Geschichten

Deutschland Ikebana!

Ich sitze in meinem Büro und versuche Zeitung zu lesen.
Allerdings will es mir nicht gelingen, mich auf das Tagesblatt zu konzentrieren, über den Gang dringt weibliches Geplapper an mein Ohr und irgendwie heften sich meine Gedanken immer wieder an die Wortfetzen, die aus dem Büro von Frau Büser herüber dringen.
Es sind dort Sandy, die langbeinige Amerikanerin, Frau Büser, meine langjährige Mutter der Kompanie, und Antonia, herzensgute Angestellte, beieinander und bearbeiten Sterbefallakten. Das können Frauen bekanntlich gleichzeitig mit plappern, essen und trinken, Kosmetik, PC-Schreiben und sonst noch allem Möglichen.
Ist ja auch gut so, so bleibt uns Männern, die wir ja so eindimensional sind, Zeit genug, um das Telefon oder das Flugzeug zu erfinden. Gut, daß Leonardo schwul war!

Nun gut, besonders ist mein Unterbewußtsein von einer immer wiederkehrenden Aussage Antonias gefesselt. Sie sagt bestimmt zum hundertsten Male: Deutschland Ikebana.

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Ikebana kenne ich, da steckt man zwei, drei krüppelige Geschlechtsteile irgendwelchen Gemüses in einer Steckmasse oder Vase auf japanische Art zusammen und findet das dann schön.

Deutschland kenne ich auch, das ist dieses Ding, über das alle Deutschen so vehement schimpfen und das sie am liebsten gleich verlassen würden, und bei dem sie doch mit all ihrer Kraft darauf bedacht sind, daß die durch einen eventuellen Wegzug entstehenden Freiräume ja nicht von andersstämmigen Menschen besetzt werden.

Aber was hat japanische Blütenkunst mit Deutschland zu tun?

Aus den Satzfragmenten werde ich nicht schlau und muß mich von meinem bequemen Sessel erheben.
An der Tür zum Büro lehnend und von den Damen nicht bemerkt, sehe ich, wie Antonia wiederholt eine große schwarze Sonnenbrille aufsetzt, mit den Fingern durch ihr Haar fährt und stolz die Worte „Deutschland Ikebana“ wiederholt.
Offenbar gefällt sie sich mit dieser Kriegsblindenbrille, mit der sie aussieht wie die alte Zarah Leander oder Heinos struppige Schwester.

Auf einmal sehe ich die goldglänzenden Buchstaben auf dem Brillenbügel DG, Dolce & Gabbana.
Da hat sich also unser Moppelchen eine, das halbe Gesicht verdeckende Sonnenbrille von dieser Luxusmarke geleistet und weiß offenbar nicht, daß die Markenbezeichnung „Dolce & Gabbana“ ist, sondern spricht es aus wie „Deutschland-Ikebana“.

Ich habe ja nur eine Sonnenbrille von Vietnam-Plagiata.


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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 17. November 2014

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Chris
10 Jahre zuvor

ja – das ist schon immer ganz nett, wenn irgenwelche „tolle Typen“ sich um 22 Uhr in der S-Bahn mitteles Brille vor der intensiven Strahlung schützen müssen…

10 Jahre zuvor

Dolce & Gabbana-Brillen sind ja sowas von häßlich…setzt Frau die eigentlich auf, um nicht angebaggert zu werden???

melancholia
10 Jahre zuvor

„Ikebana kenne ich, da steckt man zwei, drei krüppelige Geschlechtsteile irgendwelchen Gemüses in einer Steckmasse oder Vase auf japanische Art zusammen und findet das dann schön.“
*rofl* :-))
TOM, ich bewundere Deine Kunst, Worte zusammen zu stecken!

Lochkartenstanzer
Reply to  melancholia
10 Jahre zuvor

Du meinst seine Wort-Ikebana-Kunst?

melancholia
Reply to  Lochkartenstanzer
10 Jahre zuvor

ja genau 🙂

josef
Reply to  melancholia
10 Jahre zuvor

Huch, krüppelige Geschlechtsteile, jetzt wirds aber unanständig!!

Alex
10 Jahre zuvor

It is never to dark to be cool!

Mirko
Reply to  Alex
10 Jahre zuvor

*summ* I wear my sunglasses at night…

Peter
10 Jahre zuvor

Vietnam-Plagiata – die D&G des kleinen Mannes 🙂




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