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Särge kloppen

Ich schrieb neulich darüber, daß Sandy und Nadine im Keller „Särge gekloppt“ haben. Das wunderte eine Leserin:

Ich dachte immer ihr bezieht die Särge fix und fertig. Dass ihr die noch ausstattet, wundert mich schon sehr.

Unter „Särge kloppen“ verstehen unsere Bestatter das Herrichten und Montieren des Sarges und der Beschläge.
Wenn wir Särge geliefert bekommen, sind die zu 98% innen roh und ohne Griffe und Schrauben.

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In „sterbeschwachen“ Zeiten kloppen die Männer eben Särge.

Das bedeutet…

… sie stellen zunächst den Sargunterkasten auf zwei Holzböcke.
Manche Särge werden aus transporttechnischen Gründen ohne montierte Füße geliefert, sodaß zunächst einmal die vier Füße am Sarg montiert werden müssen. Ein Nagelschußgerät hilft hierbei. Nichts ist peinlicher als ein abgefallener Sargfuß während der Trauerfeier oder Beisetzung. Trotzdem müssen die Füße so befestigt sein, daß sie mit einigen festen Hammerschlägen entfernt werden können. Manches Krematorium besteht darauf, daß die Füße bei der Anlieferung des Sarges entfernt werden, was etwas mit den Förderbändern etc. zu tun hat.

Falls noch keine Löcher für die Griffe vorhanden sind, markieren die Bestatter die entsprechenden Stellen mit einer Schablone. Das ist bei uns eine einfache Holzlatte, auf der die Abstände für die verschiedenen Särge markiert sind.
Dann werden die Löcher gebohrt, je nach Sargmodell acht oder zwölf Löcher. Zur Verzierung werden an den Bohrstellen Rosetten angebracht, die entweder getackert oder geschraubt werden müssen. Anschließend können die Griffe durch Rosetten und Sargwandung hindurchgeschoben und von innen mit Unterlegscheiben und Muttern gesichert werden. Das Ganze muß stabil und sorgfältig ausgeführt werden, denn schließlich zieht man auch mal einen beladenen Sarg an einem oder zwei Griffen aus dem Wagen heraus.

Sind die Griffe montiert, geht es an die Innenausstattung.
Um sicherzustellen, daß keine Flüssigkeit aus dem Sarg austreten kann, wird die Innenseite mit einer wasserundurchlässigen, verrottbaren Folie ausgeschlagen. Hierbei kann es sich auch um Wachspapier oder imprägnierten Stoff handeln.
Auf diese Schutzschicht kommt nun eine Schüttung aus saugfähigem Material, die weiter sicherstellen soll, daß alle Flüssigkeiten im Sarg gebunden werden. Verwendet wird hierfür Torf, Sägemehl, Hobelspäne, Papierhäcksel usw..
Manchmal wird auch nur eine entsprechend gefüllte Sargmatratze verwendet, wir machen das nicht so.
Bei uns kommt die Sargmatratze auf diese Schüttung. Bei hochwertigen Ausstattungen kann es sein, daß über die Schüttung noch einmal ein weißes Tuch getackert wird, das verhindert daß die Schüttung im Sarg verrutscht.

Es ist im Wesentlichen von der Art der verwendeten Innenbespannung abhängig, ob die Matratze direkt auf der Schüttung zu liegen kommt oder ob die Bespannung dazwischen ist. Die Sargbespannung kann nämlich eine einteilige Schnellbespannung sein oder aus Stoffbahnen geschnitten werden.
Die Schnellbespannung kann man sich so vorstellen, wie einen Spannlaken fürs Bett. Ringsherum hat sie ein dünnes Gummi und ist meistens in Falten gerafft. Sie wird auf die Größe des Sarges auseinandergezogen, passt für fast jeden Sarg, und wird dann ringsherum innen an der Oberkante des Unterkastens und auf dem Sargboden festgetackert.
Bei Stoffbahnen kommt der Stoff von der großen Rolle.

Um die vielen Tackernadeln ringsherum zu kaschieren, wird eine Spitzenborte oder ein sogenanntes Lotband darübergesetzt und ebenfalls festgetackert. Das macht man dann so, daß man die Tackerschüsse nicht sieht.

Handelt es sich um ein höherwertiges Sargmodell oder hat das Sargmodell eine schäbige Innenkante, dann wird die Leiste, auf der später der Deckel liegen wird, auch noch ringsherum mit Lotband verziert. Lotband ist bei uns eine schwarze feste Borte mit einem silbernen Palmenmotiv.

Wenn die Sargmatratze nicht schon im Sarg liegt, kommt diese jetzt hinein.
Dann wird das Kissen gestopft. Diese werden nämlich flach und leer geliefert. Das Stopfen geschieht mit Holzwolle oder Papierschnitt. Früher nahmen manche Bestatter auch zerknüllte Zeitungen, das macht man heute kaum noch.
In aller Regel wird das Kissen unten dann zugeheftet, wir haben aber vor Jahren mal günstig eine Sacknähmaschine bekommen, wo wir die Kissen eben drunter durchziehen und grob zunähen. Die Unterkante des Kissens ist später ja nicht mehr zu sehen.
Die Decke muß nicht gefüllt werden und wird zusammengelegt in den Sarg gelegt.

Kissen und Decke sind allerdings nur dann vonnöten, wenn es sich um einen aktuell benötigten Sarg handelt.
Bei Särgen, die auf Vorrat „gekloppt“ werden, kommen diese beiden Sachen nicht hinein, sondern erst, wenn der Kunde sie ausgesucht hat.

Bevor der Unterkasten ausgeschlagen wird, kommt aber zunächst noch der Deckel an die Reihe.
Auch er bekommt unter Umständen eine komplette Innenbespannung aus Stoff und ein Lotband. Das wird zumeist dann gemacht, wenn der Deckel in geöffnetem Zustand zu sehen ist. Bei manchen Aufbahrungen wird der Deckel nicht komplett entfernt sondern nur aufgeklappt, dann würden die Abschiednehmenden die rohe Holzinnenseite sehen und wir verkleiden diese dann auch.
Danach wird der Deckel auf den Unterkasten gesetzt und wieder mit einer Schablone werden vier oder sechs Löcher durch den Deckel in den Unterkasten gebohrt. Hier sollen nachher die Sargschrauben eingedreht werden.
Bevor das aber gemacht werden kann, kommt auf jedes dieser Löcher noch eine Rosette oder ein Lochsteg aus Kunststoff oder Metall, die wiederum angetackert, zumeist aber mit jeweils zwei Schräubchen angeschraubt werden müssen.

Je nach Modell müssen jetzt noch Verzierungen oder Symbole montiert werden. Das kann ein Deckelkreuz mit oder ohne Korpus sein oder eine geschnitzte Rose usw..

Danach kommt eine Schutzdecke aus Filzvlies über den Sarg und er wird gestapelt oder ins Regal gestellt oder eben für eine aktuellen Fall verwendet.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.


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Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 25. August 2008 | Revision: 10. April 2016

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