Die meisten wünschen sich, friedlich im Schlaf zu sterben. Das ist auch bei ganz vielen Menschen so. Aber immer wieder hat auch schon jemand etwas dagegen gehabt: Serienmörder, Unfallverursacher, Totschläger und Zombies.
Dazu hat Leserin Pamela G. aus Schwerin eine Frage:
Vielen Dank für Deine interessanten Fragen, die mir so schon häufiger gestellt wurden. Ich beantworte sie gerne.
Bestatter haben überwiegend mit intakten Leichnamen zu tun, denn die meisten Menschen versterben an Krankheiten oder aus Altersgründen.
Immer wieder haben wir es aber auch mit zerstückelten Leichen zu tun. Schon ein Verkehrsunfall reicht da als Ursache aus. Hinzu kommen Suizidopfer, die Bahngleise für ihren Freitod gewählt haben.
Der Umgang mit diesen Verstorbenen ist auch für erfahrene Bestatter nicht leicht. Auch Rechtsmediziner und ihre Mitarbeiter haben da Schwierigkeiten. Das Klischee des abgestumpften Obduzenten, dem das alles gar nichts ausmacht, ist eine Erfindung der Literaten und Medien.
Wir alle haben eine Ekelgrenze und eine natürliche Abscheu vor nicht-intakten Körpern.
Dennoch muss auch diese Arbeit gemacht werden und dazu gehört eine gewisse Professionalität. Die bringt es mit sich, dass man seine Abscheu überwindet und die Arbeiten trotzdem ordentlich und gewissenhaft erledigt.
Eine gute Vorgehensweise für den Bestatter ist es, mit solchen Verstorbenen nicht allein umzugehen, sondern sich einen anderen Mitarbeiter mit hinzuzuholen. Es sei denn, derjenige kommt ausdrücklich alleine besser mit der Situation zurecht, das gibt es auch.
Ventilatoren, Klimaanlage und die Geheimwaffe Erkältungsbalsam unter der Nase oder auf der Mundmaske helfen mit, den starken Geruch etwas abzumildern. Eine niedrige Raumtemperatur ist ebenfalls hilfreich.
Dann würde ich sagen, dass auch ein gewisses Maß an zügigem Arbeiten nützlich ist. Deshalb empfehle ich, zu zweit zu arbeiten.
Eine offene Aufbahrung wird in solchen Fällen nicht durchgeführt, sie wird aber auch meist nicht gewünscht, von ganz seltenen Ausnahmen einmal abgesehen.
Einmal hatten wir so einen Fall, von dem ich hier im Bestatterweblog schon einmal erzählt habe. Damals war ein Junge aus unserer Stadt in Berlin nahe der Loveparade von einem Zug überrollt worden. Erst 14 Tage später konnten wir den Leichnam, der ungekühlt in Plastiksäcken aufbewahrt worden war, übernehmen. Die Mutter des Jungen wünschte sich unbedingt eine offene Aufbahrung. Daran war überhaupt nicht zu denken. Madenbefall, unzureichende Kühlung und die Umstände des Unfalls machten das wirklich absolut unmöglich.
Mit Mühe und Not konnten wir die Frau davon überzeugen, darauf zu verzichten, ihren Sohn noch einmal anzuschauen.
Am Tag der Trauerfeier war dann auch noch die Geruchsentwicklung trotz guter Sargversiegelung so groß, dass wir in einer Notfallmaßnahme einen leeren Sarg in die Trauerhalle stellen mussten. Und bevor sich jemand aufregt: Diese Maßnahme war mit der Ortspolizeibehörde abgesprochen und wir reden hier nicht über einen üblen Geruch, sondern von einem Gestank von unglaublichen Ausmaßen.
