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Gerolltes Geld I

Am späten Nachmittag schniefte sich Manni in die Firma, Sandy war happy, sie konnte gut Hilfe gebrauchen und wollte mich nicht nerven. Seit etlichen Tagen lümmeln sich nämlich oben im Gang so ein paar gelangweilte schwedische Möbelstücke völlig unaufgebaut in ihren Kartons herum.
Nun hatte ich ja die gesamte letzte Woche neben Beruf, Mittelstandsarbeit, Bloggerei und Luftholen noch meine durchweg synchron erkrankte Familie zu versorgen. Wochenende war also angesagt; und auf was für eine Idee kommt mein holdes Weib, kaum daß ihr die Bazillen etwas Luft zu Denken lassen? Sie räumt mal eben den ganzen Kram aus der Küche, zerlegt fachgerecht das vorhandene Mobiliar und meint: „Mann, Du hast Wochenende, also bau die neuen Küchenmöbel auf!“

Ich hab‘ ja nur mit dem Finger an die Stirn getippt, meinen berühmten strengen Blick ins Gesicht gezaubert und im Brustton der Überzeugung gesagt: „Eher friert die Hölle zu!“ Dann habe ich mich aufs Sofa gelegt und hätte jeden sofort geteert und gefedert, der mich bei „Ein Goldfisch an der Leine“ mit Rock Hudson stört. Man muß sich eben auch mal durchsetzen können.

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Ich habe dann doch nur vier Stunden gebraucht, bis alle Möbel zusammengebaut waren. Ich wäre sogar noch eher fertig geworden, wenn die Polen, die diese Möbel für das Schwedenhaus fertigen, die Löcher an der richtigen Stelle gebohrt hätten.

Und genau bei dieser wichtigen Arbeit wollte Sandy mich nicht stören. Hätte ich nur auf dem Diwan gelegen und Rock Hudson beim Angeln zugeguckt, das elende Ami-Weib hätte keine Sekunde gezögert, mich zu holen. Aber nein, ich mußte ja für Mami Küchenmöbel aufbauen und in solchen Sachen halten die Stuten dann gegen den Leithengst zusammen.

So war es gut, daß Manni kam, nur mal so um nach dem Rechten und Linken zu sehen und Sandy hat ihn gleich eingespannt. Eine Verstorbene mußte aus dem Krankenhaus geholt werden. Normalerweise holen wir nur selten am Wochenende jemanden aus dem Krankenhaus, die Toten liegen dort bis Montag ja ganz gut in der Kühlung. Aber bei dieser Verstorbenen steht morgen Arbeit an und das hat seinen Grund.

Die Frau ist gestern bei einem Unfall schwer verletzt worden. Sie betreibt eine Bastel- und Blumenstube wo sie allerlei Sachen zur Verschönerung der Wohnungen ihrer Kunden fertigt. Sie war damit beschäftigt irgendeine Basteltechnik anzuwenden, bei der es auf die unterschiedlichen Eigenschaften von Fett, Wachs und Wasser ankommt. Herauskommen soll eine marmorierte Oberfläche, sagte man mir. Dazu mußte sie Öl erhitzen und hatte es dabei übertrieben. Das Öl war so heiß geworden, daß es in Brand geriet. Nun hatte die Frau glücklicherweise eine Löschdecke und wollte damit den Brand löschen, indem sie die Decke über den Topf wirft. Dabei rief sie laut nach ihrem Mann. Der hatte sie Sache schnell überblickt, jedoch leider vom Löschen keine Ahnung und griff sich einen im Treppenhaus stehenden Eimer mit Putzwasser…
Ein Schwung und das Wasser landete auf dem Herd, dort kam es dann, so die Polizei, „zu einer folgenschweren Entwicklung des Feuers“, in Verbindung mit dem Wasser muß sich explosionsartig ein großer Feuerball gebildet haben und der Frau schwere Verbrennungen an Händen, Armen, Brust und Gesicht zugefügt haben.
Sie ist zwar noch sofort ins Krankenhaus gebracht worden, jedoch dann heute Morgen verstorben.

Jetzt ist es aber so, daß die Frau aufgebahrt werden soll, damit ihre Angehörigen, die in den nächsten Tagen mit ihren Wohnwagen aus allen Gegenden Deutschlands zusammenkommen, von ihr Abschied nehmen können.
Und genau diese Arbeit, das Herrichten dieser Frau, haben Sandy und ich morgen auf dem Plan.


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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 31. Januar 2009 | Revision: 28. Mai 2012

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15 Jahre zuvor

Wie haltet ihr das nur durch?

anita
15 Jahre zuvor

Das wird viel Arbeit, die Frau offen aufzubahren!

