Geschichten

Die Fee der Nacht -38-

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Der Journalist schloß die Augen, er wußte, daß man sich dann besser auf das Gesprochene konzentrieren konnte und das was er hörte, ließ vieles von dem was Petermann ihm erzählt hatte und was sie bei Frau von der Tratow erfahren hatten, in einem ganz anderen Licht erscheinen.

Nathalie stand offenbar nicht nur so da und schwieg, wie Petermann es ihm berichtet hatte, denn er konnte ihre Stimme, wenn auch nur sehr leise, deutlich hören.
„Ihr habt versagt, ihr habt auf der ganzen Linie versagt. Ist doch kein Wunder, daß dieser Petermann uns auf den Fersen ist, so dumm wie sich alle angestellt haben. Wie viele falsche Fährten muß ich denn noch legen, damit wir diesen penetranten Kerl los werden?“

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„Du kannst nicht ewig die Benebelte spielen“, ließ sich die Stimme von Mimi Brockhagen vernehmen. Nathalie antwortete: „Wieso? Das hat doch bisher ganz gut funktioniert. Offiziell glauben die, Roland und ich seien verheiratet, das hat doch schon mal gut geklappt; und dann hat der Arme sich umgebracht.“

„Das glaubt zumindest dieser Kommissar ja schon lange nicht mehr“, wandte nun Ex-Minister Brockhagen ein.

„Ja und? Der läuft doch ins Leere, der muß erst einmal beweisen können, daß Roland sich nicht selbst umgebracht hat.“ Nathalies Stimme klang ganz und gar nicht sanft und feenhaft, als sie das sagte, sondern eher herrisch und bestimmend.

Brockhagen schimpfte etwas leiser, er stand wohl ein bißchen weiter weg: „Wir hätten meinem Plan folgen sollen und Ignaz die Leiche verschwinden lassen sollen, so wie all die anderen. Aber Du mußtest ja diese aberwitzige Nummer mit dem Bestatter da abziehen.“

„Was soll’s?“ sagte Nathalie: „Es hat doch bislang alles wunderbar geklappt. Keiner ist uns drauf gekommen und unsere Ablenkungsmanöver funktionieren doch.“

„Was funktioniert denn da?“ Brockhagen war lauter geworden. „Du hast Dir eingebildet, daß Du nur ein bißchen irre in die Gegend starren mußt und ein paar mal theatralisch in Ohnmacht fallen mußt und schon nimmt Dir jeder die durchgeknallte Witwe ab? Wenn Ignaz die Leiche entsorgt hätte, wäre niemals die Polizei in die Villa gekommen. Das mit dem Bestatter war ein Fehler!“

„Schweig!“ herrschte Nathalie Brockhagen an. „Was weißt Du denn? Du bist der Idiot der uns nach außen hin verkörpert. Wenn die Loge nicht einen Mann bräuchte, der sie unter den Eingeweihten verkörpert, dann bräuchten wir Dich überhaupt nicht. Als Roland tot da lag, gab es nur zwei Wege. Entweder Ignaz beseitigt ihn oder wir stellen es als Selbstmord hin. Aber wie hättest Du den anderen Eingeweihten denn das bloße Verschwinden von Roland erklären wollen? Sag mir das mal!
Das hättest Du nämlich nicht gekonnt und die Leute hätten Dich mit Recht gefragt, wofür wir all die Jahre gekämpft haben und wofür sie all die Jahre das viele Geld bezahlt haben. Du warst es doch, der Roland als den idealen Kandidaten angepriesen hat.“

„Ja und?“ wehrte sich Brockhagen: „Jetzt ist er so oder so weg. Hast Du dafür eine Lösung?“

