Das hatte schon drei Monate zuvor begonnen. Frau Büser war eines Tages völlig entsetzt in mein Büro gekommen und hatte mir unter dem Schwiegel der Versiegenheit, aber durchaus dominant, erklärt, daß der eine Fahrer, dieser Herr Horb, heimlich trinke. Sie habe ihn auf dem Weg zur Post dabei beobachtet, daß er mit unserem Bestattungswagen vor dem Kiosk vom dicken Hugo geparkt hätte und sich dort einen Flachmann gekauft hätte.
So etwas alarmiert einen als Chef dann doch schon, denn einerseits soll unser Bestattungswagen nicht einfach so profan in der Gegend herumparken, andererseits ist es natürlich keine gute Reklame für unser Haus, wenn der Fahrer aussteigt und sich Schnaps kauft, aber viel wichtiger: Sollte der Mann da wirklich ein Problem haben, mußte man doch irgendwas machen.
Oder?
Kann man da überhaupt was machen?
Na ja, sicher, dachte ich. Vielleicht ist das ja nicht so’n richtiger Alkoholiker, sondern nur so ein Gelegenheitstrinker und vielleicht war das ja nur eine Ausnahme und vielleicht gab es ja besondere Gründe…
Ich erinnere mich da an eine Geschichte, da habe ich mir auch einen Schnaps an der Bude gekauft…
Es war eine dieser nassen, kalten und ungemütlichen Nächte spät im Januar, wenn kein Mensch gerne nachts um halb drei aus dem Bett kriecht, um irgendwo eine Polizeileiche einzusammeln.
Polizeileichen, das sind im Bestatterdeutsch jene Verstorbenen, die wir im Auftrag der Behörden an einem Tat- oder Unfallort abholen müssen. Das wird nicht besonders gut vergütet, aber es sichert eine gewisse Regelmäßigkeit der Einsätze und so manchen, dann doch wieder wirtschaftlich interessanten, Folgeauftrag.
Mit dem damaligen Werkstattleiter Huber fuhr ich also zur angegebenen Adresse, was seinerzeit noch ein heftiges Suchen auf dem Stadtplan mit sich brachte, weil man da noch keine Navis kannte. (Ja, es gab mal Zeiten, da gab es keine Handys und Navis und sogar kein Facebook. „Papa, wenn Du als Kind kein Facebook hattest, was habt ihr dann immer im Keller gemacht, wenn die Bomben fielen?“ fragte meine Tochter neulich und katapultiere mich damit eine ganze Generation zu viel in die Vergangenheit. Nein, ich hab auch Hitler nicht persönlich gekannt.)
Da lag dann also keine schöne Polizeileiche, sondern einer, der versucht hatte, in besoffenem Zustand mit Anlauf durch die Scheibe eines Supermarktes zu springen. Sechs- oder siebenmal habe er versucht, mit einem Einkaufswagen die Scheibe zu „zerrammen“, soll seine mit anwesend gewesene Freundin ausgesagt haben, dann sei er von der Motorhaube seines Ford-Fiesta mit den Füßen zuerst gegen die Scheibe gedonnert. Die sei dann zerborsten und einer der großen Splitter habe ihn im Schritt getroffen.
Dann soll der junge Mann, um trotz seiner Verletzung noch seiner Freundin weiterhin zu imponieren, aufgestanden und auf sie zu gelaufen sein. Dabei sei dann aber eine große Menge Blut stoßweise innen aus dem Oberschenkel ausgetreten und kurz vor Erreichen des lachenden, weil auch angetrunkenen, Mädchens sei er dann zusammengebrochen „und war dann einfach so tot“.
Aufgezeichnet worden war das alles von der Überwachungskamera des Sicherheitsdienstes, der auch sofort gekommen war, wie auch der Filialleiter und ein paar andere wichtige Supermarktleute.
Die Polizei war zu dem Zeitpunkt als wir eintrafen schon mit der Arbeit fertig und wir konnten den ansonsten intakten Leichnam auf die Trage legen und ins Auto packen.
Dann ging die Warterei los, einer muß immer den Überführungszettel der Staatsanwaltschaft unterschreiben und von den Polizisten war wieder mal keiner zuständig.
Während dessen hatte sich der Hausmeister einen Dampfstrahler oder Hochdruckstrahler besorgt und begann das viele Blut wegzuschwemmen.
So eine Situation hatte ich schon einmal ganz ähnlich erlebt.
Das heiße Wasser in dieser eiskalten Nacht verwandelte das Blut in einen übelriechenden Dampf, es stank schlimmer als in einem Schlachthaus. Die Polizisten verkrümelten sich unverzüglich und einer mußte sich hinter dem ersten Häuschen mit den Einkaufswagen übergeben.
Endlich kam der Mann mit der nötigen Kompetenz und kritzelte seinen Namen auf unseren Zettel und wir konnten wegfahren.
Aber der Blutgeruch hing uns in den Kleidern, die enge Fahrerkabine roch trotz heftigem Lüften danach und Huber und mir war einfach nur schlecht.
Ein paar Ecken weiter machte gerade ein Kiosk auf. Die Inhaberin war gerade dabei, die in der Nacht gelieferten Zeitungsbündel in die Bude zu tragen.
Dort machte Huber kurzerhand Halt und stieg aus. Nachdem er der Frau geholfen hatte, die letzten Bündel hinein zu tragen, kam er dann mit zwei kleinen Minifläschchen Kirschwasser zurück: „Da, Chef, trinken Sie, damit wird’s besser.“
Und, was soll ich sagen? Der Schnaps hatte eine wunderbare Wirkung! Er vertrieb sofort die Übelkeit, der Geruch schien wie verschwunden und es ging uns beiden besser.
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Ja sicher, Gelegenheitstrinker. Trinkt bei jeder Gelegenheit, aber niemals mehr, als mit aller Gewalt rein geht. 😉 Prost.
Oh ja. Eingetrocknetes Blutplasma, was man mit heißem Wasser wieder auflösen und abwaschen versucht, riecht wahrscheinlich nicht viel anders als das hier unfreiwillig verschüttete Vollblut.
Onkel Tom setzt sich, klappt das Märchenbuch auf und gibt uns eine neue Geschichte zum Besten.
Geil…! Ich freu mich
*gleich-mal-weiterles*
Oh, Mann! *den Verblichenen für den Darwin Award nominier*
oh Tom, ich liebe es geradezu, wenn Du so vom Hundertsten ins Tausendste kommst um Deine Leser in die Irre führst, aber es enttäuscht mich doch, dass Du AH nicht persönlich gekannt hast
.. ach nein, ich vergaß: das war doch eher der alte Kaiser Wilhelm, bei dem Du geradezu ein- und ausgegangen bist 😀
und zum Thema „gab es noch nicht“: Es soll sogar eine Zeit gegeben haben, in der es keine Kopierer gegeben hat. Da haben die Leute so seltsames schwarz beschichtetes Papier zwischen die einzelnen Blätter geschoben 😉
weiter!!!!!!
.. bitte
Und die unseligen Blaudruck-Matrizendrucker… mit deren Produkten wurden wir in der Schule gequält!
Waren meist ein „dufte“ Erlebnis, diese lila bedruckten Zettel. 🙂