Der Mann wird sich fuer immer Vorwuerfe machen.

P
15 Jahre zuvor

boah, das ist wirklich hart 🙁

Ulf
15 Jahre zuvor

Das wird ein zieliches Stück Arbeit, wenn Ihr nicht gerade sehr großes Glück habt.

Und der Gatte, wenn er bei Euch aufschlägt….

Matthze
15 Jahre zuvor

Wohnwagen???

Traumschoepfer
15 Jahre zuvor

Es ist so schrecklich. Ich habe Mitleid mit dem Mann. Welche Vorwürfe wird er sich sein Leben lang machen?

15 Jahre zuvor

Vorwürfe… Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, was für eine „Arbeit“ das ist. Vor ein paar Jahren habe ich das sehr schlimm verbrannte Gesicht meines Vaters gesehen, nachdem ihm ähnliches passiert ist, weil ein Feuerlöscher nicht in Ordnung war. Danach durfte ich ihn erst wiedersehen, als das Gesicht annähernd wieder „in Ordnung“ war. Er hatte mehr Glück als diese Frau. Aber ich denke, dass es deswegen vielleicht besonders wichtig ist, der Frau ihr früheres Gesicht, wenn das überhaupt möglich ist, für die Aufbahrung herzurichten. Wahrscheinlich wird sich der Mann trotzdem ewig Vorwürfe machen. Aber es wird ihm so leichter fallen, Abschied zu nehmen. Zu sehen, wie schön/gut sie vorher aussah. Wahrscheinlich hat er die Verbrennungen gar nicht sehen dürfen, kann ich mir vorstellen. Es wäre zu wünschen, damit er dieses Bild nicht sein Leben lang vor Augen hat. Umso wichtiger ist es, ihm zu zeigen, dass seine Frau im Tod wieder „gut“ aussehen kann. Für jeden Menschen ist diese Arbeit hart, denn sie ist es ja nicht nur psychisch gesehen. Deswegen kann man nur dankbar… Weiterlesen »

Tim
15 Jahre zuvor

Tom, Du tust mir leid…. bei schwedischen Möbeln gibts wenigstens noch eine halbwegs unverständliche Gebrauchsanweisung!

Sensenmann
15 Jahre zuvor

Oh Mann… Da würde man wohl doch lieber (mehr oder weniger freiwillig) Möbel zusammenbauen und noch ein wenig an meiner Autorität feilen…

In der Haut des Ehemannes möchte ich auch nicht stecken 🙁

Wie macht ihr das dann, wenn so gut wie nix mehr geht? Wachsmaske?

Silvio
15 Jahre zuvor

Wat ich nich verstehe: Wenn sie die Decke rübergeschmissen hat kanns doch nich mehr gebrannt haben, wieso schüttet er dann Wasser drüber? Und zum andern: man weiß doch wie gefährlich das mit Öl ist.. Wieso spielen Leute die Helden? Eine Decke rüberschmeissen is ja ok aber danach renne ich doch raus bzw. schrei vorher die Nachbarn zusammen und warne und ruf die Feuerwehr.. Wem nützt es zu sterben um vielleicht seine Hütte zu retten? :/

Horpach
15 Jahre zuvor

Mein Mitleid eher für die Frau als für den Mann. Die Schmerzen von ihr werden ungeheuer gewesen sein, grade bei kochendem Öl. Hoffentlich wars schnell vorbei.

Wollemann
15 Jahre zuvor

Also ich versteh Sie nicht Herr Undertaker Tom,
wozu braucht man im Zeitalter von PC´s und Kugelschreibern Bleistiftanspitzer in einem Bestattungsunternehmen? Was müsst ihr denn zeichnen? Wenn ich meine Mitarbeiter erwischen würde, dass diese von meiner Zeit, meinem Geld das teuer zur Verfügung gestellte Arbeitsmaterial (Stifte und dergleichen) so behandeln, na da wäre Feuer im Dach.

Silvio
15 Jahre zuvor

@WOllemann
Topic verfehlt.. und das als ahc so toller Chef.. Oh Gott… Deine Mitarbeiter tun mir leid 😛

15 Jahre zuvor

Wir haben sowieso nur Bleistifte von IKE@

Astrid
15 Jahre zuvor

Ist denjenigen die sich für eine Aufbahrung entschieden haben nicht klar, was das bedeutet? Oder haben die Flammen nicht die sichtbaren Körperpartien erwischt gehabt…wenn ich weiß, dass der Körper entstellt wurde, würde ich ja auf eine offene Aufbahrung verzichten…

MacKaber
15 Jahre zuvor

@5: Holländer.

