Statt eines Grabsteins ließen die Hinterbliebenen des mit 25 Jahren verstorbenen Ricardo Schott auf dem Grab eine 1,55 Meter große Statue in Signalorange aufstellen. UrteiL: Das darf nicht sein.
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Die Hintergründe
In Wallhausen, einem kleinen Ort in Baden-Württemberg mit 3500 Einwohnern, entbrannte vor drei Jahren ein Konflikt zwischen der Ortsverwaltung und den Eltern von Ricardo Schott (✝︎25). Hartmut und Theodora Schott hatten zu Ehren ihres verstorbenen Sohnes eine Statue in Signalorange anfertigen lassen und diese auf seinem Grab im örtlichen Friedhof platziert. Die Statue, die eine Höhe von 1,55 Metern erreicht, löste schnell Kontroversen aus. Friedhofsbesucher störten sich an der grellen Figur.
Gemeinde: Statue soll weg
Die Gemeindeverwaltung kritisierte, die Statue sei zu auffällig und überschreite die zulässige Größe um das Doppelte. Zudem sei der leuchtende Farbton nie genehmigt worden. Man argumentierte, dass die Würde des Friedhofs durch solch eine Grabgestaltung beeinträchtigt werde.
Trotz der Aufforderung, die Statue zu entfernen, blieb sie unverändert stehen, wie sie im November 2021 errichtet wurde. Die Eltern zogen vor das Verwaltungsgericht Stuttgart, um gegen die Anordnung vorzugehen, indem sie kritisierten, die Verwaltung handle gefühllos gegenüber Trauernden. Sie argumentierten, dass die Statue ihnen bei der Bewältigung ihrer Trauer helfe und dass ein Wandel in der Kultur der Friedhofsgestaltung in Wallhausen offenbar noch nicht eingetreten sei.
Gericht: Ja, sie muss weg
Das Gericht jedoch entschied gegen die Familie Schott und ordnete die Entfernung der Statue an. Es begründete seine Entscheidung damit, dass ein Friedhof mehr sei als nur eine Ansammlung unzusammenhängender Einzelgräber; es sei ein Ort, der der Gemeinschaft der Verstorbenen diene. Individuelle Gestaltung finde hier ihre Grenzen. Die Richter betonten, dass Grabmale, die provokant, sensationsheischend sind oder sonst wie Anstoß erregen könnten, dem ungestörten Gedenken an die Toten im Wege stehen. Die Statue verstoße gegen die Friedhofssatzung und das Bestattungsgesetz Baden-Württembergs.
Das Gericht ließ keine Berufung zu. Die Eltern haben jedoch die Möglichkeit, sich an den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim zu wenden, um dort eine Überprüfung des Falles zu erwirken.
Fazit:
Ich kann leider kein Foto von der Statue bringen, wegen der Urheberrechte, die ich achte. Aber das Titelbild gibt die Situation annähern gut wieder. Ansonsten kann man sich bei der BILD-Zeitung selbst einen Eindruck verschaffen:
https://www.bild.de/…orangefarbenes-grabmal-auf-friedhof…
Ich habe hier schon häufig von dem kleinen, inzwischen längst aufgegebenen, Friedhof erzählt, der am Ende der Straße lag, in der ich als Kind gewohnt habe.
Auf diesem Friedhof gab es die unterschiedlichsten Grabsteine. Angefangen von kleinen polierten Platten über mittlere Granitfindlinge bis hin zu den überlebensgroßen Engelstatuen auf den Familiengräbern der ganz Reichen.
Niemand hat sich an der Unterschiedlichkeit gestört.
Auf vielen Friedhöfen findet man auch sehr ungewöhnliche Grabmäler, etwa aus Edelstahl, Glasornamentik oder geschnitztem Holz. Erlaubt ist aber nicht, was gefällt, das muss man wissen.
Gefallen darf einem nur, was erlaubt ist.
Wer also vor hat, auf einem Grab eine ungewöhnliche Figur oder eine seltene Installation aufzustellen, muss sich im Vorfeld erkundigen, ob das überhaupt in dieser Form gestattet ist. Der Besitzer des Friedhofs, also beispielsweise eine kommunale Gemeinde oder eine Kirchengemeinde, kann selbstverständlich bestimmen, wie die Grabmäler auszusehen haben. Meist gibt es hier weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Aber an die muss man sich dann auch halten.
