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Muss meine Halbschwester auch für das Grab bezahlen? Zwei interessante Fälle.

Big Al hat auf stern.de eine Frage zum Thema Bestattungskosten und eine Antwort dazu gefunden, die ihm nicht gefällt. Er bittet mich, das doch noch einmal zu erklären:

Frage:

Kann ich meine Halbschwester zu den Kosten für eine Familiengruft heranziehen?
4er Gruft, unser gemeinsamer Vater liegt dort. 3 Gräber aus meiner Familie. Müßte sie sich zu einem Achtel an Friedhofsgebühren, Grabpflege usw. beteiligen? Oder liegt alles an mir?

Antwort:

Soweit mir bekannt ist, ist ein Grab oder auch eine Gruft eine Art „Besitz“ , was auch beim „Friedhofseigentümer“ namentlich eingetragen ist. Das bedeutet, der , dem das Grab oder die Gruft gehört, zahlt. Ob sich andere Familienmitglieder beteiligen, ist eine Sache der Beziehung oder auch Verhandlung. Ich bin der Auffassung, wer sich daran nicht beteiligt, kann auch nicht darauf hoffen, dort mal beerdigt zu werden, falls er das wünscht. Ich fürchte, du kannst sie nur an sie appellieren.

Die Antwort ist meiner Meinung nach falsch.
Die Frau fragt sich mit Recht, warum ein weiteres Kind des Verstorbenen nicht mit als Bestattungspflichtige herangezogen wird.
Beide sind gleichermaßen Kinder des Verstorbenen, demnach haben sie auch gemeinsam die Bestattungspflicht.
Die Situation scheint etwas schwieriger zu sein, weil die beiden Frauen von unterschiedlichen Müttern abstammen, das hat aber in diesem Fall keinerlei Auswirkung, da es nicht um die Bestattung der Mütter, sondern um die des gemeinsamen Vaters geht.
Die Fragestellerin hat auch völlig richtig die zuvor bestatteten und nicht mit der Halbschwester verwandten Personen bzw. die durch sie verursachten Kosten herausgerechnet und kommt auf ein mir sehr plausibel erscheinendes Kosten-Achtel.

Die Antwort ist in diesem Punkt leider verkehrt, sie fußt auf dem Irrglauben, der in der Bevölkerung weit verbreitet ist, daß derjenige, der beim Friedhofsbetreiber als Grabnutzungsberechtigter eingetragen ist, alleine für die Kosten einzustehen hat.
Allerdings kann der Grabnutzungsberechtigte, der der Verwaltung gegenüber auch die Kosten bezahlt, tatsächlich darüber bestimmen, wer eines Tages dort bestattet wird.
Man hat nicht etwa aufgrund verwandtschaftlicher Beziehung einen Anspruch darauf, im Grab seiner Eltern bestattet zu werden, auch wenn da noch Grabplätze frei sind, wenn jemand anders die „Hoheit“ über die Grabnutzung hat.

Die Situation, die hier beschrieben wird, ist gar nicht so selten.
Insbesondere kommt sie zum Tragen, wenn die Konstellation etwas anders herum aufgestellt ist. So einen Fall hatte ich erst neulich vor Gericht zu kommentieren.
In diesem Fall hatte ein Mann hat drei Kinder und legte sich Jahre nach dem Tod seiner Frau eine Lebensgefährtin zu, die länger mit ihm zusammenlebte, als es seine verstorbene Frau getan hatte.
Diese Lebensgefährtin pflegte ihn auch über Jahre, dann stirbt der Mann.
Das Verhältnis zwischen ihr und den Kindern des Verstorbenen war stets gespannt, die Kinder wollten keine neue Frau an der Seite ihres Vaters akzeptieren.

Nach dem Tod des Vaters gab es für die Kinder (und Schwiegerkinder) keinen Grund mehr, ihren Haß gegen die nicht mit dem Vater verheiratet gewesene „Stiefmutter“ zu verbergen. Sie sahen in ihr nur eine Schmarotzerin, die nun auf Lebenszeit ein Wohnrecht ausgerechnet in dem Haus hat, daß die Kinder gemeinsam vom Vater geerbt haben.

Wie selbstverständlich hat die Lebensgefährtin die Bestattungskosten komplett übernommen, weil die Kinder sich unter dem (nicht anwaltlich überprüften) Gesichtspunkt „wer erbt, der zahlt auch die Bestattung“, einfach aus der Sache rausgehalten hatten.
So wurde die Lebensgefährtin als alleinige Auftraggeberin der Bestattung die Kostenübernahmepflichtige und Grabnutzungsberechtigte, wiewohl sie natürlich in Wirklichkeit nicht die (allein)Erbin war, sondern das Haupterbe -das Haus- an die Kinder gefallen war.
Jedoch unternimmt die Behörde in solchen Fällen keinerlei Untersuchungen dahingehend, wer sonst noch als Bestattungspflichtiger in Frage kommt, das tut sie regelmäßig nur dann, wenn keiner die Kosten übernehmen will.

