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Die Fee der Nacht -25-

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Kriminalhauptkommissar Petermann schnappte sich einen jüngeren Kollegen namens Böde und ließ sich von ihm zum Kriminallabor fahren. Petermann knotterte die ganze Fahrt vor sich hin, weil das Kriminallabor am anderen Ende der Stadt auf dem Gelände des ehemaligen Industriehafens lag.
„Warum wird für uns nicht irgendwann mal ein neues Präsidium gebaut, bei dem alles unter einem Dach ist?“
Damit spielte er auf die gegenwärtige Situation im Polizeipräsidium an. Das altehrwürdige Gebäude aus der Kaiserzeit platzte aus allen Nähten und alles was ging hatte man in den letzten Jahrzehnten mit ins Präsidium geholt.
Aber dennoch waren viele Abteilungen weit außerhalb untergebracht und über die ganze Stadt verstreut.

„Ja“ grinste Kollege Böde, „es müßte so sein wie bei CSI. Alles in einem hochmodernen Trakt, jeder hat einen Computer und die Laboruntersuchungen werden direkt mitten im Büro im gläsernen Labor gemacht.“ Und nach einer kurzen Pause fügte Böde hinzu: „Und so eine blaue Wunderlampe will ich haben. So eine, wo man nur den Tatort ableuchtet und Sekundenschnelle alle Daten, wie Fingerabdrücke und Einwohnermeldedaten, Führerschein- und Ausweiskopien auf einem gläsernen Monitor angezeigt bekommt.“

Petermann lachte trocken auf. „Pah, wenn die Leute wüßten, unter was für Bedingungen wir in Wirklichkeit arbeiten müssen! Da wartest du tagelang auf Untersuchungsergebnisse. Jede einzelne Person mußt Du beim Einwohnermeldeamt der Stadt abfragen, weil unsere eigenen Daten auf dem Stand von vor drei Jahren sind und vieles gar nicht erfaßt ist. Die Rechtsmedizin von Professor Fleischmann ist ständig überlastet…“

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„Es gibt eben in der Realität keinen Quincy, der die Fälle quasi als Doktor im Alleingang löst“, fügte Böde hinzu. „Die Leute bekommen durch solche Serien einen völlig falschen Eindruck von unserer Arbeit. Denn die besteht doch zu 90% aus Befragungen und unseren Schlußfolgerungen daraus.“

„Geduld ist des Schutzmannes Zier!“ zitierte Petermann einen alten dicken Polizisten aus seiner eigenen Anfängerzeit vor über 30 Jahren.

„Ja, und die Geduld braucht man auch.“

Im kriminaltechnischen Labor polterte Kommissar Petermann recht unfreundlich herum. Seit Tagen wartete er auf das Untersuchungsergebnis für den grauen Overall und die Tablette, die er aus der Villa mitgenommen hatte. „Wenn ich die Pille irgendeinem Apotheker gezeigt hätte, dann hätte der mir sagen können, was das ist. Ich bin ja eigentlich doof, daß ich die Euch hier gebe.“

Der Mann im weißen Kittel schob seine Brille von der Nase hoch auf die Stirn und hielt Petermann eine kleine Plastiktüte mit den Resten der Tablette unter die Nase: „Das war auch nicht so einfach.
Einmal wegen der Substanz an sich und dann schauen Sie sich doch hier mal um! Sehen Sie hier zwanzig Leute die wieselflink sich ausschließlich um Ihren Fall kümmern?
Nicht?
Ich auch nicht!
Die Leute bräuchte ich aber, um die Ergebnisse in einer halbwegs vertretbaren Zeit liefern zu können. Wir sind hier zu sechst, einer ist krank und Frau Schütterlin ist in Mutterschaft. Die Ersatzmitarbeiterin ist mir bewilligt worden, aber die hat ihre Stelle vor drei Wochen auch mit einer Krankmeldung angetreten. Können Sie mir mal sagen, wie wir zu viert das hier alles schaffen sollen?
Aber gut, ich habe Ihre Ergebnisse und jetzt wissen wir, was das für eine Tablette ist: Acepromazin. Alle unsere Analyseverfahren laufen so ab, das wir zuerst die gängigen Präparate und Substanzen abklopfen. Auf so was wäre ich gar nicht gekommen, Acepromazin.“

