmern darf und der das Erbe antreten wird.“
„Und die Damen Bauer und Maternas?“
„Was gehen die mich an? Es greift die gesetzliche Erbfolge und selbst wenn mein leiblicher Vater alles denen vermacht hat, bleibt mir immer noch der Pflichtteil und der dürfte ja, nach allem was man so weiß, nicht ganz unbeträchtlich sein. Es soll da ein Milliardenvermögen geben.“
„Mann o Mann! Aber Sie sagten doch, daß es Ihnen nicht ums Geld geht.“
„Ja, geht es mir auch nicht. Oder sagen wir es so: Ging es mir auch nicht. Ich habe selbst Millionen gemacht, ich bin längst im Ruhestand, habe mit Nichts angefangen und mir ein Vermögen erarbeitet, mit diesen Händen hier! Aber wenn man alt ist und wenn man Zeit hat, dann kann man sich auch solcher unerledigter Sachen annehmen und seine Zeit investieren. Und als Vockenroth mich weggestoßen hat, habe ich hier in Deutschland eine Anwaltskanzlei beauftragt.
Da gingen Dutzende von Briefen, aber was für welche, hin und her. Lange Schriftsätze voller Juristendeutsch. Am Ende stand nur eins fest, daß die Fronten festgefahren und verhärtet waren. Ich kann alles beweisen und die Gegenseite behauptet, das sei alles Humbug und erlogen und erstunken. Aber ich bin ja nicht doof…“
„Wie meinen Sie das?“
Er grinste und sagte: „Ich habe einen Detektiv beauftragt und der hat mir in einem Wellness-Club, wo der Vockenroth immer hingegangen ist, Haare aus der Bürste von Vockenroth besorgt. Das hat mich 5.000 Dollar gekostet.“
Herr Schade klopfte auf seine rechte Brustseite: „Hier habe ich die Locke in einem Plastikbeutelchen. Das ist der schlagende Beweis! Ich kann alles belegen.“
„Und was soll das beweisen?“ fragte ich, schaute auf die Armbanduhr und fuhr fort: „Jetzt müßte Herr Vockenroth schon eingeäschert sein. Wie wollen Sie beweisen, daß die Haare von ihm sind? Was soll da mit was verglichen werden?“
„Dafür habe ich eine ebenfalls beglaubigte Aussage des Detektivs, aber ich habe noch einen Trumpf in der Hinterhand.“
„Und was ist das für ein Trumpf?“
„Es gibt noch die alte Frau Böhne. Die kannte meine Mutter und den Vockenroth und die kann vor Gericht alles bezeugen. Ihr gegenüber hat Vockenroth damals unumwunden zugegeben, daß er mein Vater ist. Aber sie hat natürlich nie etwas dazu gesagt, es war ja von dem Moment an alles in Ordnung, als Herr Schade als mein Vater eingetragen worden ist. Da war dann ja alles in Butter, wie man so sagt. Mein Vater, also jetzt der Herr Schade, der hat ja nie was vom Vockenroth hören wollen und so ist man auch nie an den herangetreten. Es ist sozusagen einfach Gras über die Sache gewachsen und wahrscheinlich hat Vockenroth nie damit gerechnet, daß ich eines Tages vor ihm stehen würde.“
„Und jetzt?“
„Jetzt lassen wir alles so laufen, wie die Bauer und die Maternas das geplant haben. Ich nehme an, daß die alles vom Feinsten wollen und so soll es dann ruhig auch sein. Aber nach der Beerdigung, wenn die sich auf die Testamentseröffnung freuen, dann lasse ich die Bombe platzen!“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
…da platzt GAR NICHTS !!! Denn zu der Zeit, als der gute Herr Sohn geboren wurde, hatten nichteheliche Kinder 0 Komma gar keinen Erbanspruch – und wenn er die Vaterschaft 1000 mal beweisen kann.
Nix, Null, Niente, Nada !!!!! Deutsche Gesetzeslage.
Und du bist sicher, daß diese archaische Gesetzeslage heute noch gilt? Das wäre schon etwas ungewöhnlich, wenn solche Benachteiligungen nicht aufgehoben worden wären, als man langsam anfing, das mit der Gleichheit vor dem Gesetz ernst zu nehmen.