Beim Tod eines Schwiegersohnes des Verstorbenen beanspruchte dessen Frau, die eine Tochter des Verstorbenen war, daß dieser Schwiegersohn nun im Grab des Vaters/Schwiegervaters bestattet werden sollte.
Das verwehrte die Lebensgefährtin unter Hinweis darauf, daß sie die alleinige Nutzungsberechtigte an dem Grab ist und die restliche Familie bislang noch nie an den Kosten beteiligt, das Grab nie gepflegt und wohl auch nie besucht hatte.
Das Gericht folgte der Auffassung der Lebensgefährtin in vollem Umfang.

Interessant bleibt die Überlegung, was passiert wäre, wenn die Kinder nun nachträglich die Kosten der väterlichen Bestattung ersetzt bzw. übernommen hätten. Aus der gesetzlichen Totenfürsorge- und Bestattungspflicht resultiert nämlich auch die Totenfürsorgeberechtigung.
D.h. wenn die Kinder seinerzeit schon nicht die Lebensgefährtin die Kosten hätten bezahlen lassen und als Bestattungspflichtige eingetreten wären, hätten sie durchaus ihrem Haß weiter dadurch Ausdruck verleihen können, indem sie später dieser Frau die Bestattung in diesem Grab verwehren.

Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 6. Februar 2013 | Peter Wilhelm 6. Februar 2013

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7 Kommentare
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wool
11 Jahre zuvor

Solches Verhalten find ich immer schlimm…
Menschen… *kopschüttel*

Big Al
11 Jahre zuvor

Danke. Jetzt blicke ich durch. „Grabnutzungsberechtigte“ muss man sich mal selbst ganz langsam vorsprechen.

turtle of doom
Reply to  Big Al
11 Jahre zuvor

Das Wort kann ich zwar ohne Holpern aussprechen, aber unter einem Grabnutzungsberechtigten stelle ich mir immer noch eine Person vor, die auf dem Liegeplatz seinen Liegestuhl aufstellt und dort als Lebendiger die Sonne geniesst…

Zero the Hero
11 Jahre zuvor

1. Wer erbt, der zahlt auch die Bestattung ist Gesetz (BGB: „Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.“)
2. hätten die Kinder die Bestattung zahlen müssen, denn SIE haben das Haus geerbt.
3. ob die Kinder durch nachträgliche Zahlung der Kosten noch Grabnutzungsberechtigte (gegen den Willen des ursprünglich Nutzungsberechtigten) werden können, ist fraglich und eine interessante juristische Frage.
Da könnte sich ein Anwalt dran abarbeiten, da spielt Geschäftsführung ohne Auftrag (oder mit stillschweigender Zustimmung) plus die tausend Sonderregeln mit rein.

Sebastian
Reply to  Zero the Hero
11 Jahre zuvor

Steht ja so auch alles schon im Artikel.

Dave B
11 Jahre zuvor

Ob Voll- oder nur Halbgeschwister sollte ja eigentlich keine Rolle spielen wenn das gemeinsame Elternteil ausfällt, wenn das Elternteil für alle das Gleiche ist.
Jeder zahlt sozusagen für seine Erzeuger.

Wie ist das bei einem „ergiebigen“ Samenspender? Je nach Verwendung soll das Material wohl in Dt. nur für eine Handvoll von Zeugungen verwendet werden. In anderen Ländern wohl gern auch mehr.
Da gab es doch diesen „Starbuck“ Film wo der Spender dann mehrere Hundert Erfolgsgeschichten hat. Diese haben ja irgendwann das Recht die Identität vom Spender zu erfahren.
Theoretisch sind die dann ja auch alle in der Bestattungspflicht, wenn der Erzeuger mal abtritt.

Oder wird die Pflicht durch Adoption aufgehoben? Das wäre ja dann immer der letzte Ausweg sich schnell adoptieren zu lassen um den Kosten zu entgehen.

Eine Bekannte durfte acuh für die „Verscharrung“ ihres Erzeugers bezahlen aber da kann ich nicht aus dem Stegreif sagen ob ihr Stiefvater in der neuen Ehe sie dann nur angenommen oder adoptiert hatte.

ein anderer Stefan
Reply to  Dave B
11 Jahre zuvor

Da gab es heute gerade einen Bericht über ein Gerichtsurteil, dass anonyme Samenspender nicht mehr anonym bleiben können, wenn die Kinder den Namen wissen wollen. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass der Erzeuger für den Unterhalt des Kindes herangezogen werden kann und diese Kinder auch die Bestattungspflichtigen sein können. Ich denke, mit dem Urteil hat man in Bezug auf anonyme Samenspenden ein Fass aufgemacht. Normal erfährt (bzw. jetzt erfuhr) man die Identität des Spenders nicht.




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