Petermann nahm das Tütchen und betrachtete die Pillenfragmente. „Und was ist das für ein Zeug?“

„Acepromazin ist ein Phenothiazinderivat“ sagte der Weißkittel und Petermann gab ein brummendes Geräusch von sich, das so bedrohlich klang, daß der Weißkittel sofort hinzufügte: „Ein Neuroleptikum ist das.“

„Also irgendwas, was müde macht?“

„Ja, aber für Tiere.“

„Wie? Für Tiere?“

„Na ja, das gibt man Hunden, Katzen und Pferden, etwa um sie auf eine Behandlung vorzubereiten, damit sie leicht vorsediert sind.“

„Und wirkt das auch bei Menschen?“

„So gesehen ist der Mensch auch nur ein Säugetier. Früher gab’s das auch mal für Menschen, da ist man aber von abgekommen. Heute, wie gesagt, wird es nur noch in der Veterinärmedizin eingesetzt.“

„Und was macht das beim Menschen?“

„Es hat, wie ich schon ausführte, eine sedierende Wirkung auf das Zentralnervensystem. Das führt zu Beruhigung und Muskelentspannung. Man nimmt alles nicht mehr richtig wahr, ist wie in Trance und leicht benebelt. Sagen wir es mal so: In schwacher Konzentration, und eine solche Pille ist eine schwache Dosierung, haut es niemanden um. Man wird zwar etwas schläfrig, nimmt alles nur noch wie durch einen Wattevorhang wahr, aber man bleibt ansprechbar, kann reagieren, tut dies aber verlangsamt, so wie eine Aufziehpuppe, bei der der Aufziehmechanismus schon fast abgelaufen ist, wenn Sie verstehen was ich meine.“

„Warum nimmt jemand so etwas? Ich meine, es gibt doch genügend Mittel, die extra für den Menschen gemacht sind.“

„Das weiß ich auch nicht. Wenn man Ahnung davon hat, dann könnte man es nehmen, weil man davon jemandem fast beliebig viel geben kann, der fällt trotzdem nicht ins Koma. Die letale Wirkung wird auch erst erreicht, wenn jemand eine halbe Dose davon gefuttert hat. Das ideale Mittel also um jemanden dauernd in einer gefügigen Umnebelung zu halten. Bei Tieren nimmt man es zum Beispiel um aggressive und widerspenstige Tiere gefügiger zu machen.“

„Also das perfekte Mittel, um sich eine Sexsklavin zu halten?“

„Wenn Sie so wollen, ja. Wenn man dazu noch andere Mittel einsetzen will, dann braucht man von diesen Hypnotika und Anästhetika auch nur ganz geringe Mengen um jemanden weg zu spritzen.“

„So ein kleiner Stich in den Hals mit was anderem würde also schon reichen?“

„Ha, das ist nicht so einfach. Die Vene will am Hals ja auch erst mal getroffen sein. Das ist eine der schlechtesten Möglichkeiten, um jemandem auf die Schnelle mal was zu verabreichen, da sucht sich jeder Arzt lieber andere Zugänge. Gut, ein erfahrener Anästhesist, der sieht das anders, der kann innerhalb von einer halben Minute oder so auch dort einen Zugang legen.“

„Wenn also jemand dauernd mit diesem, na, wie heißt es gleich?…“

„Acepromazin? Meinen Sie das?“

„Genau! Wenn also jemand dauernd, sagen wir über Wochen und Monate unter Acepromazin gehalten wird, dann braucht man aber nur eine recht geringe Menge eines anderen Mittels, spritzt es in den Hals, und der betroffene Mensch fällt um?“

„Schwer vorstellbar. Aber wissen Sie, als Humanmediziner sieht man das natürlich mit anderen Augen, als ein Kriminalist oder gar ein Täter. Ein Täter wird sich nicht an Dosierungsempfehlungen halten und so. Midazolam oder Propofol wirken recht schnell. Auch wenn man die Halsvene nicht direkt trifft, es entfaltet auch im Gewebe seine Wirkung, etwas langsamer natürlich, aber es funktioniert. Tja, und wenn dann jemand sowieso unter Acepromazin steht, könnte es sicherlich auch die Wirkung haben, daß die Injektion jemanden recht schnell zu Fall bringt.“

Petermann rieb sich mit der rechten Hand seine Bartstoppeln und überlegte. Nathalie war also die ganze Zeit mit einem Mittel für Hunde gefügig gemacht worden und deshalb hatte die Injektion der alten Frau von der Tratow auch so schnell gewirkt. Von diesen Spritzen hatte die Alte ja mehrere bei sich.
Das bedeutete, daß man ganz gezielt die junge Frau unter Drogen gehalten hatte und trotzdem noch jederzeit darauf vorbereitet war, sie direkt bewußtlos zu spritzen, wenn es erforderlich wurde.

