Frag doch den Undertaker

Geht ein Bestatter völlig emotionslos an seine Arbeit?

Geht ein Bestatter völlig emotionslos an seine Arbeit oder berührt es diesen auch nach jahrelanger Berufserfahrung noch, wenn er einen jungen Menschen bestatten muss?

Angesichts des Todes kehrt wohl in den meisten Menschen Nachdenklichkeit und Innehalten ein. Man wird sich der eigenen Vergänglichkeit bewußt, empfindet auch Mitleid mit den (jung) verstorbenen Menschen und teilt die Trauer der Angehörigen.
Die Schicksale, die man als Bestatter sowohl bei den Verstorbenen, als auch bei den Lebenden erfährt, berühren und bewegen einen.

Die Bestatter sind nicht alle gleich, sie stammen aus den unterschiedlichsten Schichten, Berufen und Gegenden. Jeder hat seinen eigenen Charakter.
Der eine ist eher so wie ich, und bewegt viele dieser Schicksale noch nach Jahren in seinem Herzen und erzählt sie dann irgendwann.
Wieder andere interessieren sich kaum für das, was sie erfahren.

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Aber bei fast allen Bestattern ist es wohl so, daß man die Schicksale nicht persönlich nehmen darf. Würde man all das Leid und die Trauer in sich bunkern und aufhäufen, so wäre die Seele irgendwann voll damit und man könnte das wahrscheinlich dann nicht mehr verkraften. So stellt sich gewöhnlich nach einer gewissen Zeit auch Routine ein und man sieht das Fachliche und Geschäftliche im Vordergrund. Und genau aus diesem Grund wenden sich die Menschen ja auch an einen Bestatter. Sie selbst sind aufgrund der Umstände zur Erledigung der notwendigen Schritte nicht in der Lage und erhoffen sich von einem Fachmann, daß dieser abgeklärt und fachlich versiert diese Aufgaben übernimmt.

Würde der Bestatter in einem Sterbefall nicht einen kühlen Kopf behalten, könnte er seine Arbeit nicht gut machen.

Aber selbstverständlich ist es so, daß die Anteilnahme und das persönliche Berührtsein auch etwas mit dem Alter und dem Bekanntheitsgrad der Verstorbenen zu tun hat. Junge Verstorbene berühren zumindest mich mehr als Menschen, die im hohen Alter, nach einem gelebten Leben sterben. Auch wenn man die Verstorbenen persönlich kannte, hat die Sache gleich eine ganz andere Bedeutung, als wenn man sich um Wildfremde kümmert.

Viele meinen, das hätte etwas mit Abstumpfung zu tun, aber ich glaube nicht, daß das das richtige Wort ist.
Durch den täglichen Umgang mit alledem kennt man eben nur zu gut, was es damit auf sich hat, geht als Profi unbefangener und unbelasteter an die Sache heran und kann so eine gewisse Distanz wahren, die ein direkt betroffener Angehöriger nicht hat.
Das fängt schon allein mit dem Umgang mit Verstorbenen an. Nach kurzer Zeit hat man sich als Bestatter an Anblick und Haptik gewöhnt, für viele Angehörige ist dieser eine Tote der erste überhaupt, den sie sehen oder betrauern.

Wer alle Eindrücke und Trauer in sich aufnimmt und mit sich herumträgt wie eine Last, der ist für den Beruf ebenso wenig geeignet, wie jemand, dem die Schicksale völlig gleichgültig sind.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 17. Juli 2014

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Knud
10 Jahre zuvor

Moin!

mitfühlen, nicht mitleiden…

Myanka
10 Jahre zuvor

Das erinnert mich an einen Film, den ich letzte Woche gesehen habe: After.Life
Eine junge Frau stirbt bei einem Autounfall, aber ihr Geist ist noch nicht bereit sich mit dem Tod abzufinden. Der Bestatter hat die Gabe mit den Toten reden zu können und ihren Geist zu sehen.

Mir hat gefallen, dass der Bestatter nicht emotionslos dargestellt wurde, sondern in einer gewissen Hassliebe mit seinen Toten dargestellt wird.

Hoffe, dass ist jetzt keine unerwünschte Werbung. Viel mir nur beim Lesen gerade wieder ein.

Hel
Reply to  Myanka
10 Jahre zuvor

Den Film habe ich auch gesehen, bin aber noch unschlüssig, ob die Frau wirklich tot war, oder nur vom Bestatter „tot gemacht“ wurde. Das kommt ja bis zum Schluss nicht ganz heraus und lässt mehrere Interpretationen zu.

Myanka
10 Jahre zuvor

Fiel, nicht viel natürlich!

Winnie
Reply to  Myanka
10 Jahre zuvor

Ja, schon viele fielen über die vielen Fallen der fallenden, deutschen Grammatik. 😉

Alwin
10 Jahre zuvor

> abgeklärt und fachlich versiert
> kühlen Kopf behalten
> etwas mit Abstumpfung zu tun

In meinem Beruf (Sozialarbeit) nennt man das „professionelle Distanz“, wobei ich den Vorteil habe, dass ich es fast nur mit Lebenden zu tun habe. Mit „fast“ meine ich, dass ich auch hin und wieder Klienten habe, die eben das Ableben eines Angehörigen oder Freundes nicht gut verkraftet haben, und so werde ich auch immer wieder mit dem Thema „Tod“ konfrontiert.