Auch wenn die Vorstellung für viele Menschen schwer erträglich ist – Bestatter werden hin und wieder mit extrem belastenden Fällen konfrontiert. Dabei zeigt sich, dass professionelle Routine, Teamarbeit und kleine Hilfsmittel im Alltag unverzichtbar sind, um auch in schwierigen Situationen respektvoll mit den Verstorbenen umgehen zu können. Was die Angehörigen betrifft, so steht am Ende immer die Würde des Toten im Vordergrund – und manchmal bedeutet das, den Wunsch nach einer offenen Aufbahrung behutsam, aber entschieden auszuschlagen.
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Auch der ärztliche Notdienst ist unter 116 117 erreichbar.
Bildquellen:
- vorbereitungsraum: Peter Wilhelm
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Jetzt bin ich neugierig, wie konnte denn in dem geschilderten Fall, der leere Sarg nachher unauffällig gegen den richtigen ausgetauscht werden?
Denn natürlich wäre das Wissen um den leeren Sarg zumindest am Tag der Bestattung für die Angehörigen zu viel gewesen….
Ich denke später haben sie den Umstand eventuell erfahren…
Der Sarg wurde am Ende der Trauerfeier aus der Halle geschoben. Zum Krematorium wurde dann der richtige Sarg gebracht.
Die Angehörige hat nie etwas davon erfahren.
Es spielt auch überhaupt keine Rolle, ob da jemand im Sarg liegt. Natürlich hat man die Vorstellung, dass es nur mit Leiche im Sarg wirklich richtig ist. Aber de facto ist es doch wurscht. Es kommt darauf an, dass die Mutter eine Trauerfeier miterleben konnte, in der ihr Sohn gewürdigt wurde.
Mit der Urne wurde dann eine Woche später eine richtige und auch schöne Beisetzung durchgeführt.
Zum Glück war es keine Erdbestattung… unterdrückte Würgelaute, Fliegenschwärme und Ähnliches wären alles andere als würdevoll. Wird bei solchen Konstellationen dann auch auf eine Einäscherung hingewirkt?
Ich bewundere Leute insgeheim die mit sowas Sachlich umgehen können, sei es nun das Thema Spritzen, Blut, Chirurgie, Tod, Leichen und deren Teile… Ich bin schon bei einer kleinen klaffenden Wunde anschließend von Schweißausbrüchen und Übelkeit geplagt. Keine Frage, in der Not helfe auch ich wo es geht, aber anschließend lieg ich selber da und muss vermutlich umsorgt werden (Beine hoch etc)
Ist aber völlig normal. Du kannst die Menschen in drei Gruppen einteilen, diejenigen, die absolut unbeeindruckt sind, diejenigen, die total abgeschreckt sind, und die, die sich überwinden können.
In meinem Gewerbe habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Bewerber, die sagten, sie hätten da ihre Probleme, am Ende die stärksten und belastbarsten Mitarbeiter waren. Oft genug sind die, die vorher gesagt haben, ihnen könne selbst das Schlimmste nichts ausmachen, hinterher in die Knie gegangen und haben hingeworfen.
Während meiner Militärzeit ist mal ein Herr mit einem Moped verunglückt. Der Gurt von seinem „Römerhelm“ hat ihm das Gesicht abgeschält und er hielt sich diese Fleischmaske notdürftig selbst fest. Das hat mich damals an meine Grenzen gebracht.
Funktionieren musste man trotzdem. Aber es war das einzige Mal, dass ich nach getaner Arbeit während des Dienstes an einen Kiosk gefahren bin und mir ein Minifläschchen Weizenkorn gekauft habe.
Ich hätte duchaus bevorzugt, das eben nicht gelesen zu haben.
Ja klar ist das wurscht! Wer weiß wie oft andere Bestatter schon zu dieser Maßnahme greifen mussten…
Wegen „schlechter Lagerung“, Geruch ect.
Genau. Man hat das nicht in der Hand. Von jetzt auf nachher kann ein Leichnam völlig unerwartet einen solchen Geruch entwickeln, dass es kaum auszuhalten ist.
Das ist übrigens mit ein Grund, weshalb stark riechende Blumen eine wichtige Rolle spielen.