Auskunft kann jeder Steinmetz geben, der auf diesem Friedhof tätig ist und natürlich die zuständige Verwaltung.
Wer einfach etwas hinstellt und sich dann wundert, dass der Eigentümer des Friedhofs das so nicht haben will, der hat selbst Schuld, ist so.
Ob man nun eine signalorangene nahezu lebensgroße Figur gut oder schlecht findet, das sei mal dahingestellt.
gemeldet von „De Kaasoliman“
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Deutsche Bürokraten und spiessige Provinzpolitiker wollen halt die Herrschaft auch über den Tod hinaus behalten.
Ich war mal als Stadtrat vor vielen, vielen Jahren Mitglied im Friedhofsausschuß. Was haben sich da manche echauffiert, pingelige Detailregelungen verabschiedet und überwacht… Der Wille des Verstorbenen oder der Erben hat nicht interessiert.
Sehr schade… klar, wo kämen wir da hin wenn da noch irgendwelches Spielzeug auf Kindergräbern läge, hässliche kunstblumen als dauerdeko weil Oma es zu schwer findet das Grab in Ordnung zu halten, oder so pinkel LED Kerzen aufstellen weil die zu faul und geizig sind alle paar Tage die grablichter zu erneuern… *ironie ende*
Versteh diese paragraphenreiterei auch nicht gut, klar hört die eigene Freiheit da auf wo man die eines anderen berührt… aber kann man bei sowas nicht einfach mal Verständnis zeigen? Zumal ich die Installation gar nicht mal hässlich finde… besser als so mancher Granitblock… man hätte ja auch nur um eine dezentere Farbgebung bitten können… aber nein, es muss weg… ich hoffe die Eltern stellen sich das schöne Stück an einem Ehrenplatz in den Garten und lassen sich von den Korintenkackern nicht ärgern.
Ich verstehe Deinen Standpunkt durchaus.
Aber, die hätten ja vorher auch einfach mal fragen können.
Wenn man einfach gegen die Vorschriften verstößt und dann mit den daraus erwachsenden Konsequenzen nicht einverstanden ist und vor Gericht zieht, ist das Tischtuch zerschnitten, wie man so sagt.
Hätte man sich vorher mal erkundigt, hätte es aber die Möglichkeit einer Einigung oder eines Kompromisses gegeben.
Zum Thema Kindergräber:
Ja, es ist manchen ein Dorn im Auge, wenn auf Kindergräbern Spielzeuge abgelegt werden. Und ich finde, man sollte da ein Auge zudrücken.
Aber: Wenn Eltern eine turmhohe Installation aufs Grab setzen, die das für das größere Kind gedachte Baumhaus symbolisieren soll, und dieses dann mit Bobby-Cars, 40 Puppen und Hampelmännern und einer Vierteltonne (!) Plastikgedöns verzieren, dann ist der Bogen weit überspannt.
Übrigens: Das totgeborene Kind wäre heute 50 Jahre alt.
Wohl wahr, Unwissenheit/Optimismus oder was auch immer mögen sie dazu verleitet haben… vor Gericht ziehen war dann aber maximal „dumm“, wer ne Frage stellt, bekommt ne Antwort, wenn die nicht schmeckt ist da nur noch schwer dran zu rütteln. Und nach der Lage konnte das Gericht ja gar nicht anders entscheiden. Die Eltern hätten vorher schon auf einen Kompromiss hin wirken sollen, getreu dem Motto „was müssen wir an der Statue verändern damit sie ok ist“…
Eltern sollten niemals ihre eigenen Kinder zu Grabe tragen müssen, von daher empfinde ich neben einem Berg von Mitleid auch jede Menge Toleranz mit den unglücklichen denen sowas widerfahren ist.
