Während die Bratwürste auf dem Rost lagen und sich von schlanker Form zu prallen Exemplaren ausdehnten (gelegentlich auch platzend), kamen einem Leser des Bestatterweblogs so einige Gedanken.
Kremation, Bratwurst und das große Aufrichten
Ich bekomme ja viele Fragen. Manche sind rührend, andere hochinteressant – und wieder andere entstehen beim Grillen. So auch diese:
„Wenn sich eine Bratwurst beim Grillen aufbläht und manchmal sogar platzt – passiert das beim Menschen in der Feuerbestattung auch?“
Was für eine köstlich morbide Fragestellung! Da steht jemand am Rost, wendet das Würstchen – und denkt an die Kremation. Chapeau für diese gedankliche Wendung!
Also – bläht sich ein Mensch im Krematorium auf wie eine Wurst?
Kurze Antwort: Nein.
Etwas längere Antwort: Wirklich nicht.
Zwar besteht der menschliche Körper zu rund 60–70 % aus Wasser, aber anders als die Wurst auf dem Grill wird er im Krematorium nicht langsam aufgewärmt, sondern schlagartig mit Temperaturen zwischen 850 und 1.200 Grad Celsius konfrontiert.
Das bedeutet: Es kommt nicht zu einem langsamen Garen mit allmählicher Volumenzunahme, sondern zu einem extrem schnellen Verdampfen der Körperflüssigkeiten. Die Haut verkohlt sehr schnell, innerlich findet ein starker, schneller Flüssigkeitsverlust statt, bei dem Zellen verdampfen, Eiweiße denaturieren und das Gewebe zusammenfällt, nicht aufbläht.
Und noch etwas: Eine Wurst ist durch den Darm künstlich versiegelt – der menschliche Körper nicht. Gase, die sich bei starker Hitze eventuell kurzfristig bilden könnten, entweichen. Es kommt nicht zu einer Explosion, auch nicht zum bekannten Grillplatz-Würstchenknall.
Und was ist mit dem „Aufrichten“ im Ofen?
Ah, die gute alte urbane Legende vom Leichnam, der sich in der Glut noch einmal aufrichtet. In vielen Foren kursiert diese Vorstellung, irgendwo zwischen Gruselmärchen, Anekdote und Ammenmärchen.
Ein bisschen was ist – ganz minimal – dran: Bei der Einäscherung kommt es durch die enorme Hitze tatsächlich zu einer Verkürzung von Muskeln und Sehnen, insbesondere an den Extremitäten und entlang der Wirbelsäule. Das kann dazu führen, dass sich der Körper leicht zusammenzieht, besonders an Armen und Beinen.
Ein völliges „Aufsetzen“, „Aufrichten“ oder gar ein „Hinsetzen“ ist jedoch reine Fiktion – physikalisch nicht möglich, schon wegen der sehr frühen thermischen Zerstörung der Haltefunktionen des Körpers.
Krematorien sind heute hochautomatisiert. Der Körper liegt auf einer Einfuhrschale, die in die Hauptbrennkammer eingefahren wird. Eine Kamera überwacht die ersten Minuten der Verbrennung – aber ein „Aufrichten“ wie aus einem schlechten Horrorfilm wurde dabei nie beobachtet.
Fazit
- Nein, der Mensch bläht sich nicht auf wie eine Bratwurst.
- Nein, er platzt auch nicht.
- Und ja, es kann zu minimalen Kontraktionen kommen – aber nicht zu dramatischen Auferstehungen im Ofen.
Die eigentliche Wahrheit ist viel würdevoller und stiller als so mancher Mythos. Der menschliche Körper wird bei der Feuerbestattung nicht gequält oder zur Schau gestellt, sondern in einem kontrollierten, respektvollen Prozess in seine Elemente überführt.
PS: Wer also beim Grillen ins Philosophieren kommt, darf das ruhig tun – aber denke lieber an Rosmarin und Senf.
Das ist besser für die Verdauung.
Siehe auch:
https://bestatterweblog.de/stehen-leichen-beim-verbrennen-auf/
- krematorium: Peter Wilhelm
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Hallo Peter, du schreibst: Eine Kamera überwacht die ersten Minuten der Verbrennung. Da stellt sich mir die logische frage, hat ein Krematoriumsofen einen Not-aus Knopf? Was wenn im Sarg, warum auch immer keine Leiche liegt sondern etwas lebendes oder etwas was nicht verbrannt werden sollte/darf.
Gruß auss’m Pott
Thomas