Frag doch den Undertaker

Hygienische Gründe für den Standort eines Friedhofes

Hallo Tom,
viele Stadtfriedhöfe wurden Ende des 19. Jahrhunderts außerhalb neu angelegt, weil die Kirchhöfe belegt waren.
Dabei liest man immer wieder: Vor allem sprachen jedoch hygienische Gründe für einer Verlagerung der Bestattungsorte außerhalb der Stadt.
Jetzt mal dumm gefragt:
Was versteht unter hygienische Gründe?
Im voraus besten Dank.
Arno

Ende des 19. Jahrhunderts galt noch die Mär vom Leichengift. Man glaubte, Leichen könnten durch ihre bloße Anwesenheit die Luft, die Böden und das Grundwasser vergiften.

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Neben dieser Angst vor dem nicht existenten Leichengift spielt aber auch die Ablehnung des Todes und der Toten grundsätzlich eine Rolle. Mit dem Vergangenen möchte man nicht unbedingt „Tür an Tür“ wohnen.
Auch die bei der Verwesung entstehenden Gerüche mögen hier eine Rolle gespielt haben. Früher gab es auf den Friedhöfen keine Kühlanlagen und die hygienische Versorgung der Verstorbenen beschränkte sich auf das Leichenwaschen.

Tatsächlich können aber aus Leichen bestimmte Toxine austreten und das Leichenwasser -also die aus Leichen austretende Körperflüssigkeit- gilt verständlichermaßen als ekelerregend und schmutzig.

Das alles sind Gründe, aus denen man Friedhöfe ab einer bestimmten Zeit lieber etwas weiter entfernt von menschlichen Behausungen angelegt hat. Zusammengefasst sind das die Gründe, die man gemeinhin „hygienische Gründe“ nennen mag.


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Lesezeit ca.: 2 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 5. Mai 2011 | Revision: 1. Juni 2012

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Obi-Wan
13 Jahre zuvor

> Ende des 19. Jahrhunderts galt noch die Mär vom Leichengift.

Ich muss dich korrigieren… die gibts noch heute. 😉

Pumuckel
13 Jahre zuvor

Wir wohnen in der direkten Nachbarschaft eines Friedhofes, der irgendwann weiter erschlossen wird, wenn mehr Teilnehmer kommen als Platz vorhanden. Dann würden die Grabstätten direkt an unserem Wohnhaus liegen. Da wir eine Eigenwasserversorgung haben muß ein gewisser Abstand zu den künftigen Gräbern eingehalten werden. Die Stadt hat nun also eine kleines Wäldchen (wohl auch als Sichtschutz) zwischen uns und dem Friedhof angepflanzt.
Ansonsten sind sie sehr ruhige und verträgliche Nachbarn. ;o)
Wobei mir aufgefallen ist, dass die Gräber nicht so schnell belegt werden, sondern viel mehr die Kolumbarien dort bezogen werden.

JohnB
13 Jahre zuvor

Ha,also doch. Der Jung hat`s doch gesagt. 😉

Thomas
13 Jahre zuvor

Ja, wir haben auch jahrelang an der Firedhofsmauer gewohnt. Nette Nachbarn und im November war es richtig romantisch mit all den Grablaternen. Aber meine Großeltern und Eltern die dort gewohnt haben sind inzwischen alle gestorben – muß wohl am Leichengift und dem verseuchten Wasser gelegen haben.

ArnoG
13 Jahre zuvor

Für die Antwort vielen Dank an Tom.
Ich dachte die nahmen damals das mit der Bestattungstiefe nicht so genau und hielten die Liegezeiten nicht ein.
Viele Grüße
ArnoG

MOW
13 Jahre zuvor

Nun ja, da die Kirchhöfe nicht unbedingt die optimale Bodenbeschaffenheit für ihre Nebennutzung als Friedhof hatten und der Dorfbrunnen gleich nebenan war, und die Fernwasserversorgung gerade mal so anfing, es bei mangelnder Grabtiefe im Sommer durchaus mal zu Geruchsbelästingung kommen konnte, und eine Verkürzung der Liegezeiten aufgrund Platzmangel sicherlich unschöne Nebeneffekte gehabt hätte, sind hygienische Gründe nicht ganz von der Hand zu weisen.

Aber wahrscheinlich war das Grundstück jwd einfach billiger 😉

ein anderer Stefan
13 Jahre zuvor

Ich kenne ehemalige Friedhöfe, die vor allem wegen hoffnungsloser Überbelegung geschlossen wurden – wenn die Gräber unter aufgehäuften Grabhügeln liegen müssen, damit sie noch abgedeckt sind, war der Friedhof zu voll…

Ab etwa Mitte des 19. Jh. wuchs die Bevölkerung aufgrund verschiedener günstiger Umstände rasant, so dass schlicht kein Platz mehr auf den alten Friedhöfen war, die vorher schon langsam voll wurden. Auf alten Friedhöfen gab es keine Ruhezeiten wie heute, da wurde einfach weiterbelegt, so lange es ging. Ich kenne eine Fall mit bis zu acht Lagen Bestattungen übereinander und dicht an dicht. Da konnte wahrscheinlich jeder Hund die Knochen wieder ausbuddeln.

Zudem war die Wasserversorgung bis ins späte 19. Jh. vielfach nur durch Straßenbrunnen gewährleistet, und wenn dann die Verwesungsprodukte vom nächsten Friedhof ins Brunnengrundwasser sickerten, war das sicher auch nicht gesundheitsfördernd. (Gerüchten zufolge liegt die Quelle der Gilde-Brauerei Hannover an einem alten Friedhof – das würde einiges erklären…) Schwerer wog natürlich das Unwissen um Infektionswege, so dass diese Brunnen auch gerne als Müllkippe benutzt wurden, während sie noch als Wasserversorgung dienten…




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