Und, ich hab doch schon so oft vom „inhaltsreichen Händeschütteln“ gesprochen. Ich bin gegen Korruption im Sinne von dem, was „da oben“ gemacht wird; aber so ein Zwanziger in den Händen eines kleinen Friedhofsarbeiters kann wahre Wunder wirken. Ob das hier geholfen hätte, ich weiß es nicht… Ich kenne auch die Leute und die näheren Umstände in diesem Fall nicht. Aber oft genug ist es so, dass jemand sich einfach über Bestimmungen hinwegsetzt, dann die Quittung dafür bekommt und anschließend seine eigene Situation in einem Aufschrei der Empörung zu einer öffentlichen Sache machen will. Ich erinnere mich an einen Kleingartenbesitzer, dem sie wegen nicht bezahlter Wasserrechnungen das Wasser abgestellt hatten. Er hatte dann wochenlang Bettlaken mit Beschriftungen an seine Hecke gehängt, einen Hungerstreik begonnen und 40-seitige Telegramme an den Papst geschickt…
Lesen Sie mehr auf: https://bestatterweblog.de/orangefarbene-puppe-muss-weg-gericht-friedhof-ist-ort-der-gemeinschaft/#comment-589942
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Der Copyrighthinweis ist nur deshalb, weil ich meinen eigenen Text copy&pasten musste
An den Gehaltvollen-Händedruck hab ich auch direkt gedacht, wollte den Zündstoff aber nicht auch noch liefern… Ich denke auch gegen eine Spende an den Betreiber hätte man vielleicht eine Ausnahme bekommen können, etwas abseits wo sich niemand stört…
Das die Leute sich gerne empören und das zu einem gesellschaftlichen Feldzug erklären sieht man ja leider immer öfter… und in den Weiten des www finden sich auch immer irgendwelche Befürworter die laut mit krakehlen.
(Neuste Empörung nach dem maximal pigmentierten Schaumkuss und der balkansauce ohne festen Wohnsitz ist jetzt Pizza Hawaii bzw Toast Hawaii… da die Ananas von den bösen USA auf Hawaii erst in den Massenanbau ging… Ich bin ja so froh das Kriege und Hunger im 21. Jahrhundert gelöst sind und wir uns endlich um so wichtige Sachen kümmern können)
Mir gefällt die Statue, blöd ist halt dass sie zu groß ist. An die Abmessungen müssen sich alle halten und Holz oder Stein wäre vielleicht auch von allen genehmigt worden.
Auf der anderen Seite wäre vielleicht auch etwas Toleranz sinnvoll – schließlich wollen immer weniger Leute in großen Gräbern auf einem Friedhof bestattet werden.
Ich finde ja manche Regelungen auch doof und althergebracht. Ein bißchen mehr Flexibilität wäre oft angebracht. Aber man hätte doch vorher abklären können, wo der beste Platz für etwas Ungewöhnliches ist, und wie weit das Ungewöhnliche gehen darf, bis wohin der Friedhofsbetreiber mitspielt und ob es nicht auf einem anderen Friedhof/Gräberfeld Alternativen gegeben hätte.
Ja Du hast Recht.
Ich habe ja Toleranz vorgeschlagen, ABER wo ist der Anfang und wo das Ende der Toleranz?
Das hätte man wirklich vorher klären müssen.
Bedenkt man, dass es sich in diesem Fall um ein Grab ohne Gestaltungsvorschriften handelt und trotzdem so viele Leute meinen doch bei der Gestaltung mitzureden stellt sich mir die Frage wie das erst wäre wenn Gestaltungsvorschriften vorhanden wären, mhhh. Also irgendwie ne Mogelpackung des Friedhofes. Ich kann auch ehrlich gesagt nicht nachvollziehen wieso Menschen sich über die Grabgestaltung anderer beschweren, in der Regel gehe ich zu dem Grab der verstorbenen Person die ich besuchen möchte und ich finde es irgendwie befremdlich, dass Leute dabei ernsthaft Grabstätten anderer bewerten und sich sogar noch trauen dies auszusprechen in Form einer Beschwerde. Das wäre ungefähr so als wenn ich mich beim Bürgermeister über den Garten meines Nachbars beschweren, weil er mir nicht gefällt. Da würde sich aber wahrscheinlich niemand für interessieren. Ich gehe mal davon aus, dass es sich bei den umliegenden Gräbern auch um Gräber mit freier Gestaltung handelt, also sollte doch auch für diese bekannt gewesen sein, dass es auch ungewöhnliche Grabgestaltungen in der Nachbarschaft dann geben kann. Bin dabei, dass dies erstmal ungewöhnlich ist, aber… Weiterlesen »