Menschen

Nur nicht abzocken lassen!

„Also, um es gleich zu sagen, wir machen das alles selber. Ich war schon auf dem Gemeindeamt und habe mich erkundigt, wo ich die Sterbeurkunden her bekomme.“

„Gut, setzen Sie sich doch erst einmal, bitte nehmen Sie Platz, dann können wir alles in Ruhe besprechen.“

„Nee, nee, nee, das kenne ich. Am Ende schwatzen Sie mir dann noch einen Sarg auf und andere Sachen die wir nicht brauchen.“

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„Ja, um einen Sarg werden Sie nicht herumkommen.“

„Wieso das denn, mein Vater wird verbrannt. Versuchen Sie bloß nicht, mich davon abzubringen!“

„Nun nehmen Sie doch mal Platz, ich erkläre Ihnen dann alles und zeige Ihnen auch die ganzen Möglichkeiten, wo Sie selbst etwas tun können.“

„Mein Gott! Sind’se doch mal nicht so herablassend. Kaum gibt man einem den ganzen Arm, will er auch noch das Grüne vom Baum!“

„Sie können ja meinetwegen stehen bleiben, aber ich hab‘ Rücken und setz‘ mich jetzt.“

„Also kein Sarg!“

„Einen Sarg benötigen so oder so.“

„Zum Verbrennen?“

„Zum Transport des Verstorbenen, weil es pietätvoller ist und weil es so vorgeschrieben ist.“

„Ja aber dann im Krematorium, da nehmen Sie den Sarg dann zurück und ich zahle, na nennen wir es mal eine Leihgebühr, nicht wahr?“

„Nö.“

„Dann machen wir das selbst!“

„Was, den Sarg?“

„Nein, den Transport und das mit dem Krematorium.“

„Ach, und Sie wollen den Verstorbenen dann in ein Betttuch einwickeln, oder was?“

„Sehen Sie, s’geht schon los! Sie schwatzen mir was auf.“

„Es ist halt Vorschrift. Aber man könnte das preiswerteste Modell nehmen, 270 Euro.“

„Nur 270? Ich dachte die sind teurer.“

„Es gibt auch teurere.“

„Nee, nee, nee, brauchen’se gar nicht mit anfangen, ich will den für 270, ich laß mir nichts aufschwatzen!“

„Und eine Urne oder zumindest eine Aschenkapsel.“

„Ich hab’s doch gewußt, jetzt kommt noch dies dazu, und das dazu, und jenes dazu und am Ende sind wir bei 8.000 Euro.“

„22 Euro kostet die Aschenkapsel.“

„Ach was?!“

„Ja.“

„Gut, nehm‘ ich, aber dann ist Schluß mit lustig, den Rest mache ich alles selbst, ich war schon auf dem Bürgeramt…“

„…und die haben Ihnen gesagt, wo es die Sterbeurkunden gibt. Ist ja schon gut. Wie soll der Verstorbene denn zum Krematorium kommen?“

„Ja sagen Sie mal, machen Sie das heute hier zum ersten Mal? Sie müssen den hin und her fahren, ich habe nur einen Smart und mein Mann bloß den Werkstattwagen mit dem ganzen Werkzeug von der Firma.“

„Ich mache das nicht zum ersten Mal, äh, warten Sie mal. ich muß mich korrigieren, sowas hier, das habe ich doch zum ersten Mal.“

„Wie meinen Sie das?“

„So wie Sie es verstanden haben.“

„Tja, wir haben uns halt sachkundig gemacht, so im Internet bei einem Verbraucherportal und Finanztest und so.“

„Ach ja. So und wir sollen also den Sarg liefern, die Aschenkapsel liefern und den Verstorbenen überführen.“

„Wenn es denn sein muß!“

„Tja…“

„Und da kommt dann aber nichts mehr dazu? Also ich sagte ja schon, wenn man den kleinen Arm reicht…“

„…wachsen gelbe Pflaumen, ja ich kenne das Sprichwort.“

„Sie schlagen aber auf die Preise nichts drauf oder etwas doch? Weil das wäre Betrug. Ich habe gelesen, daß die unseriösen Bestatter ihre Ware zu Spottpreisen einkaufen und dann teurer verkaufen. Unfassbar!“

„Wir sind ja nicht unseriös. Bei uns wird nichts aufgeschlagen, da wird kalkuliert.“

„Das will ich aber auch mal hoffen, das ist ja gesetzlich so vorgeschrieben, daß man kalkuliert, das weiß ich, ich war mal auf der Handelsschule.“

„Also, dann wäre noch die Frage…“

„Nee, nee, nee, nichts weiter! Das ist jetzt genug. Sarg, Urnenschachtel und das mit dem Transport.“

