Frag doch den Undertaker

Särge, Schnitzel, Coca Cola und Tempo-Tesa-Film

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Lieber Tom,

wir sind keine Prinzipienreiter, aber sehr unzufrieden. Etwas näher zur Sache: Wir hatten in der verg.Woche eine Beerdigung mit anschliessendem Treffen der Familie in einer Gaststätte. Mit der Beerdigung waren wir zufrieden, es dreht sich um das Kaffetrinken. Mit dem Wirt hatte ich alles abgesprochen und im Voraus die Preise geklärt. Das Essen geht soweit in Ordnung. Aber bei den Getränken hat was nicht gestimmt. Die Gäste haben zum größten Teil Fanta, Coca und Sprite bestellt und Kffee. Alkoholisches wurde nur vereinzelt genommen.
Okay. Aber am Ende bin ich dann bezahlen gegangen und sah dann hinter der Theke, dass der Wirt statt Fanta, Coca und Sprite ähnliche Produkte aus anderthalb Liter Billigflaschen eingeschenkt hatte.
Ist ja eigentlich nur eine Kleinigkeit, aber wie sieht das aus. Hätte der uns nicht echte Fanta, Cola und Sprite liefern müssen?

Ich bin kein Rechtsanwalt und falls ich mich irre, mögen die Fachleute sich in den Kommentaren melden.
Aber wenn Du in einem Lokal eine Bestellung über bestimmte Speisen und Getränke aufgibst und der Wirt die Bestellung annimmt, habt ihr einen Vertrag geschlossen. Wer also Fanta und Sprite bestellt, darf eigentlich auch darauf bauen, daß sich im Glas anschließend auch Fanta und Sprite befinden, denn bei diesen Namen handelt es sich um Markenbezeichnungen und nicht etwa um Gattungsbezeichnungen für alles Mögliche was so ähnlich schmeckt.

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Bei Cola sieht das etwas anders aus. Cola steht für eine ganze Reihe von coffeinhaltigen Limonaden. Auch Pepsi Cola trägt das z.B. im Namen. Wer also nur Cola sagt, bekommt auch nur irgendeine Cola. Coca ist hingegem auch Bestandteil des Namens Coca Cola, was wiederum eine Markenbezeichnung ist.

Aber man kennt das ja. Sagt man Tempotuch, meint man in der Regel ein Papiertaschentuch ganz allgemein und nimmt man Tesa-Film, so meint man irgendeine Kleberolle.
So ist es inzwischen in der Gastronomie allgemein üblich, daß Fanta als Sammelbegriff für eine Orangenlimonade und Sprite für Zitronenlimonade steht.
Meiner persönlichen Meinung nach darf man aber normalerweise erwarten, daß man auch genau das bekommt, was man bestellt. Wenn der Wirt diese Markenprodukte nicht führt und ein anderes Markenprodukt oder gar ein No-Name-Produkt ausschenkt, müßte er das im Grunde eigentlich bei der Bestellung sagen.

Mir persönlich ist das solange egal, wie der Wirt auf der Karte nicht die Markenbezeichnungen verwendet und nicht im Restaurant auch noch Coca-Cola-Werbung hängen hat. Ist das so, daß er beispielsweise an der Theke eine Zapfmaschine für diese Markenprodukte stehen hat und ich bestelle diese Produkte, dann will ich keine Restbrühe aus einer seit Tagen geöffneten 1,5 Liter-Flasche eines Billigproduktes.

Ob der Wirt nun Pepsi oder Coca ausschenkt, ist mir egal, bei einem ordentlich durchgeführten Pepsi-Test würden sowieso die meisten Leute reinfallen, wenngleich ich einige kenne, die das richtige Getränk immer sehr zielsicher herausfinden.
Aber wenn da Fanta, Sprite und Coca-Cola angeboten werden, dann will ich eigentlich auch diese Produkte haben und nicht irgendwas, was so ähnlich schmeckt.

Man bestellt sich ja auch keinen Moselwein und der Wirt bringt einem einfach was Italienisches.

Dazu passt auch eine Frage einer Leserin, die mich schon vor Monaten erreichte und die ich zunächst auf Halde legte.

Wir hatten beim Leichenschmaus Wiener Schnitzel bestellt. Dann bemerkten wir aber, dass das ein ganz normales Schweineschnitzel war. Das grenzt doch an Betrug, oder?

Besonders bei den Lebensmitteln verkauft man uns, oft mit dem Segen des Gesetzgebers, alles Mögliche als irgendetwas anderes. In Kalbsleberwurst beispielsweise ist selten bis gar nicht irgendeine Spur von Kalbfleisch enthalten.