„Ach, halte doch den Mund! Wir hatten wieviele Kandidaten? Sechs, acht oder wie viele waren es? Keine von ihnen war geeignet und alle haben wir sie verschwinden lassen. Das hat niemanden gestört, weil Du den Eingeweihten immer gesagt hast, diese Kerle hätten nichts getaugt, seien nicht geeignet oder sonst was. Aber bei Roland war das anders. Ihn und mich hast Du als das wahre und ideale Paar im Tempel den Eingeweihten präsentiert. Auf Roland richteten sich alle ihre Hoffnungen und sie sahen ihre Wünsche endlich erfüllt. So kurz waren wir vor dem Erfolg.
Daß Roland jetzt weg ist, das stört nicht weiter, wir werden einen anderen aufbauen und die Eingeweihten werden auch den Neuen akzeptieren. Solange ich als Trägerin da bin, werden die alles tun. Nur einfach Roland verschwinden lassen, das hätten die uns nicht so ohne weiteres abgekauft.“

Mimi Brockhagen begann zu sprechen: „Vielleicht wäre es aber einfacher gewesen, die Eingeweihten vom Verschwinden Rolands zu überzeugen als jetzt das ganze Theater mit der Polizei…“

„Ach, was wißt ihr denn? Es läuft doch alles wunderbar! Was weiß die Polizei denn schon? Die haben den Keller entdeckt, damit habe ich nicht gerechnet, das gebe ich zu. Aber da hätte man sich damit rausreden können, daß wir von dem geheimen Zugang nichts gewußt hätten oder so. Erst weil ihr Hals über Kopf abgehauen seid, sind die doch hinter uns her. Aber gut, daß ich da schon vorgesorgt hatte. Der Keller war clean, sozusagen klinisch rein.
Oder war es etwa keine gute Entscheidung, die anderen Kandidaten zum Tempel zu bringen? Stellt Euch vor, die Polizei hätte sie im Keller gefunden.“

Brockhagen sprach wieder in das Funkgerät: „Hallo Ignaz, bitte kommen!“
Es folgte ein sekundenlanges Rauschen, dann sagte Brockhagen: „Ich sage es euch nochmals, da stimmt was nicht. Ihr kennt Ignaz und wenn der sich nicht meldet, dann ist da irgendwas passiert.“

Die Stimmen wurden leiser und Joswig konnte nichts mehr verstehen. Die drei Personen, mehr waren offensichtlich nicht im Haus, denn weitere Stimmen hatte er nicht gehört, hatten sich weiter in Innere des Hauses begeben. Es wurde noch eine Weile gesprochen, dann war es auf einmal still.
Der Journalist gab dem Kommissar, der die Leiter hielt, ein Zeichen und stieg langsam herab.

Unten angekommen packte er Petermann am Ärmel und schob ihn um die Ecke des Hauses. Dort berichtete er ihm aufgeregt, was er soeben alles gehört hatte.
Joswig war mit seinem Bericht noch nicht ganz zu Ende, da quietsche das Garagentor um die Ecke und gleichzeitig rollte das große Tor vorne am Eingang elektrisch zur Seite. Ein kurzes Aufheulen des schweren Motors, das Aufflammen der Scheinwerfer und ehe Joswig und Petermann verstanden hatten, was da passierte, war der schwere Landrover losgefahren. Petermann war aufgesprungen und sah, daß in dem davonbrausenden Wagen drei Personen saßen.

„Los, hinterher!“ rief Joswig und wollte los sprinten.

Petermann hielt ihn an seiner Jacke fest: „Immer langsam, immer mit der Ruhe! Die wissen sowieso, daß wir hier sind. Wenn die das nicht kapiert hätten, nachdem wir Ignaz ausgeschaltet haben, wären die jetzt nicht abgehauen. Die sind zwar ganz schön nervös geworden, nachdem wir ihnen immer mehr auf die Schliche gekommen waren, aber hier schienen sie sich doch sicher zu fühlen. Wenn die jetzt so Hals über Kopf abhauen, dann weiß ich auch, wo die hin fahren.“

„Wieso das denn? Woher willst Du das denn wissen?“

„Die haben können nur zu einem Ort fahren.“

„Und zu welchem?“

„Zu ihrem Tempel!“

„und Du weißt wo der ist?“

„Na klar, der lag die ganze Zeit direkt vor unseren Augen, wir sind bloß nicht drauf gekommen. Komm!“

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