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Projekt Reblaus -2-

Hausintern sprechen wir vom Projekt Reblaus und von den Rebläusen. Warum das so ist, steht in diesem Artikel hier.

Wir haben, um das noch einmal auch den neu Hinzugekommen zu erklären, ein Haupthaus mit Verwaltung und technischer Abteilung. An zwei weiteren Standorten haben wir Filialen, bei denen es sich im Wesentlichen um Ladenlokale handelt, die nur sporadisch besetzt sind und zu denen wir hinfahren, wenn sich in diesen Ortschaften jemand wegen einer Bestattung meldet.

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Ursprünglich hatte ich geplant, das allgemeine Sterben des Einzelhandels schamlos auszunutzen und weitere lange leerstehende Ladenlokale in weiteren Ortschaften für diesen Zweck anzumieten.

Aber die Verhandlungen mit den Vermietern gestaltete sich extrem schwierig. Vor allem die total überzogenen Mietforderungen haben mich nur mit dem Kopf schütteln lassen. In einer klassischen B- oder C-Lage zahlt kein Mensch mehr als 5 Euro pro Quadratmeter.

In einer Ortschaft steht seit dreieinhalb Jahren eine ehemalige Buchhandlung leer. Seitdem hängt dort auch ein „Zu vermieten“-Schild im Fenster. Nach so langer Zeit sind die Mieterwartungen normalerweise auf einem bezahlbaren Level angekommen, nicht jedoch in diesem Fall.

Nein, schon alleine wegen dem Euro müsse er jetzt sogar mehr verlangen, als von seinem letzten Mieter und unter 2.000 Euro plus Steuer und Nebenkosten gehe da gar nichts. Der Laden hat gerade einmal 112 qm.

Ein anderer Vermieter beharrt darauf, daß ich das Geschäft über das Immobilienbüro seiner Tochter abwickele. Da ich aber von dem Mietobjekt erfahren habe, ohne einen Makler zu brauchen, sehe ich nicht ein, daß ich nun nachträglich noch 3.600 Euro als Courtage zahlen müsste.

Der nächste Hausbesitzer möchte gleich drei Monatsmieten Kaution, erklärt aber im selben Atemzug, daß er in 30 Jahren noch niemals eine Kaution wieder zurückzahlen musste, da er als ehemaliger Malermeister immer was findet.

In der nächsten Ortschaft äußerte der Vermieter gleich seinen abgrundtiefen Hass gegen alle Mieter. Das seien alles Mietbetrüger, Mietnomaden, Pleitegeier, die nichts Besseres zu tun haben als die Miete zu mindern und ständig Reparaturen einzufordern. Seinen Laden vermiete er nur gegen Vorauszahlung einer Jahresmiete.

Aber richtig geärgert habe ich mich über folgenden Vorfall:
Ein anderes Objekt hatte dann endlich anmieten können. Der Laden liegt optimal an einer Hauptstraße mit viel Durchgangsverkehr. Die Räumlichkeiten waren großzügig geschnitten und weil das vorher ein Blumengeschäft gewesen ist, mussten wir heftigst in Umgestaltungsmaßnahmen investieren. Sowas kostet Geld, vor allem weil wir viel Trockenbauarbeiten machen lassen mussten, denn die ursprüngliche Bausubstanz durfte nicht angetastet werden.

Nach einem Monat war alles fertig und wir eröffneten die Filiale Nummer 3. In Telefonbüchern, Branchenverzeichnissen und auf unseren Hausdrucksachen ergänzten wir die zusätzliche Adresse.

Einen Tag nach der Eröffnung kam dann der Vermieter in unser Hauptbüro und überreichte mir die Kündigung. In der Wohnung über dem Laden wohnt eine Familie und die Eltern haben sich der Gruppe der „Rosenkreutzer“ angeschlossen und heftigst mit sofortigem Auszug gedroht, sollte der Bestatter nicht ausziehen. Und das obwohl wir dort ja nur ein Beratungsbüro eingerichtet hatten, ohne technische Abteilung (sprich: ohne Leichen).

Bei gewerblichen Mietverträgen hat man keinen solchen Kündigungsschutz, wie das vielleicht viele von ihrem Wohnungsmietvertrag kennen. Jeweils alle 6 Monate kann so ein Vertrag u.U. gekündigt werden. Ich hatte wegen der Umbaumaßnahmen schon eine Option herausgeschunden, daß frühestens nach einem Jahr gekündigt werden kann. Gott sei Dank nur als Option! Denn die habe ich jetzt natürlich nicht gezogen. Eine Filiale kann ich weder für ein halbes, noch für ein ganzes Jahr brauchen.

Im Endeffekt sah das so aus, daß der Vermieter sich nicht umstimmen ließ und wir binnen zwei Wochen alles wieder abgebaut haben. Bloß daß keiner großartig was mitbekommt, denn eine schnell verschwundene Filiale nährt schnell das Gerücht, uns ginge es finanziell schlecht. Ich war froh, daß noch keine Reklametafeln angebracht waren und daß ich noch keine PR-Anzeigen geschaltet hatte. Zwei von drei Telefonbucheinträgen konnte ich auch noch stoppen.
Unterm Strich hat mich der „Spaß“ 11.000 Euro gekostet, inkl. einem halben Jahr Miete für den nicht genutzten Laden.

Man zahlt halt immer wieder Lehrgeld.

Das ist mit einer der Gründe, warum wir auf das risikolosere Projekt Reblaus setzen.

Inzwischen haben wir drei Herren gefunden und die entsprechenden Verträge abgeschlossen. Ab Anfang Dezember arbeiten diese Männer freiberuflich nebenher für uns. Bis dahin sind die Schaukästen und beleuchteten Schilder fertig und montiert und ab nächste Woche schulen wir die neuen Mitarbeiter.

Dann können die Bewohner der Ortschaften in denen diese Herren ihre „Filialen“ haben, direkt zu denen gehen und alles besprechen und bestellen. Die Leute müssen dann nicht mehr in die Stadt fahren.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#projekt #reblaus

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(©si)