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Frau Mossel 2

Fehler durch Lektorin Alexandra bereinigt.

Frau Mossel ist tatsächlich gekommen, diesmal nicht im Küchenkittel, und hat den guten Anzug für ihren Gustav mitgebracht.
Herr Huber hatte dem Verstorbenen schon weiße Feinripp-Unterwäsche angezogen und Frau Mossel machte sich auch keine Gedanken, wo wir diese Sachen her hatten.

Manchmal, wenn wir einen Verstorbenen von einem Krankenhaus abholen, vor allem wenn das außerhalb ist, legen die von der Station einen Beutel mit den letzten Habseligkeiten bei. Oft winken die Angehörigen dann ab und wollen diese Sachen nicht. Das Meiste ist unbrauchbar und wird entsorgt, aber Huber hat immer ein Auge auf saubere, zusammengelegte Unterwäsche. Da denken nämlich viele Angehörige nicht dran, wenn sie wünschen, daß ihr Verstorbener einen Anzug anbekommt, und vergessen dann die Socken und die Unterwäsche. Nicht zu vergessen die armen Teufel, die wir manchmal haben.

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„Schminken müssen Sie den Gustav nicht, der sah vorher auch nicht anders aus“, sagte Frau Mossel zu Huber, gab ihrem Mann einen kleinen, ganz leichten Klaps auf die Wange und meinte: „Nicht wahr, Gustav, so ist es doch?“

Aus ganz verständlichen Gründen, vielleicht aber auch weil er es so gewöhnt ist, verzichtete der Angesprochene auf jegliche Reaktion und beschränkte sich aufs Totsein. Seine Frau hingegen plapperte munter drauflos, zeigte keine große Niedergeschlagenheit oder tränenreiche Trauer, zu sehr war sie damit beschäftigt, ihren Gustav herzurichten, so wie eine Mutter ihren Zwölfjährigen herrichtet und ihm beim Packen hilft, wenn der ins Landschulheim fährt.

„Und jetzt läßt Du Dein Mündchen aber auch schön zu!“ kommandierte sie, griff sich den Kamm und korrigierte was Huber da zurechtgekämmt hatte. „Er trug den Scheitel rechts, wissen Sie, so wie damals dieser Hitler. Die meisten Männer haben dann ja immer alle links den Scheitel getragen, aber Gustav hat da rechts so einen kleinen Wirbel, bei dem ging das nicht anders.“

Erst als Gustav perfekt im Sarg lag, war Frau Mossel zufrieden und freute sich, daß er so schön aussah.
„Können Sie mal eben weggucken?“ befahl sie mehr als sie fragte und Huber drehte sich brav zur Seite. Trotzdem schielte er rüber und sah, wie sie ihrem Mann erst einmal zärtlich über die Wange streichelte und ihm dann einen flüchtigen Kuss auf die Stirn gab.

„Tschüß, mein alter Brummbär.“

Ja, und dann waren da doch ein paar Tränen in ihren Augen und das zerknüllte, kleine, weiße Taschentuch kam zum Einsatz.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.


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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 10. Juli 2008 | Revision: 6. März 2016

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SmackThePony
16 Jahre zuvor

@Undertaker: Ob Du Sie mit Ihm: http://www.bestatterweblog.de/archives/Herr-Plietsch/697 zusammenbringen könntest? So beiläufig. Ich glaub da würden sich zwei finden.

16 Jahre zuvor

„Aus ganz verständlichen Gründen, vielleicht aber auch weil er es so gewöhnt ist, verzichtete der Angesprochene auf jegliche Reaktion und beschränkte sich aufs Totsein.“

Sehr schön geschrieben :)))

16 Jahre zuvor

Ich find die Frau richtig knuffig. 🙂

16 Jahre zuvor

Mit Leichen könnte ich wahrscheinlich gut umgehen in dem Job. Aber abschiednehmende Zurückgebliebene würden mir täglich das Herz zerreißen…

Shefox
16 Jahre zuvor

Ach, ist das lieb. Wenn ich mal gehe, möchte ich von meinem Mann auch so verabschiedet werden. Oder so stark sein, mich so von ihm zu verabschieden….

Gruss
S.

Yvonne
16 Jahre zuvor

schön geschrieben *schnief* *Taschentuch such*

Ines
16 Jahre zuvor

Uff, der letzte Absatz (mit dem alten Brummbären) ist rührselig. Und das zum frühen Morgen! 🙂

buchstaeblich
16 Jahre zuvor

Die Sache mit der Unterwäsche erinnert mich an einen meiner Versprecher der letzten Tage, an dem das Betatterweblog nicht ganz unschuldig ist, hatte ich doch kurz zuvor wieder hier gestöbert:

Ich wollte einer launigen Runde etwas über jemanden erzählen, der seine berufliche Laufbahn als Herrenausstatter begonnen hatte. Und was schlüpft aus meinem Munde, an der freiwilligen Rhetorik-Selbstkontrolle vorbei:
„Also, angefangen hat der mal als Herrenbestatter…“

Die Runde brüllte vor Lachen, ich war der Pudel, aber Sie beweisen mir gerade, dass Bestatter manchmal auch als Ausstatter unterwegs sind.

TLT
16 Jahre zuvor

Wohl dem, der jemanden hat, der bis zum bitteren Ende bei ihm ist.

16 Jahre zuvor

Ganz genau so, nur mit anderen Worten habe ich damals von meinem Papa Abschied genommen.
Ich kann die Frau total verstehen und mich grad nicht entscheiden ob ich weine weil es so traurig ist oder ob ich schmunzeln soll weil es ihr genauso ging wie mir 😉




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