Micha
15 Jahre zuvor

Also dass sowas passieren kann, weiß ich.
Ich hab nur noch nicht so ganz begriffen, warum.

Dass brennendes Öl in Verbindung mit Wasser überall herumspritzt ist klar, aber warum es dann explosionsartig hochgeht, versteh ich nicht.

15 Jahre zuvor

was läuft denn bei dir so unter „Mittelstandsarbeit“?

Zero the Hero
15 Jahre zuvor

Ganz einfach: das Wasser verdampft und reißt dabei kleine Öltröpfchen mit in die Luft. Und diese entzünden sich (wegen der größeren Oberfläche) dann explosionsartig.

MSG
15 Jahre zuvor

@18: Leider ist das hier http://de.wikipedia.org/wiki/Fettexplosion nicht wirklich ganz erklärt.
Das Wasser sinkt in das brennende, sehr heiße Fett/Öl (sonst würde es nicht brennen) ein. Dabei verdampft es dann schlagartig. Beim Verdampfen werden aus 1l Wasser 1700l Dampf – also eine enorme Volumenzunahme.
Dadurch wird das brennende Fett/Öl in feine Tröpfchen verteilt, die eine sehr große Oberfläche haben. Durch die große Oberfläche können sie alle fast gleichzeitig mit dem in der Luft vorhandenen Sauerstoff reagieren, und das gibt dann die Explosion.
Einen ähnlichen Effekt (sehr große Oberfläche) gibt es auch bei feinsten Stäuben (das ist hier ganz gut erklärt: http://de.wikipedia.org/wiki/Staubexplosion)
Grüße, Mathias

Fabi
15 Jahre zuvor
Micha
15 Jahre zuvor

Danke.
Autsch, da kriegt man Respekt.

Siggi
15 Jahre zuvor

Was auch gut funktioniert, wenn man dicht genug drankommt, ist, einfach kaltes Fett nachzulegen, um die Temperatur unter den Entzündungspunkt zu bekommen. Dann fehlt die vierte Säule des Feuers, die Temperatur.

Elbkind
15 Jahre zuvor

ich hab den Film gerade meinem Sohn gezeigt… endlich keine Fragen nach selbstgemachten Pommes mehr…

Aber: noch immer verstehe ich den Titel dieses Beitrages nicht. Hab ich in zu heißem Öl gebadet…? Bitte klärt mich auf.

Frosch auf Zeit
15 Jahre zuvor

Tom, dir ist schon klar dass die Leitstute die Chefin der Herde ist und der Leithengst nur für die Fortpflanzung da ist? 😉

Werner
15 Jahre zuvor

„Man muß sich eben auch mal durchsetzen können.“
Genau! In jeder Ehe muß sich der Mann knallhart und kompromißlos von Anfang an gegen die Frau durchsetzen! (Zumindest muß er es mal probiert haben.)

Cora
15 Jahre zuvor

Roma haben Angst vor Ärzten und Krankenhäusern, und sind, gegen eine Farbe, die Farbe weiß. Sie halten ihr Verstorbenen in Ehre und pflegen die Gräber. Romagräber sind immer besonders präctig und oft mit der Madonnenfiguren. Sie Angst vor dem Mulo. Ein Mulo entsteht, wenn ein Mensch gewaltsam und unnatürlich zu Tode kommt, zur Unzeit stirbt oder ohne die üblichen Rituale bestattet wird. –> Daher ist es immer von großer WICHTIGKEIT das ALLE Rituale eingehalten werden. Das muss respektiert werden, dafür wird auch gezahlt. Die Roma werden daher auch IMMER ihre Rechnungen für Ihre Verstorbenen zahlen. Handeln gehört dazu =). ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ By Rombase gefunden: Dragan Jevremović über das Totenbrauchtum bei den Kalderaš: Es ist unsere Tradition, einen neuen Anzug zu kaufen, und diesen im Gedenken an den Verstorbenen weiterzugeben. Der Empfänger kann der Bruder des Verstorbenen sein, oder sein Sohn. Er soll den Anzug in Gesundheit und Wohlbefinden tragen. Die Besucher kommen, sie kaufen jeweils eine Kerze, sie treten ein, man gibt sich aber nicht die Hand. Dann gehen wir zum Toten, der sich dort befindet.… Weiterlesen »

15 Jahre zuvor

Um solche Aufgaben beneide ich Euch nicht. Ich käme wohl aus dem Übergeben nicht mehr heraus.

Uschi aus Bottrop
13 Jahre zuvor

Es gibt keine Leithengste. Allerdings gibt es Leitstuten. :-p




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