Hi TOM,
im schönen Bayern ist Frau X relativ jung ledig und kinderlos gestorben. Frau X hatte ihre zuvor gestorbenen Eltern in einer Urnenniesche für ZWEI Urnen bestatten lassen. Nun wurde Frau X von ihren Angehörigen angeblich auch in dieser Urnenniesche bestattet, die relativ klein ist – mehr als zwei Aschekapseln gehen da sicher nicht rein… Wie könnte das gelaufen sein ? Aschen „zusammenschütten“ darf man ja in D nicht (oder doch…) – oder könnte heimlich still und leise ein Elternteil, dessen Ruhezeit bereits abgelaufen war (gest. Anfang 90er…) „entsorgt“ worden sein…??? Wie könnte das in der Praxis gehen: Drei Aschekapseln auf zwei Plätzen…?
Die Antworten hast Du im Grunde ja selbst schon gegeben.
Wenn in einer Nische nur Platz für zwei Urnen ist und nun eine dritte dazu soll, dann muß eine der bereits vorhandenen raus.
Umfüllen und Zusammenschütten ist nach den Bestattungsgesetzen nicht vorgesehen.
Es gibt aber zum Beispiel solche Lösungen, daß in einem Kolumbarium dann ausnahmsweise eine zweite Urne in eine Einzelkammer mit eingestellt werden konnte, wenn diese zweite Urne den Ehepartner enthält und dieser innerhalb von drei Jahren nach dem zuerst Beigesetzten verstirbt.
Ich habe gesehen, daß dann die Schmuckurnen, also die Überurnen entfernt werden müssen, weil von den Aschekapseln genau zwei in die Nischen passen, nicht jedoch wenn eine Überurne darum ist.
Man sieht, es gibt lokal die unterschiedlichsten Lösungen, sogar das nachträgliche Verstreuen der Asche ist mancherorts auf einer Verstreuwiese des Friedhofs möglich.
Wenn aber in diesem konkreten Fall die Beisetzung Anfang der 90er Jahre erfolgt ist, spricht vieles dafür, daß die Mindestruhezeit möglicherweise schon abgelaufen ist.
Dann wäre es durchaus korrekt und möglich, diese „abgelaufene“ Urne zu entnehmen und der endgültigen Lagerung zuzuführen.
Was mit solchen abgelaufenen Urnen geschieht, ist örtlich so unterschiedlich, daß man hier jeweils nur spekulieren kann.
Hier wird auf einem Friedhof alle zwei Jahre an einer abgelegenen Stelle eine Grube ausgehoben, in der massenweise solche Urnen „endgelagert“ werden.
In der nächsten Stadt wird die Asche in eine Grube gegeben und die Aschengefäße werden entsorgt.
Andere Kommunen stellen die Urnen in irgendwelche Keller oder Gewölbe.
Das Spiel ist aber immer wieder dasselbe: Auch auf dem Friedhof muß für die Nachkömmlinge irgendwann Platz gemacht werden.
Gräber für die Ewigkeit gibt es in Deutschland nur höchst selten (jüdische Friedhöfe etc.) obwohl das natürlich, wie wir es aus amerikanischen Filmen vielleicht kennen, etwas Besonderes hat, weil viele dieser alten Friedhöfe mit längst nicht mehr besuchten Gräber etwas Wildromantisches haben.
Auf der anderen Seite sind solche Gräber oft aber auch nur dann möglich, wenn man von vornherein auf eine individuell geschmückte Grabanlage verzichtet, da die Pflege des Friedhofs pauschal mit dem Rasenmähertraktor der Verwaltung geschieht.
Aber ich schwoff so ab und schwenke wieder ein:
Wie gesagt, wenn in der Nische nur Platz für zwei ist und nun eine dritte Urne dazu kommt, muß eine vorher rausgenommen worden sein oder man hat es irgendwie fertig gebracht, die ganz eng zu stopfen.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Vom rein technischen Aspekt benötigen Urnen doch ohnehin keine Mindestruhezeit – oder täusche ich mich? Schließlich verwest und vergeht da nichts mehr, es ist alles schon Asche…
Vollkommen richtig.
Aber vom psychologischen und marktwirtschaftlichen Aspekt ist es ja durchaus sinnvoll. Ein Friedhof kann ja auch nicht nur von Luft und Fürbitten Leben und viele Angehörige brauchen Ihre Anlaufstelle.
Außerdem sollte man ja auch der Aschekapsel und Schmuckurne die Chance geben sich zu zersetzen.
Einige Friedhöfe haben jedoch für Urnen eine kürzere Ruhefrist als für Särge, glaube ich.
Vielen Dank für diesen Artikel, ich hatte mich schon seit längerer Zeit gefragt was mit „abgelaufenen“ Urnen passiert. Überhaupt möchte ich mal in dieser Stelle ein Lob loswerden: durch diesen WebBloc wurden mir schon viele Fragen beantwortet, die ich sonst niemanden stellen konnte. Man weiß ja, wie das ist – die Leute weichen entweder aus oder man bekommt nur Horrorstories und Mythen erzählt, aber hier wird so sachlich und unverkrampft mit einem wichtigen Thema umgegangen und das finde ich sehr gut.
@DerNarr: Dem kann ich nur zustimmen.
Zitat: „Einige Friedhöfe haben jedoch für Urnen eine kürzere Ruhefrist als für Särge, glaube ich.“
Yep. Bei unserem „Süd“ ist das auch so: Särge 30 Jahre (bei Kindern nur 15 Jahre) und Urnen 20 Jahre.
Dreißig Jahre für Erdbestattungen finde ich relativ viel. Klar gibt es da Unterschiede, aber meist höre ich von 20 bis 25 Jahren. Meine Großmutter hatte die Gräber ihrer Eltern auf einem Dorffriedhof für 20 Jahre gekauft (gepachtet?), und dann nochmal um 20 Jahre verlängert. Die Friedhofsverwaltung hat die Gräber dann trotzdem eigenmächtig ein paar Jahre vorher entfernt, was aber meine Eltern (meine Großmutter lebte da schon lange nicht mehr) dann auch nicht mehr so sehr gestört hat – eine Pflicht weniger. 40 Jahre ist eine sehr lange Zeit, ein Grab zu pflegen.
Hi TOM,
herzlichen Dank für die ausführliche Auskunft – Standardruhezeit ist in diesem Friedhof für Urnen 10 Jahre, mit Verlängerungsmöglichkeit. Fazit: Es wurde „zusammengerückt“ (was lt. örtlicher Satzung eigentlich nicht geht…) oder das erstverstorbene Elternteil „umgesiedelt“. Die Familie behauptet uns Freunden gegenüber, dass Frau X „an der Seite ihrer Eltern ruht“ – was auch immer ihr Wunsch war…
Und jetzt lass Dir den Kaffee schmecken, TOM 🙂