Mit diesen Worten von Frau Seipel hatte ich nicht gerechnet. So sollte also das Krematorium Martin wieder auf ein normales Gewicht bringen, ziemlich makaber.
Gesund sei er gewesen, als Kind bei allen Ärzten gewesen, keiner habe was gefunden. Nur später dann, Wasser in den Beinen, Ödeme an Bauch und Rücken, eiternde Geschwüre in den Bauchfalten, Durchblutungsstörungen, Atemnot, Kreislaufprobleme und natürlich eine heftige Zuckererkrankung, die einfach ignoriert worden war…
Bitter. Manchmal keimte in mir Zorn auf. Ich hätte der Frau so gerne die Meinung gesagt. Mir taten sie und ihr verstorbener Sohn so leid. Was haben die beiden weggeworfen, was haben sie verpaßt, wie haben sie sich zu Sklaven der Kalorien machen lassen…
Auf der anderen Seite war sehr deutlich zu spüren, daß die Frau Martin liebte und ich fand, daß ich einfach nur meinen Job zu machen hatte und mir, wenn überhaupt, nur ein persönliches und stillschweigendes Urteil zustand.
„Geht nicht, watt denkt Ihr eigentlich? Wo sollen wer denn so’ne Tür hernehm‘? Hä, und wollt Ihr uns den Ofen abfackeln?“, sagt der Mann vom Krematorium, den Sandy immer die Qualle nannte.
Schmatzend saugte er an seiner nassen Zigarre und wischte sich zum wiederholten Male die feuchten Hände am Hosenboden ab. Ganz unverhohlen ließ er immer wieder seine Blicke über Sandys Figur gleiten und schnalzte dann vielsagend mit der Zunge. „Na, hübsche Lady, watt mach’n wir denn heute Abend, hä?“
„Sag mal, hast Du Steine im Kopf, Du Geschwür?“, war ihre liebenswürdige Absage, und dann ließ sie ihrerseits ihre Blicke über die Figur der Qualle schweifen und meinte: „Hoffentlich willst Du eines Tages nicht auch mal eingeäschert werden.“
„Na, wer weiß? Vielleicht laß ich mich sogar von Dir beerdigen, hübsches Mädchen.“
Sandy ließ ihr Zippo-Feuerzeug ein paar Mal gelangweilt auf und zu schnappen und meinte: „Also, das mit der Einäscherung kannste meinetwegen gleich haben, hier und jetzt.“
Der Dicke lachte meckernd, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, zog seine Überbauchhose noch etwas höher, ließ die speckigen Hosenträger schnalzen und entgegnete: „Siehste, ich gefall‘ Dir, eines Tages wirste nochma‘ betteln, um mit mir wegzugehen.“
Ich verfolgte den Dialog mit Vergnügen, die beiden lieferten sich immer solche Gespräche. Ich stellte mir den dicken Schwabbelmann vor, wie er in Unterhosen vor dem Spiegel stand, sich den Bauch rieb, mit der Zunge schnalzte und zu seinem Spiegelbild schmatzend sagte: „Geiler Junge, Du!“
Das sachliche Ergebnis unserer Vorsprache beim Krematorium der Stadt war aber ernüchternd, auch wenn es vom Quallenmann etwas unorthodox vorgetragen worden war. Martin Seipel war für dieses Krematorium einfach zu dick.
In den Ofen hätte man ihn mit viel Wenn und Aber vielleicht hineinbekommen, aber der Brennwert dieser Menge an Fett wäre zu hoch gewesen für die damals überalterte Ofenanlage.
Doch ein paar Anrufe später war ich dann im Büro doch zu einem Ergebnis gekommen. Ein privates Krematorium, fast 200 km entfernt, hatte keine Probleme damit, diesen Auftrag anzunehmen.
„Wir haben eine ganz neue Anlage und auch wenn es schlimm klingt, wir haben die Ofeneinstellung ‚fette Leiche'“, sagte der Betreiber. „Das kommt ja jetzt immer mehr auf uns zu, und da muß man gewappnet sein.“
Na also.
Um uns und dem armen Dicken unnötige Transporte zu ersparen, hatte ich Frau Seipel dazu gedrängt, die Trauerfeier in unserer Trauerhalle zu machen. Wir versorgten Martin auf den Europaletten so gut es ging. Viel Zeit durften wir insgesamt auch nicht vergehen lassen, da die Witterung eine längere Aufbewahrung dieses dicken Menschen nicht erlaubt hätte. Alle Mann runter in den Keller und dann kam der große Akt. Mit Gurten und vielen Händen schafften wir es, Martin in den Sarg zu legen. Wir bedeckten ihn mit Tüchern, denn an ein Ankleiden war nicht zu denken. Frau Seipel besaß schlicht und ergreifend keine Kleidung, die ihrem Sohn gepasst hätte. Einzig ein grün-bunter Umhang war noch da, aus allem anderen war der Mann längst entwachsen. Meistens hatte er, nur mit Laken bedeckt, nackt im Bett gelegen.
Manni, Sandy und ein Fahrer wollten gerade den Deckel auflegen, da rief ich: „Halt!“ In meinem Büro gab es noch etwas, das ich Martin in den Sarg legen wollte, der kleine Teddy von seinem Bett.
Erst als er den in seiner rechten Hand hielt, war ich zufrieden.
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*schnief* Also dieser Teddy macht mich jedesmal wieder fertig.
…“die Ofeneinstellung ‘fette Leiche'“…
Ironie an:
Wenn das mal nicht Öl auf den Mühlen einiger Veganer sein dürfte..;o))
Ironie aus.
Ist einfach ein schwieriges Thema, ob „die Dicken“ jetzt noch leben oder gegangen sind;
in ganz vielen Bereichen gibt es da Probleme – siehe auch „lange“ Menschen.
Da bin ich doch froh, dass ich einfach nur ein bisschen zu kurz geraten bin.
@Leo:
Veganer werden kompostiert 🙂
@Omnivore:
Du meinst so:
http://www.wissenschaft.de/technik-kommunikation/technik/-/journal_content/56/12054/1202751/Schnell-Kompostierung-von-Leichen-durch-Gefriertrocknen/
@Omnivore:
MUHAHA!!!
@Omnivore:
Du meinst so etwa:
http://www.wissenschaft.de/technik-kommunikation/technik/-/journal_content/56/12054/1202751/Schnell-Kompostierung-von-Leichen-durch-Gefriertrocknen/
@Leo:
Na, wenn man es so sieht, dann bin ich für mein Gewicht auch wesentlich zu klein. Allerdings wäre ich mit einem 1/2 ben Meter mehr knapp 2,40m groß. 😉
Ja, mich auch *schnief*
„Geiler Junge, Du!“
Peter, du machst mich fertig 😀 Kann man Tastaturen in die Spülmaschine stellen?
@Dieselalge:
Ja, kann man. Muss man dann nur entsprechend lange trocknen lassen!
Pfrrrstgrrrgnihihihipruuuscht.
Das Duell zwischen dem quallenartigen Schleimwesen und der Amerikanerin stellte ich mir bildlich vor… wer zuletzt grinst, hat gewonnen.
Pruuuust…mein Kopfkino….betr. den Dialog mit der Qualle…