Geschichten

Der Zipfel muss weg -4-

die nase eines mannes

Ausgestattet mit einer Überweisung saß Pütz wenig später wieder in der Straßenbahn, um einen stadtbekannten Psychiater aufzusuchen, der die psychosomatischen Auswirkungen der Nasensichtigkeit in Augenschein nehmen sollte. Da drang eine Stimme an Pützens Ohren, die mit den Worten „Die Fahrscheine bitte!“ eine Kontrolle der Billetts ankündigte.

Pütz zückte seine Monatskarte und hielt sie dem Kontrolleur hin. Der schaute einmal, zweimal, trat dann einen Schritt zurück und musterte erst das Foto auf der Dauerkarte, dann das Gesicht von Herrn Pütz, schüttelte kurz mit dem Kopf und wollte schon etwas sagen, da kam ihm Pütz zuvor, hielt sich die Hand vor seine Nase und sagte: „Schauen Sie nicht so, das kann jeder mal kriegen!“

„Häh?“, meinte der Kontrolleur, kratzte sich mit einer Hand am Hinterkopf, suchte nach einer passenden Formulierung und sagte dann erneut: „Häh?“

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„Ja, ich habe da ein Problem mit meiner Nase, ich war schon bei zwei Spezialisten und bin auf dem Weg zum dritten!“

„Watt? Dann setzense sich doch auffen Behindertenplatz, wennse so arm dran sind“, sagte der Kontrolleur, gab Pütz seinen Fahrschein zurück und trollte sich.

‚Wie viel Prozent würde ich wohl für meine Nasensichtigkeit bekommen, wenn ich damit beim Versorgungsamt einen Behindertenausweise beantragen würde?‘, fragte sich Pütz und stieg an der nächsten Haltestelle aus.

Dr. Dr. Schmöller hatte keine Zeit für die psychosomatische Nase des armen Herr Pütz. Termine beim Psychiater gebe es nur auf telefonische Anfrage, sagte eine zimperlich-blonde Schnepfe mit spitzer Stimme hinterm Tresen der psychiatrischen Praxis und wenn, dann überhaupt erst Ende September. In dringenden Fällen könne man sich aber direkt ans Vizenzhaus wenden, die hätten sogar eine geschlossene Abteilung. „Und bringen Sie eine neue Überweisung mit, dann is‘ nämlich ein neues Quartal!“


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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 5. April 2016

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Llu
8 Jahre zuvor

Tja.




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