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Pappsärge, mal wieder

Immer wieder gehen die Hersteller von Pappsärgen und so genannten Peace-Boxen an die Öffentlichkeit und weisen auf ihr innovatives Produkt hin. Und immer wenn das geschieht, gerade jetzt am Wochenende gab es wieder solche Berichte, quillt bei mir das Mail-Postfach über.

Was denn an diesen Pappsärgen dran sei und warum sich die Bestatter denn immer weigern, diese Särge zu nehmen, wo die Dinger doch so billig sind?

Ganz einfach: Kein Bestatter verschließt sich neuen Methoden und Herstellungsverfahren. Wenn es da was Neues gibt, stellen sie es sich in ihren Laden oder nehmen es zumindest völlig risikolos in ihren Katalog auf und bieten es ihren Kunden an. Die allein entscheiden dann, was gekauft wird und was nicht. Als vor einigen Jahren Urnen aus gepresstem Zellstoff aufkamen, dachte ich persönlich zunächst, die würde gewiss kein Mensch kaufen.

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Saß ich beim Kunden und sagte: „Wir haben da auch noch ein sehr ordentlichen Modell aus Pappe“, wurde sofort abgewunken. Das Wort Pappe allein schreckte ab. Sagte ich hingegen „Naturwerkstoff“ oder „Pflanzenfaserverbundstoff“ oder irgendetwas anderes, was nicht nach Pappe klingt, war das Interesse schon größer. Völlig anders sah das aus, als ich die erste Urne dieser Art in meinem Laden in der Ausstellung stehen hatte. Da deuteten auf einmal 20% der Kunden spontan auf „die schöne Urne aus Granit“ und waren dann ganz erstaunt, wenn ich sie ihnen zum Anfassen gab. Seitdem verkaufe ich recht viele Pappurnen.

Man kann also durchaus nicht sagen, wir würden uns dem Material an sich verweigern. Fakt ist aber einfach, daß ich auf keinem einzigen Friedhof hier in der Gegend einen Sarg aus Pappe beisetzen dürfte.
Die Friedhofsordnungen schreiben festes Vollholz vor. Ja manche Friedhofsbetreiber machen schon bei Spanplatte oder Sperrholz Probleme. Bei Einäscherungen nimmt mir hier auch kein in der Nähe liegendes Krematorium einen Pappsarg ab. Das Sargholz ist wesentlicher Bestandteil des Verbrennungsvorgangs, fehlt dieses, kommt es zu einer unzureichenden Einäscherung. (1)

Ich habe weder Lust noch Laune, mich mit Friedhofs- und Krematoriumsbetreibern bis vor das höchste Gericht herumzustreiten, ob denn nun Pappsärge tatsächlich nicht für Erd- oder Feuerbestattungen geeignet sind, denn meine Kunden kaufen mir so etwas nicht ab. Ich merke das schon daran, wenn wir einen unserer schönsten Holzsärge anbieten und sagen, der sei aus Pappel.
„Pappe?“ heißt es dann entsetzt. „Das kommt für uns nicht in Frage.“

Und günstig finde ich Pappsärge unterm Strich auch nicht. Es gibt so günstige einfache Vollholzsärge am Markt, da braucht man nicht auf Pappe zurückgreifen.
Wenn mir bislang jemand solche Pappboxen angeboten hat, genügte ein kurzer Blick in die Lieferantenpeisliste und ich fand wenigstens drei Holzsärge, die weniger oder gleichviel kosten.

Vom Aussehen her gehen die Pappboxen in Ordnung. Auch ihre mechanische Belastbarkeit bei Transport und Beisetzung ist geprüft und einwandfrei. Ich würde sie anbieten, wüßte ich wo ich sie dann auch loswerden könnte.

Für Krisenfälle und weil sie so flach und leicht zu lagern sind, habe ich einige dieser Pappsärge am Lager und auf der letzten Gewerbeschau habe ich so einen auch als mögliche Alternative ausgestellt. Die Leute finden das interessant und sagen „Warum eigentlich nicht?“ dann aber auch „Ich würde für mich aber lieber einen Holzsarg nehmen.“

(1) In amerikanischen Filmen (u.a. in „Six feet under“ oder Columbo Folge „Das Aschenpuzzle“) sieht man häufiger, daß amerikanische Bestatter die Verstorbenen in Pappschachteln einäschern lassen. In den USA ist das möglich, da dort die Krematorien anders funktionieren als hierzulande.

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