Menschen

Salzsuppe

orgel

Die Sonne hat jetzt recht schnell den Schnee vor unserem Haus weggetaut. In anderen Regionen der Republik sieht es anders aus, ich weiß. Für die Beseitigung des Schnees ist mein Sohn verantwortlich. Er hat sich Hinternachbar Nasweis-Lästig angedient und fegt ihm gänzjährig 14tägig den Bürgersteig (Trottoir, Gehweg), im Herbst alle 4-5 Tage wegen des Laubs und im Winter je nach Schneefall.

Mir ist das aus drei Gründen ganz recht. Zum einen lernt der Junge, daß das Geld nicht in Papas Portemonnaie wächst, dann ist es gut, wenn er beschäftigt ist und zum dritten verhindert er, daß Nasweis-Lästig irgendwelche WUWAs aus den Zeiten des alten oder des kalten Krieges zum Einsatz bringt.

Nasweis-Lästig hat nämlich eine benzinmotorgetriebene Allzweckwaffe aus England, mit dem man Laub blasen, Gras mähen, ganze Kirschbäume häckseln und auch eine Bürstwalze betreiben kann. Je nach Einsatzzweck wechselt er die Anbauteile.

Werbung

Das Ding muß von Churchills Großneffe entwickelt worden sein, der ja bekanntlich stocktaub war.
Jedenfalls macht es so ungeheuren Lärm, daß man damit ganze Wohnsiedlungen zwangsevakuieren könnte. Nur hält sich Nasweis-Lästig nicht an meine Adressempfehlungen sondern kehrt, was sonst gar nicht so seine Art ist, immer nur vor der eigenen Tür. Und das tut er mit Vorliebe dann wenn ich meine Ruhe haben möchte, also immer.

Ja und wenn mein Sohn schon für Herr Nasweis-Lästig Staub, Laub und Schnee entfernen kann, dann kann er die paar Meter vor unserer Hütte auch noch miterledigen und zwar kostenlos. Such is life!

Nun macht er das auch gerne, ihm fehlt -im Gegensatz zum weiblichen Teil unserer Familie- das Gen zum Nörgeln, Meckern und Dauerbebbern. Meine Tochter muß auch hin und wieder Frondienste leisten, tut dies aber widerwillig, mit angewidertem Gesicht und bebbert die ganze Zeit vor sich hin. Wer bebbern nicht kennt, der stelle sich Mutter Hesselbach und Heidi Kabel gleichzeitig in einer Person vor.

Mein Sohn macht das Schneefegen vor der Schule und bei Bedarf nachmittags nochmals. Nur der Zeitungsmann macht ihm immer wieder einen Strich durch die Rechnung, der kommt nämlich so früh, da ist noch kein Schnee beseitigt und so tritt der Zeitungsmann immer einige Stellen fest. Die gehen dann hinterher schwer weg und bleiben bisweilen, wenn mein Sohn mal den Schnee nur so weggepfuscht hat, als festgetretene Eisschneeinseln liegen.

„Da mußt Du was machen!“ bat mich meine Frau liebevoll, doch mal eben diese Eisinseln zu beseitigen. Das Personal ist natürlich schon weg und wie ich feststellen muß, ist auch unser ganzes Streusalz weg. Manni muß ja die Rampe zur Tiefgarage hinterm Haus zuverlässig freihalten und das geht nur mit Salz. Ansonsten, schon um alle Aufreger zu beruhigen, sind wir ganz arg sparsam mit dem Salz und nehmen auch nur rechtsdrehendes.

Jedenfalls wußte ich mir nicht anders zu helfen, als ein Päckchen Speisesalz zu verwenden.
Früher gab es ja mal das sogenannte Viehsalz, das man meistens zum Streuen nahm, es war billiger als Speisesalz, man konnte es aber nicht essen.
Andersherum hat es aber schon immer funktioniert, wenn man nämlich Speisesalz zum Streuen nimmt.

Kommt doch tatsächlich, während ich höchst sparsam kleine Mengen Salz aus der 500-Gramm Küchenpackung in die Hand rieseln lasse und damit gezielt die kleinen arktischen Flecken bestreue, die Nachbarin von schräg gegenüber aus der Haustüre gewackelt und staucht mich zusammen.

Ihre ganzen Einmeterfünfundfünfzig in die Waagschale werfend und auf ein Leben von ganzen 71 Jahren zurückblickend, beschimpft sie mich und zetert, wie ich es denn wagen könnte, Essen auf die Straße zu werfen.
In Afrika verhungern die Kinder, in Haiti fallen die Häuser um und den Griechen geht es wirtschaftlich auch schon ganz schlecht. „Und Sie schmeißen hier mit wertvollen Lebensmitteln um sich, als seien Sie Millionär! Selbst wenn Sie Millionär sind, dann gehört sich sowas nicht, nach dem Krieg wären wir froh gewesen um jeden Krümel Nahrung.“

Sprachs, schüttelt ihre niedliche Faust in meine Richtung und stapft von dannen.

Gut, gibt’s heute Abend eben Salzsuppe für alle.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)