Geschichten

Köln -II-

So, jetzt also zurück zu Frau Thorwesten, die ihren Mann Clemens betrauern muß, der an seinem fünftem Herzinfarkt gestorben ist. Sie also hatte mich vor geraumer Zeit mal auf der Straße angesprochen, weil sie mich als Experte zu einem Bestattungsthema im Fernsehen gesehen und wiedererkannt hatte.

Ein schönes Reihengrab möchte sie für ihn, das kommt viel günstiger als ein Familiengrab und mit zu ihrem Mann ins Grab möchte sie gar nicht unbedingt, sie hat nämlich vor, wenigstens 100 Jahre alt zu werden und dann ist das Grab von ihrem Mann längst abgelaufen.

„Wer soll sich dann auch noch ums Grab kümmern“, wandte sie ein und ich wiederum bemerkte, daß sich ja auch irgendwer um ihr Grab mal kümmern müsse.

Werbung

„Da brauche ich mir keine Gedanken machen“, strahlte Frau Thorwesten und sagt Worte, die mir das Fett in den Adern gerinnen lassen: „Das macht eines Tages die Frau Birnbaumer-Nüsselschweif vom kirchlichen Mütterkreis.“

„Nee, oder?“ entfährt es mir und ich muß ein vollkommen entsetztes Gesicht gemacht haben, denn Frau Thorwesten fragt sofort: „Ist was mit der?“

Nun würde alles, was ich über Frau Birnbaumer-Nüsselschweif sagen könnte, den Tatbestand der Beleidigung, der üblen Nachrede und der Verleumdung erfüllen. Denn so sehr mir die blöde Fettwachtel bisher unangenehm geworden ist, so hat sie es doch immer wieder geschafft, im Blick der Öffentlichkeit als selbstlose Heilige da zu stehen.

Seit längerer Zeit kümmert sich Frau Birnbaumer-Nüsselschweif wohl nicht nur um den ferkelnden Teil der Weltbevölkerung, also die Mütter, sondern auch und jetzt wohl vorwiegend um die älteren Menschen in unserer Gemeinde.

Neulich erst hat mir die Gemüsefrau erzählt, die Birnbaumerin habe einen älteren Herrn über ein halbes Jahr lang beinahe Tag und Nacht betreut und gepflegt und als der dann gestorben sei, habe sie ein kleines Vermögen geerbt. Nein, so sei das gar nicht gewesen, wußte es die Frau des Kirchendieners, die gerade bei der Gemüsefrau einen Sellerie kaufte, besser und erzählte:

„Die hat den alten Herrn Schwöbel quasi von seinen Kindern abgeschottet und sogar den Pflegedienst abbestellt. Dann hat sie sich um den gekümmert und sie hat auch eine Vollmacht für seine Bank gehabt. Als der dann tot war, war nur noch soviel Geld auf den Konten und Sparbüchern, daß es so gerade hauchdünn für die Beerdigung und die Wohnungsauflösung gereicht hat. Das viele Geld habe sie alles in die Pflege vom Herrn Schwöbel gesteckt, hat sie gesagt.“

Mit den Erfahrungen von Frau Mandel, Opa Kleiber und jetzt von diesem Herrn Schwöbel im Kopf sitze ich also Frau Thorwesten gegenüber, die im Begriff ist, den gleichen Fehler zu machen, wie diese drei alten Leute und wer weiß wieviele andere alte Leute auch.

Ich fühle mich verpflichtet, der alten Dame zu sagen, daß ich der Auffassung bin, daß die Birnbaumer-Nüsselschweif an einem Komplex leidet, der sie sozusagen dazu zwingt, anderen Leuten zu helfen und daß diese Hilfe immer auch irgendwie darin mündet, daß die Birnenschweif gewisse Vorteile davon hat.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

Keine Schlagwörter vorhanden

Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 6. Mai 2011 | Revision: 1. Juni 2012

Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle journalistische Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bittet das Bestatterweblog um Ihre Hilfe. Es fehlen in diesem Jahr noch über € 7.500,- um den Server, IT, Redaktion und um die anderen Kosten zu decken. Bitte beschenken Sie uns mit einer Spende, sonst müssen wir in Zukunft die meisten Artikel kostenpflichtig bereitstellen. Das wäre schade, auch weil das weitere unkreative Arbeiten erfordert, die wir zeitlich kaum stemmen wollen. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
7 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
13 Jahre zuvor

Das sieht doch schon wieder nach einem Epos im Blog aus.Die B.N. und alte Leute, Geld das verschwunden ist, ein Haus in der Schweiz, ein Auto….hach das wird wieder was zu lesen geben. Ich freu mich schon. Schoener Einstieg ins Wochenende

13 Jahre zuvor

Endlich gibts wieder das Nüsselschwein!! Auf auf wir wollen mehr…

Der nächste Bestatterkrimi. Das verspricht spannend zu werden.

Liebe Grüße
Joe

Ma Rode
13 Jahre zuvor

Eigentlich hätte Frau Hirnhinüber-Rüsselkreisch nen eigenen Blog verdient …

ÖSchi
13 Jahre zuvor

Ja was ist eigentlich mit Opa Kleiber und der Qualle vom Friedhof – leben die noch oder hat das Trüffelschwein schon alle unter die Erde gebracht?
Schönes WE aus Ndb!

Big Al
13 Jahre zuvor

@ Ma Rode.
„Frau Hirnhinüber-Rüsselkreisch“
Könnte auch kreíschen, vor Lachen.
B. A.

Svnshadow
13 Jahre zuvor

juhuu, da is sie wieder…. die letzte plage die noch nicht wieder eingefangen wurde… wie hab ich es vermisst von ihr zu lesen 🙂

Ma Rode
13 Jahre zuvor

@Big Al: bitte schön, gern geschehen 😀




Rechtliches


7
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex