Rolf Boysen ist tot. Er wurde 94 Jahre alt und wird vor allem den etwas älteren unter uns auch vom Fernsehen her bekannt sein.
Es liegt in der Natur der Sache, daß jemand, der so alt geworden ist, die Zeit seiner größten Erfolge vor Jahrzehnten hatte und dem jüngeren Publikum nicht mehr so bekannt ist.
Erstaunt hat mich ein Kommentar bei T-Online:
Ricola: R.I.P. – aber wen interessiert das? Theater-Liebhaber vllt. – der Großteil der arbeitenden Bevölkerung hat wahrscheinlich nie was von diesem Typen gesehen.
Wenn ich irgendwo die Todesnachricht über eine Person lese, die mir jetzt nicht so geläufig ist, nehme ich das zur Kenntnis und oft genug interessiere ich mich gerade dann für diese Person.
Wie oft bekomme ich von freundlichen Leserinnen und Lesern Meldungen über den Tod irgendwelcher Rap-Musiker oder equadorianischer Lyriker, die ich nicht kenne. Trotzdem hält man angesichts des Todes inne, die Füße still und läßt dem Toten einfach seinen Frieden.
Vor allem düpiert man diejenigen, die den Verstorbenen vielleicht doch kannten, nicht mit Bezeichnungen wie „diesem Typen“.
Mehr über Rolf Boysen hier und über seinen Tod hier
Vielleicht hilft einem auch das Gesicht weiter und man sagt dann: „Ach der! Den kenn‘ ich ja doch!“ Hier gibt’s Bilder.
Immerhin ist die Liste der Film- und Fernsehauftritte (daß viele nicht ins Theater gehen, kann ich noch verstehen) ja ansehnlich lang:
1958: Der kaukasische Kreidekreis (Nebenrolle als Simon Chachava, Regie: Franz Peter Wirth)
1960: Hamlet, Prinz von Dänemark (TV, als Bernardo, Regie: Franz Peter Wirth)
1962: Bekenntnisse eines möblierten Herrn (TV, Regie: Franz Peter Wirth)
1965: Requiem einer Nonne (TV, nach William Faulkner)
1966: Pontius Pilatus (TV, als Judas, Regie: Hagen Müller-Stahl)
1967: Michael Kohlhaas (TV-Siebenteiler, Titelrolle, Regie: Wolf Vollmar)
1967: Liebesnächte in der Taiga
1968: Die Odyssee (TV-Mehrteiler, RAI/ZDF u.a., als Agamemnon)
1969: Zehn kleine Negerlein (TV, nach Agatha Christie, als Philip Lombard)
1969: Das Trauerspiel von Julius Caesar (TV, als Marc Anton, Regie: Michael Kehlmann)
1972: Der Illegale (TV-Zweiteiler, als Oberleutnant Sergej Mossewnin)
1973: Du stirbst nicht allein – Ein deutscher Kriegspfarrer in Paris (Regie: Jürgen Goslar)
1974: Als Mutter streikte (als Verleger Hansen)
1978: Wallenstein (TV/ZDF, TV-Vierteiler, Titelrolle, Regie: Franz Peter Wirth)
1979: Die wunderbaren Jahre (als Pfarrer, Buch u. Regie: Reiner Kunze)
1979: Die Buddenbrooks (TV-Vierteiler, als Lotsenkommandant Diederich Schwarzkopf)
1981: Derrick: Prozente (ZDF, 86. Folge)
1988: Ein Sohn aus gutem Hause (als General Bardolo, Regie: Karin Brandauer)
1990: Der zerbrochene Krug (als Dorfrichter Adam, Regie: Dieter Dorn)
1992: König Lear (Titelrolle, Regie: Dieter Dorn)
1997: Prinz Friedrich von Homburg (als Kurfürst Friedrich Wilhelm v. Brandenburg, Regie: Dieter Dorn)
2001: Johann Wolfgang von Goethe: Faust I (TV, Erzähler, Aufzeichnung der Inszenierung von Peter Stein)
2001: Johann Wolfgang von Goethe: Faust II (TV, Erzähler, Aufzeichnung der Inszenierung von Peter Stein)
2003: Die lange Bibel-Nacht (Lesung)
2004: Der Kaufmann von Venedig (als Shylock, Fernsehregie: Hans-Klaus Petsch)
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
Schade, ich erinnere mich gerne an die Wallenstein-Serie des ZDF, die oben erwähnt ist. Er wird mir immer als sehr eindrücklicher Wallenstein in Erinnerung bleiben.
Ich (als nicht ganz 30-Jähriger) kenne ihn eigentlich nur aus der (Mammut-)Hörspieladaption von „Per Anhalter ins All“ – aber da ist er mir im Gedächtnis geblieben.
Nisi nil bene – nichts, wenn nichts gutes (sollte man über einen Verstorbenen sagen). Oder wie man heute sagt: Einfach mal die Klappe halten. Der oben zitierte Kommentar ist so dämlich wie überflüssig.