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Olugulade -16-

Wir verbringen unsere Tage mit Daniel und unseren Kindern, so als ob Daniel unser Kind wäre. Keine Besitzansprüche, um Himmels Willen! Aber wir unterscheiden nicht, er muß ebenso gehorchen und bekommt ebenso etwas geschenkt wenn unsere Kinder was bekommen.

Ich kaufe ihm einen Baseball-Handschuh, das Ding kostet nur 19 Euro und er steht im Laden an der Kasse und weint. Sowas Schönes habe er noch nie bekommen. Von der Birnbaumer-Nüsselschweif ist weit und breit nichts zu sehen und nichts zu hören. Ihre Drohung mit der nigerianischen Botschaft war entweder nur heiße Luft oder hat ihre Wirkung verfehlt.

Frau Olugulade kommt nicht richtig auf die Füße. Die Trauer ist zu groß, sie hat keine Zukunftsperspektive. Außer ihren Kindern hat sie nichts und niemanden. Zu mir faßt sie nur zögerlich Vertrauen und ich habe das Gefühl, daß das mehr Dankbarkeit ist und nicht unbedingt Zuneigung. Sie ist sehr reserviert und vollauf mit Benjamin beschäftigt.
Die Frau wird noch einige Wochen brauchen und diese Zeit geben wir ihr, diese Zeit halten wir ihr den Rücken frei. Meine Frau hat nur kurz an die Stirn getippt, als ich sie fragte, was sie davon hält, wenn wir Frau Olugulade finanziell etwas unter die Arme greifen. Und sie tippte sich an die Stirn, weil ich überhaupt gefragt habe: „Sach mal, spinnst Du? Das ist ja wohl klar, oder?“

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Entgegen aller Annahmen bin ich ja kein reicher Mann. Wir haben ein Dach über dem Kopf, gut zu essen, Autos, alles zum Anziehen und auch sonst leiden wir keine Not, aber irgendwie scheint jeder zu glauben, ich könne Geld sozusagen selbstdrucken oder habe gar einen geldscheißenden Esel im Keller.

Wenn ich manchmal so bedenke, was meine Angestellten so an Vorschuß und kleinen Krediten wollen…
Ich bin, glaube ich, zu gutmütig. Aber was soll’s ich behandele sturweg die Leute so, wie ich gerne behandelt werden würde. Auch wenn es mir manchmal schwer fällt. Denn die bekommen alle ihr festes Geld, pünktlich jeden Monat. Ich muß nach Steuern, Abgaben, Ablösen, Mieten, Pachten und und und mit dem auskommen, was dann noch übrig ist. Und so dicke wird, trotz aller Abzocke, auch in unserem Gewerbe nicht verdient. Man muß ja auch immer Rücklagen bilden für schlechtere Zeiten, für Anschaffungen, Umbauten usw.

Mit Daniel machen wir viele Ausflüge.

Das Bild hier zeigt ihn auf einer Burg, die wir besichtigt haben.

Die Tage vergehen und ich hatte Gelegenheit, mit Frau Olugulade wegen der bevorstehenden Urnenbeisetzung zu sprechen. Noch drei Tage sind es bis dahin. Nein, eine Feuerbestattung, das sei nicht das was sie sich vorgestellt habe, aber ihr Mann, das wisse sie, der habe immer gesagt, daß das Einfachste und Sauberste sei. So will sie denn auch nichts dagegen sagen. Sie ist froh, daß alles organisiert ist und hat Angst vor dem schweren Tag.
Meine Frau und eine unserer Freundinnen sind jetzt viel bei ihr und versuchen sie ein wenig aufzubauen.

Doch es kommt dann doch ein wenig anders und die kleinen Fortschritte, die wir bei der trauernden Frau zu beobachten glaubten, wurden gleich wieder zunichte gemacht.

Es ist nachmittags gegen 16 Uhr, da klingelt es bei uns und vier Afrikaner stehen vor der Tür. Herr Ossomowa, Herr John, Herr Smith und Herr Kalombolawa. Sie kommen aus Freundschaft, sind alte Freunde der Familie Olugulade und „want to bring joy and help. Lot of help“.
Sie wollen also Hilfe und Freude bringen, viel Hilfe.

Das ist ja schön, daß sie sich um die Familien bemühen wollen und kaum habe ich sie in der Besucherecke unter den Ikonen auf dem Sofa plaziert, begehren sie sogleich Daniel zu sehen. Der kommt, guckt interessiert und Herr Ossomowa streicht ihm über den Kopf, nennt ihn „my son“ und redet schnell und eindringlich in einer fremden Sprache auf ihn ein. Die Sprache ist durchsetzt mit englischen Wörtern und ich glaube auch etwas Französisch herauszuhören, bin aber nicht in der Lage, irgendetwas zu verstehen. Ich sehe Daniel sofort an, daß er diese Männer noch nie zuvor gesehen hat.

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