„Und das Grab.“

„Ach ja, stimmt ja. Kann ich das auch bei Ihnen machen?“

„Ja sicher.“

„Ist das teurer, als wenn ich direkt auf den Friedhof gehe.“

„Au ja, am besten wird es sein, Sie gehen direkt zum Friedhofsverwalter, der ist immer froh, wenn eine Frau wie Sie zu ihm kommt – so eine nette…“

„Was macht das jetzt alles zusammen? Wir machen ja alles selbst.“

„700 Euro.“

„Das ist ja gar nicht viel.“

„Ist eben kalkuliert, das ist der Unterschied!“

„Sag ich doch. Ist immer gut, wenn man bei Finanztest nachguckt.“

„Eben.“

„Und sonst so?“

„Gut, danke der Nachfrage.“

„Nee, ich mein‘ nicht, wie’s Ihnen geht, sondern was sonst so zu machen ist.“

„Ach das machen Sie doch alles selbst und mit Links! Den Sterbefall beim Standesamt melden, am nächsten Tag die Sterbeurkunden abholen. Am Friedhofsamt die Bestattung und die Kremierung beantragen, den Grabkauf veranlassen, den Termin mit dem Friedhofsamt, dem Pfarrer, den Sargträgern und dem Organisten abstimmen. Blumen aussuchen und bestellen, am Tag der Trauerfeier beim Gärtner alles abholen. Todesanzeige und Danksagung bei der Zeitung aufgeben. Totenbriefe drucken, Sie haben doch bestimmt einen Drucker zu Hause. Sie wollen ja alles selbst machen. Ach ja, nicht vergessen, den Toten zu waschen und in den Sarg zu betten. Der müßte auch was anziehen…“

„Hören Sie auf!“

„Wieso, Sie wollen doch alles selbst machen.“

„Darf ich mich mal setzen?“

„Bittesehr.“

„Also wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Wofür bin ich denn eigentlich hier? Das sind doch wohl alles Ihre Aufgaben und nicht meine, oder?“

„Könnte man so sagen.“

„Wir wollen zwar alles selbst machen, aber das was Sie da aufgezählt haben, das sollten schon Sie als Bestatter alles machen.“

„Kein Problem.“

„Kost‘ das alles was?“

„Ja sicher.“

„Viel?“

„Kommt drauf an.“

„Hm, können wir es so machen, daß wir zwar alles selbst machen, Sie aber den ganzen Rest?“

„Aber natürlich. Wir machen das so, daß wir jetzt mal gemeinsam ausrechnen, was das alles kostet und Sie fahren dann übermorgen zum Standesamt und holen die fertigen Sterbeurkunden ab. Dann haben Sie ja alles selbst gemacht und wir den Rest.“

„Na, dann können Sie das mit den Sterbeurkunden ja auch noch machen. Wir haben ja genug damit zu tun, die ganze Verwandtschaft anzurufen.“

„Okay! Sie machen alles selbst und wir machen den ganzen Rest, bis auf das Anrufen Ihrer Verwandten.“

„Genau, nur so kann man sparen und wird nicht abgezockt.“


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 17. Oktober 2012

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Adriana
11 Jahre zuvor

Oh mein Gott, unfassbar. 😀 Aber ein krönender Abschluss meines Arbeitstages…. Du machst den Blog und ich den ganzen Rest 😀

Nanny Ogg
11 Jahre zuvor

@Willi:
Igitt. DAS traue ich unserem TOM nu wirklich nicht zu. Eher hätte er sie still und heimlich als Grabbeigabe verwendet als so was. *würg*

Nanny Ogg
11 Jahre zuvor

Warum steht die Antwort jetzt hier und nicht in dem Beitrag, in dem ich sie verfasst hab? *grübel*
Korrekterweise sollte sie unter den Patentmann 9.

Zu diesem Beitrag:
Irre, wie ruhig Du bei solchen Schwachheiten bleiben kannst – ich bin da impulsiver… Mein Job ist zum Glück ohne Kunden von außerhalb, die Mitarbeiter, die mit mir zu tun haben, haben sich schon an meine etwas schräge Art gewöhnt.

Komentarhausmeister
Reply to  Nanny Ogg
11 Jahre zuvor

Kommentar verschoben.

Lochkartenstanzer
11 Jahre zuvor

ich vermisse irgendwie noch das Grabausheben mit der Schippe und das Grabsteinmeißeln. 🙂

Lochkartenstanzer
Reply to  Lochkartenstanzer
11 Jahre zuvor

Ach ja, dürfte man überhaupt selbst das gGrab ausheben? 🙂

donnerLittchen
11 Jahre zuvor

Auch nett :

xxxiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii

(Meldung vom Kommentarhausmeister gelöscht. Es geht nicht, daß hier komplette DPA-Meldungen wiedergegeben werden. Fundstücke und Links bitte über das Kontaktformular melden.)