Ich glaube, dass man mit zunehmendem Alter der Sache nüchterner, sachlicher, gelassener gegenüber steht. Trotzdem schockiert es auch mich immer wieder, wenn ich Menschen Anfang oder Mitte 20 vor mir habe, die vor Selbstvorwürfen beinahe sterben möchten, weil ein Freund von ihnen sich umgebracht hat oder verunfallt ist, und die dadurch auf eine selbstzerstörerische Bahn geraten sind. Über solche Fälle denke ich oft noch lange nach, auch wenn sie nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fallen. Ich kenne einen guten Psychologen, zu dem ich solche Leute dann meistens schicke. Leider erfahre ich nur selten, wie es dann weiter ging.

Hel
10 Jahre zuvor

Ich bin Gesundheits- und Krankenpflegerin und da gehören Tod und sterben unvermeidbar zum Beruf dazu. Oft höre ich den Satz „Das könnte ich nicht“, auch wenn ich danach nicht gefragt habe. Viele unterstellen einem emotionale Kälte und stellen einen schon fast als Monster dar, weil wir nicht daran zerbrechen. Nun, natürlich fühle ich mit. Wir Krankenpfleger reden sehr viel über die Arbeit und die Patienten die uns bewegt haben. Wenn jemand stirbt und es z.B. Ein langer Leidensweg war, oder es ganz plötzlich geschah, oder wenn jemand eine furchtbare Diagnose gestellt bekommt, ist das immer Thema und es gibt selten jemanden der sich nicht mitfühlend zeigt. Ich lasse es mir auch nicht nehmen eine Träne zu vergießen und manches mal kann ich es auch nicht mehr mit ansehen (z.B. Als eine ältere Dame 2 (!) Wochen im Sterben lag, ständig ein schmerzverzerrtes Gesicht hatte und brodelte) Erst wenn ich gar keine Gefühle habe, dann kann man mich als Monster bezeichnen. Ich empfinde die Eigenschaft um jemanden zu weinen als positiv und befreiend und tue es… Weiterlesen »

chena
10 Jahre zuvor

Ich kann nur für mich sprechen, aber „das könnte ich nicht“ bedeutet nicht, dass ich den anderen für emotional zurückgeblieben halte. Im Gegenteil: Ich finde es bewundernswert, wenn jemand genug Stärke hat, sich selbst zu schützen.

Josef
10 Jahre zuvor

Hallo,
Ich habe diesen harten Beruf lange Jahre gemacht, ohne eine gewisse Abstumpfung hält man das nicht lange durch. Wenn man Leichen sieht die von einem Zug zermalmt worden sind, oder Wasserleichen die erst nach Wochen gefunden werden. Ich musste einmal für die Polizei einen Verstorbenen abholen, da konnte man von der Seite in den Brustkorb gucken! Der Gestank war sehr schlimm, selbst im leeren Leichenwagen roch es auf der Rückfahrt vom Friedhof noch. Das allerschlimmste waren aber die beiden Kinder, die erstochen worden sind, da habe ich eine Woche dran geknabbert, oder die junge Frau am Anfang meiner Tätigkeit, Suizid durch die Bahn, nur noch faustgroße Stücke!! Oder der erhängte im Wald, der zwanzig Jahre alte Mann mit dem Tumor im Kopf, gerade mal zwei Jahre älter wie ich, und so weiter…….
Liebe Grüße!

Bea
5 Jahre zuvor

Ich bin mal so frei und vergleiche den Beruf des Bestatters mit dem einer Pflegekraft. Es wäre fatal, jedes Schicksal mit zu leben und mit zu leiden.Dann wäre man binnen 4 Wochen ausgebrannt und ein psychisches Wrack. Ich arbeite ambulant und wenn ich die Wohnung eines sterbenden, schwerst leidenden, oder Verstorbenen verlasse, habe ich das soeben erlebte schon verpackt und mein nächster Kunde wird nichts davon bemerken. Es ist ja auch Teil meiner Verantwortung, dieses Leid und die Trauer nicht von einem Haus zum nächsten zu tragen und völlig unbeteiligte damit zu belasten. Natürlich gibt es immer mal wieder ein Schicksal, das mir besonders nah geht und wo ich auch dran zu knabbern habe, aber: Ich MUSS professionell bleiben. Andernfalls ist niemandem geholfen und im schlimmsten Fall auch noch ein Schaden entstanden. Das ist auch der Grund, dass ich ambulant unterwegs bin: Ich kann die Autofahrt zwischen zwei Kunden nutzen, um mich wieder zu erden. Ich kann Musik hören, singen, motzen und vielleicht auch mal ein Tränchen verdrücken und wenn ich dann beim nächsten Kunden… Weiterlesen »




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