Es kommt auf das Sterbedatum an. Wenn der Vater eines vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kindes nach dem 28.05.2009 verstorben ist oder verstirbt, so ist das nichteheliche Kind ganz normal erb- oder pflichtteilsberechtigt. Dieser Neuregelung liegt eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zugrunde. Frühere Sterbefälle werden von der Neuregelung wegen des Rückwirkungsverbotes aber nicht erfasst. Allerdings ist es denkbar, dass zu dieser Problematik derzeit noch Klagen bzw. Verfassungsbeschwerden rechtshängig sind, die irgendwann vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden.
Da wir nicht wissen, wann die Geschichte spielt, kann es aber durchaus sein, dass die alte Rechtslage Anwendung findet. Diese rechtlichen Erwägungen sind m.E. für uns Leser auch eher nebensächlich.
…ich nehme an, dass diese Geschichte in TOM’s noch aktiver Zeit spielt – und da galt noch die alte Rechtslage
In diesem Fall ist der Mann aber de jure Sohn eines anderen – das dürfte doch die Sachlage einigermaßen verkomplizieren, denn zwei Väter kann (bisher) vor dem Gesetz niemand haben. Von Chris‘ berechtigtem Einwand mal ganz abgesehen.
Es sind ja beide Kinder sogesehen unehelich. Ich denke, da wird noch jemand eheliches aus dem Hut gezaubert. Das allerdings hätte schon auffallen müssen als die standesamtlichen Papiere des Verstorbenen vorgelegt wurden *grübel*
Na, vielleicht platzt ja möglicherweise noch vorher ne ganz andere Bombe… der Vockenroth wäre nicht der erste, von dem bis zu seinem Ableben alle glaubten er sei vermögend.
eine Ehefrau und 5 eheliche Kinder springen sicher auch noch hinter dem Sarg hervor … wetten … *lach* spannend … sehr spannend … bitte schnell weiter. lieber Tom …
boah, und da ist es wieder, … das Kopfkino, welches, wie Tom noch 99 Möglichkeiten bietet, wie die Geschichte weiter- bzw. aus geht. Phantastisch, diese Erzählweise!:-)
Hehehehe
Meeeeeeeeeeeeeeehr Tom 😀
Kreditkarte ungedeckt,Konten leer,nix da zum pfänden……………………….. 🙂
Da Herr und Frau Schade vor der Geburt geheiratet haben ist Schade junior eheliches Kind der beiden.
stimmt – das ist auch so eine etwas kuriose Gesetzgebung. Kann aber durch das „Kind“ gerichtlich angefochten werden.
kicher
hihi, ihr werdet alle doof gucken, wenn Tom hier nix mehr schreibt, weil mit der beerdigung für ihn alles beendet ist.
cliffhanger der ewigkeit *g*
Nein nicht noch mehr cliffhanger.
irgendwann raufen sich dann sonst die Leserzusammen jeder mit einer Gänsefeder bewaffnet und kitzeln Tom solange, bis er die ganzen Cliffhanger auflöst. .-)
hey da hierviel das thema ist mit dem alter als ich aus der schule kam war ich 16 hatte eigentlich nen ganz anderen beruf vor zu lernen das ging allerding schief… als ich dann nicht wusste was ich machen sollte hat ne freundin zu mir gesgt (sie arbeitet in nem blumen laden ) das unternehmen xx unterbestzt ist leute suchen da hab ich mir erst mal gedacht ich als bestatter uff naja da ich nix zu tuhen hate und arbeit brauchte hab ich mir gedacht versuchst du einfach mal ein praktikum nach 2 wochen da hab ich mir immer nur gedacht ja wenn mich leute fragen wie ist die arbeit so oder gefällt es dir naja wie mackaber hört es sich den an wenn man sagt ich tierisch spaß mit den toten zu arbeiten ich find den beruf sehr schön und will es dort sehr gern lern und trotz das ich mittlerweile „erst“ 17 bin nehmen sie mich ALLERDINGS und das empfhel ich wirklich allen die interesse für den beruf haben macht erst ein sehr… Weiterlesen »
sorry wegen der rechtschreibung ._.
Na zum Glück brauchst du der Leiche keinen Brief schreiben. Im Büro arbeiten kannst du so allerdings nicht.
Ne Story, ne Story, ne neue Story… geiiil! *freu*
Will mehr! 🙂 🙂