MSG
11 Jahre zuvor

„Bei uns wird nichts aufgeschlagen, da wird kalkuliert“ ….. *lol*

simop
11 Jahre zuvor

Loriot lebt… Oder auch Kishon… Tom, deine Schreibe ist nur genial! 😀

Brummbär
11 Jahre zuvor

Also passense emol uff: Isch tu mich scheckelig lache und sie mache de ganze Rest (Oder so)

Oliver
11 Jahre zuvor

Als Bestatter rechnet man mit allem, auch mit dem schlimmsten.

Rena
11 Jahre zuvor

Ja, da hat die Dame wohl nicht nachgeschaut, was da alles bei einer Beerdigung auf sie zukommt bzw. „gemacht“ werden muss. Stand wohl nicht im Internet, oder sie hat es überlesen.
Gut reagiert, Tom.

11 Jahre zuvor

Na ja, wenn man nur einen Smart hat… da ist so ein Baumarkt, da bekommt man für 2 Stunden ein Ideenmobil in Transportergröße dazu, wenn man für 200 Euro einkauft. Das sollte für einen einfachen Verbrennungssarg allemal reichen – oder? Schön Platten zuschneiden lassen, mitm Akkuschrauber vor Ort eben zusammenschrauben und ab damit ins Ideenmobil, den Toten abholen… fällt dann auch nicht so auf…

Roland
Reply to  Lotte
11 Jahre zuvor

Dachgepäckträger reicht, da braucht man keinen Transporter.

Hel
11 Jahre zuvor

Ich kann echt nicht nachvollziehen wie man angesichts des Todes sich so viele Gedanken ums liebe Geld und abgezockt werden machen kann! Vielleicht liegt das ja auch daran, dass in meiner Familie eine andere „Sterbekultur“ herrscht, oder zumindest kein Geld der Welt dem Wert nahe kommt den der geliebte verstorbene für uns hatte… Bei uns gab es zwei Beerdigungen in den letzten 3 Jahren und beide bedeuteten einen sehr schmerzhaften Verlust. Meine Familie und ich waren sehr dankbar für die großartige Arbeit, die das Bestattungsinstitut gemacht hat (in beiden Fällen der gleiche Bestatter) Wir fühlten uns super aufgehoben und gar nicht abgezockt, auch wenn man am Ende mehrere Tausend Euro gezahlt hat, das war es wert!

Kirstin
Reply to  Hel
11 Jahre zuvor

Du denkst so und ich auch.
Sogar wahrscheinlich viele leser hier. ABER du siehst ja das es Ausnahmen gibt immer wieder. 😉

Wiesodenn
11 Jahre zuvor

Habe viel gelacht.

Sterben muss man aber selber. Ausser die Erben helfen nach. Drfte bei mir nicht der Fall sein. 🙂

nadar
11 Jahre zuvor

Weia, das gibt einen Erschwerniszuschlag plus Schmerzensgeld. 0o

Astrid
11 Jahre zuvor

*facepalm*

Ja, was du so „lustiges“ erlebt hast…

Josef
10 Jahre zuvor

Ich kenne dieses aus meiner langjährigen Tätigkeit, können wir nicht die Asche in einer Blumenvase beisetzen? Wie nur 500 Euro Rabatt? Ich dachte da wäre mehr drin!! Wer sich wie mein alter Arbeitgeber mit solchen Leuten immer mehr einläßt, und bei jedem weiteren Auftrag noch mehr runterhandeln akzeptiert, ist ganz schnell am Ende! Ich habe selbst erlebt, wie dieses Verhalten von Kunden und andere Gründe zur Pleite geführt haben. Das besondere ist das die „Runterhandler“ dann nach dem Beratungsgespräch in einem schönem Auto aus Stuttgart oder München nach Hause fahren!! Mein alter Chef fährt jetzt ein altes Auto, aber Hauptsache die Kunden sind zufrieden, wie er immer gerne sagte. Man darf auch seine eigenen Interessen nicht aus dem Auge verlieren, und man sollte bedenken wie gross die Verantwortung für seine Mitarbeiter ist! Wer nicht kaufmännisch denken kann, sollte nicht in einem Bestattungsinstitut als Chef sitzen, er hätte lieber in seinem Handwerksberuf bleiben sollen! Wenn ich an manche Deckengarnituren denke, die wie Blei in den Regalen lagen, zum Teil über zehn Jahre, kann ich selbst heute… Weiterlesen »




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