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Der Patentmann -3-

Die Sache mit dem sehr reichen Verstorbenen und seiner ältlichen Verlobten und deren Tochter bekam eine für uns alle unerwartete Wendung, als noch am gleichen Tag ein Fax aus Südafrika eintraf.
Ein gewisser August Schade schrieb, er habe durch seinen deutschen Anwalt mit Bestürzung vom Tod des Herrn Vockenroth erfahren. Horst Vockenroth sei sein leiblicher Vater und er wolle noch in der Nacht losfliegen, um spät am nächsten Tag selbst hier zu erscheinen und die notwendigen Dinge zu regeln. Er sei der einzige lebende Verwandte des Verstorbenen und fest gewillt, alles zu übernehmen und auch das Erbe anzutreten.

„Dann waren die das!“ erklärte Frau Büser. Da habe nämlich jemand von einer Kanzlei angerufen und gesagt, er telefoniere alle Bestatter ab, wer denn wohl „den Vockenroth habe“.

Tja, was nun? Ich habe schon einen Auftrag und 10.000 Euro von Frau Maternas, der Tochter von Frau Bauer, die wiederum ja nun über 50 Jahre die Verlobte des Verstorbenen war.
Wer ist denn in so einem Fall totenfürsorgeberechtigt?

Klar, nach dem Landesbestattungsgesetz ist das eindeutig zuerst mal der Sohn. Wenn er der einzige lebende Verwandte ist…

Am nächsten Morgen saß dann Frau Bauer wieder bei uns. Sie hatte nun auch erfahren, daß sich dieser Herr Schade auf dem Weg nach Deutschland befindet und wollte sofort Gegenmaßnahmen treffen.
„Der? Das ist ein Erbschleicher. Das ist irgend so ein dahergelaufener Tunichtgut, der es auf das Vermögen meines Verlobten abgesehen hat. Seit einem Jahr schon versucht der Kontakt zu Horst aufzunehmen und will ihm alle Beweise vorlegen, die belegen sollen, daß er der leibliche Sohn von Horst ist. Wissen Sie, wie viele Leute schon versucht haben, irgendwie an das Geld von Horst zu kommen?
Lassen Sie sich nicht beirren, der Mann ist ein Betrüger, irgendein armer Schlucker, der hier aus der Gegend stammt und bei der Fremdenlegion oder so irgendwie was war und den es ins Ausland verschlagen hat. Wahrscheinlich wurde der früher hier wegen irgendwas gesucht oder so. Jedenfalls sollten Sie den gleich vergessen!
Ich habe Vollmachten, alles notariell beglaubigt und wirksam über den Tod hinaus, daß ich mich um alles kümmern soll. Ich und meine Tochter werden auch das Erbe antreten, das ist ja wohl selbstverständlich!“

Damit waren wir bei einem Punkt, der mich noch interessierte. Deshalb fragte ich: „Ihre Tochter ist aber nicht die leibliche Tochter von Herrn Vockenroth, oder?“

„Doch, selbstverständlich, aber das ist natürlich nie offiziell geworden. Ich sagte ja, der Horst war da komisch in diesem Punkt, von Ehe und so wollte er nichts wissen.“

Urplötzlich wollte Frau Bauer doch noch einmal in den Ausstellungsraum. Ganz gezielt steuerte sie auf das Regal mit den Urnen und deutete, ohne auch nur eine Sekunde auszusuchen oder zu überlegen, auf eine quaderförmige Marmorurne.
„Die da! Wir haben uns das nämlich überlegt. Meine Tochter und ich sind der Meinung, daß Einäschern doch die beste Möglichkeit ist. Also holen Sie ihn heute im Krankenhaus ab, so wie besprochen, und dann tun Sie ihn in diesen Sarg da und bringen ihn gleich zum Verbrennen. Die Trauerfeier und alles, das machen wir genau wie besprochen aber nur mit der Urne.“

„Au, ob das klappt?“ gab ich zu bedenken, „Im Krematorium, das dauert immer ein paar Tage…“

„Nichts da, ich habe schon mit dem Dezernenten gesprochen und das geht alles gleich morgen in aller Früh über die Bühne. Morgen Abend können Sie die Urne da abholen. Meine Güte, man kennt uns doch schließlich. Horst und der zweite Bürgermeister waren beide im gleichen humanistischen Wohltätigkeitsclub.“

Beziehungen muß man haben…

„Also, wie gesagt, wenn dieser Erbschleicher hier auftaucht, dann schmeißen Sie den Lump am Besten gleich raus. So was aber auch!“


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Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 14. Oktober 2012 | Peter Wilhelm 14. Oktober 2012

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8 Kommentare
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11 Jahre zuvor

uh oh…. hast du dir die erwähnten Vollmachten zeigen lassen?

Matze65
11 Jahre zuvor

Da trappst eine ganze Herde Nachtigallen um das schleichende Erbe – das wird noch interessant…

11 Jahre zuvor

Im Fernsehn würde jetzt jeder einigermaßen moderne Ordnungshüter der mittelprächtigen Beamtenlaufbahn das Abkratzen von DNA von allen wie auch immer Beteiligten nebst Pudel des heimlichen Verlobten fordern…

Das gibt alles noch tüchtig viel Ärger *freu*

Christians Ex
11 Jahre zuvor

Jo, klar, Tom: bitte zügig jeden Beweis vernichten, wer denn nun das leibliche Kind ist…

Lochkartenstanzer
11 Jahre zuvor

Ist der Bestattter eigentlch verpflichtet in so einem Fall die zuständigen Behörden zu unterrichten, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden?

11 Jahre zuvor

Vorausgesetzt diese ganzen Vollmachten existieren nicht oder sind anfechtbar: Wenn die Tochter leiblich ist, der Sohn auch; und beide unehlich zustande gekommen sind, der Vater aber BEIDE nie anerkannt hat, dann müssen die ggf. die Kindschaft (gibt es das Wort eigentlich?) nachweisen (DNA-Test?). Die „Verlobte“ würde von Rechts wegen leer ausgehen. Oder sehe ich das falsch? Aber ich wette: Der eingangs erwähnte Notar hat da noch was in Petto. Ich könnte mir vorstellen, der Herr, der ja wohl auch nicht der Dümmste war, hat das GANZ anders geregelt.

11 Jahre zuvor

Ich tippe ja darauf, das es zum Sohn aus Südafrika auch noch eine nach allen Regeln der Kunst verheiratetet Frau Vollkornschrot in Südafrika gibt bzw. gab.

Winnie
11 Jahre zuvor

Die einzigen Erbschleicher hier, scheinen wohl die Mädels zu sein. 😉




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