Ein Wiener Schnitzel, und das ist im deutschen Lebensmittelbuch so manifestiert, ist ein dünnes paniertes Schnitzel aus Kalbfleisch. Will der Wirt nicht das teurere Kalbfleisch verwenden, sondern stattdessen das durchaus günstigere Schweine- oder Putenfleisch etc., dann muß er auf die Karte schreiben „Schnitzel Wiener Art“ oder zum Beispiel „Wiener Schnitzel vom Schwein“ usw.

In allen solchen Fällen ist es ratsam, vor allem wenn man Essen und Trinken vorbestellt, wie bei Leichenfeiern und anderen Familienfesten, daß man vorher nachfragt: „Ist das auch richtige Coca Cola? Sind die Schnitzel auch vom Kalb und ist der Wein wirklich von der Mosel?“
Ist das vorher geklärt, gibt es hinterher keine Diskussionen.

Im Grunde ist es aber so, daß man das was man bestellt hat auch erwarten darf.

Auch beim Bestatter gibt es solche „Fallen“.

„Wir hatten uns beim Bestatter für einen Eichensarg entschieden. Der sah beim Bestatter supertoll aus. Bei der Beerdigung sah mein Onkel dann, dass es nur Nadelholz war. Geht sowas?“

Das hängt davon ab, was beim Verkaufsgespräch gesagt wurde und was ihr bestellt habt.
Auch wir haben Särge im Angebot, die nach Eiche oder Mahagoni aussehen, in Wirklichkeit aber aus einem preisgünstigeren Material bestehen. Bei günstigen Modellen ist die Oberfläche nur entsprechend gebeizt, etwas bessere Särge haben ein auflaminiertes bedrucktes Papierdesign (sie sehen im Übrigen besonders gut aus).
Teurere Modelle sind aus Furnierholz. Hier wird eine dünne Schicht des wertvollen Holzes auf das Trägerholz aufgebracht und der Laie sieht keinen Unterschied mehr zum Vollholzsarg aus dem teureren Material.

Zunächst einmal muß gesagt werden, daß so etwas nicht etwa der Kundentäuschung dient. Vielmehr sind solche Beschichtungen durchaus begründet. Man stattet einmal ein günstigeres Trägerholz mit dem Aussehen eines wertvolleren Holzes aus und andererseits gibt man dem Holz, nach dem der Sarg aussieht, die Eigenschaften des darunterbefindlichen Grundholzes.
Das kann alles durchaus begründet und sinnvoll sein.

Beispielsweise lassen sich auf diese Weise auch große und wertvoll aussehende Eichentruhen herstellen, die aber nur für eine Einäscherung gedacht sind.
Auch aus finanziellen Gründen sind solche Särge interessant, sie kosten in der Regel -bei nahezu gleichem Aussehen- bedeutend weniger, als Särge die komplett aus dem Außenmaterial gefertigt sind.

Es muß dann aber deutlich m Sarg stehen, bzw. deutlich vom Bestatter gesagt werden, daß es sich um einen Sarg in Mahagoni-Optik handelt. Gängige Bezeichnungen sind beispielsweise: „Sarg aus Kiefernholz in Mahagonidesign“ oder „Nadelholztruhe in Eiche altdeutsch (gebeizt)“.

Solange der Kunde eindeutig erkennen kann, was ihm da verkauft wird, ist das auch alles in Ordnung.
Ich will aber nicht verhehlen, daß es Bestatter gibt, die es da mit der Transparenz nicht so ganz ernst nehmen.
Da wird dann gerne mal vom Eichensarg gesprochen und anschließend ist es nur ein billiges Holz mit einer Lasurfarbe in Eichentönung. Das geht natürlich nicht.

Hier kommt es also darauf an, was ihr mit dem Bestatter vereinbart hat und was auf der Rechnung steht.
Aber Achtung: Es ist nicht maßgebend was der Kollege auf die Rechnung schreibt!

Das ist nämlich ein beliebter Trick vor allem aber nicht nur bei ganz großen Bestattungshäusern mit vielen Filialen.
Im Beratungsgspräch wird etwas ganz anderes gesagt, als hinterher geliefert wird. Man wäscht sich dann rein, indem man die korrekten Warenbezeichnungen auf der Rechnung aufführt, so als sei das vereinbart gewesen.

Darum gilt einmal mehr: Wer schreibt, der bleibt!
Also: Niemals von einem Bestatter weggehen, ohne eine Aufstellung der zu liefernden Waren und der zu leistenden Dienste mit Preisen in den Händen zu halten. Da muß dann auch genau stehen WAS geleistet und geliefert wird und nicht nur „Sarg“ oder „Urne“.
Dann gibt es hinterher auch kein Vertun und keiner kann sich darauf hinausreden, er sei so arg in Trauer gewesen und habe das alles nicht mitbekommen; auch der Bestatter kann nicht anführen, er habe alles richtig erklärt und die Leute hätten das nicht begriffen.

Sprecht drüber! Schreibt es auf!

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