„Ein Betäubungsmittel für Hunde…“ sagte Petermann staunend mehr zu sich selbst als zu dem Mediziner und hielt sich die kleine Tüte nochmals vor die Augen.

„Na ja“, sagte der Mann vom Kriminallabor: „Eher für Pferde noch. Das Zeug gibt es in Kilogrammdosen extra für die Behandlung von Pferden.“

„Und was ist mit dem Overall und den übrigen DNS-Spuren?“ wechselte Petermann das Thema und legte die Tüte auf den Labortisch zurück.

„Der Overall besteht zu 80 % aus Baumwolle und zu…“

„Bitte!“ unterbrach Petermann den Mann und der verstand sofort, daß der Kriminalhauptkommissar nicht die nebensächlichen Fakten hören wollte.

„Okay, der Overall, der ja inzwischen wieder abgeholt worden ist und von dem wir hier nur noch ein Stück aus der Gesäßtasche haben, wurde eindeutig vom Opfer getragen, er entspricht haargenau dem Overall, den Roland Brockhagen zum Todeszeitpunkt getragen hat. Die DNS ist bei beiden Kleidungsstücken identisch. Es sind auch Spuren von der anderen Person, dieser Nathalie Brockhagen an dem Kleidungsstück zu finden gewesen.“

„Gut, das habe ich so erwartet. Roland und seine Schwester Nathalie waren ja auch zum Tatzeitpunkt zusammen.“

„Ja schon, aber hier handelt es sich ja um den Overall, den das Opfer zum Tatzeitpunkt nicht getragen hat, die beiden Personen waren also auch da zusammen, als der Mann den Overall bei anderer Gelegenheit getragen hat. Aber das ist in meinen Augen gar nicht so wichtig.“

„Was ist denn in Ihren Augen wichtiger?“

„Na ja, wenn Sie sagen, daß es sich bei diesen beiden Personen um das Opfer Roland Brockhagen handelt und um seine Schwester, dann muß ich Ihnen sagen, daß Nathalie Brockhagen auf gar keinen Fall die Schwester von Roland Brockhagen ist. Das ist nach Auswertung der genetischen Spuren absolut ausgeschlossen!“


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 11 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 26. Mai 2012 | Revision: 30. Mai 2012

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KOMMENTARÜBERTRAGUNG
12 Jahre zuvor

1. Jemand, der sich Sascha nennt, schaufelte sich sein eigenes Grab und schrieb am 26.05.12 um 11:25 Uhr folgendes: Sag ‚mal, Tom, wird der Folgenzähler hier noch dreistellig, bevor wir wieder mit dem Nägelkauen aufhören können? 2 Jemand, der sich ck nennt, schaufelte sich sein eigenes Grab und schrieb am 26.05.12 um 11:27 Uhr folgendes: Langsam wird’s langweilig… 3 Jemand, der sich Matti12 nennt, schaufelte sich sein eigenes Grab und schrieb am 26.05.12 um 11:27 Uhr folgendes: Na endlich – vielen Dank! Aber mach gleich weiter mit schreiben – ich halte es kaum noch aus. Gruß, Matti 4 Jemand, der sich turtle of doom nennt, schaufelte sich sein eigenes Grab und schrieb am 26.05.12 um 11:28 Uhr folgendes: Tom delektiert sich an unseren Kommentaren, hat einen Heidenspass, diese in die Geschichte einzubauen und wir hääängeeeeen wohl wieder das ganze Wochenende an dieser Klippe rum! Letzthin ist jemand mit Insektenspay neben mir mitgehangen. Es hilft gut gegen die Mücken in dieser Vorsommerhitze, aber jetzt ist die Kleinfamilie Gletscherflöhe auch hin… Von was sollen wir da leben,… Weiterlesen »




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