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Sarglose Bestattung

Fehler durch Lektorin Alexandra bereinigt.

Eben noch monierte ich, daß sich Neuerungen im Bestattungswesen nur allmählich durchsetzen, was oft auch an der mangelnden Flexibilität der Behörden und an starren Friedhofssatzungen aus dem vorvorletzten Jahrhundert liegt.

Und schon melden sich aufgeregte Bestatter bei mir, denen jetzt auf einmal alles viel zu schnell geht.

Worum geht es?
In Worms, der Nibelungenstadt am Rhein, setzt sich derzeit der Stadtrat mit der Frage auseinander ob zukünftig auch sarglose Bestattungen zugelassen werden können. Die positive Klärung dieser Frage kommt vor allem den Angehörigen jener Religionsgruppen entgegen, die keine Bestattung mit Sarg kennen.

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An sich also eine gute Sache und dennoch ärgern sich die Bestatter in der Domstadt. Sie seien von Seiten der Behörden überhaupt nicht über die anstehenden Änderungen informiert worden, man habe sie als Fachleute und Betroffene nicht um Rat gefragt und die Stadt habe damit ein vor geraumer Zeit gegebenes Versprechen gebrochen.

Tatsächlich steht die Änderung der Friedhofssatzung recht kurzfristig auf der Tagesordnung und die geänderte Satzung soll dann auch sofort in Kraft treten. Auf der anderen Seite steht aber die Politik, die ganz klar sagt, daß sich jedermann über die Themen und Tagesordnungspunkte der Stadtratsitzungen informieren könne, da diese ja bekanntlich öffentlich seien. Den Bestattern sei zwar, und das gebe man unumwunden zu, nach heftigen Diskussionen um das örtliche Krematorium, damals zugesichert worden, daß man sich künftig in regelmäßigen Abständen zusammensetzen wolle, dazu sei es aber bislang eben noch nicht gekommen, was ja die Bestatter nun nicht davon befreie, sich wie jeder Bürger sonst auch über die anstehenden Themen der örtlichen Politik zu informieren.
„Wir können doch nicht alles immer jedem Betroffenen auf dem Silbertablett servieren.“

Die Bestatter hingegen argumentieren, jetzt würde wieder am grünen Tisch entschieden, ohne daß man Fachleute dazu gehört habe. „Es geht doch nicht um Parkplätze oder eine Straßenbenennung, sondern um ein sehr weitreichendes Thema, das für Generationen festgeschrieben werde. „Da hätte man uns doch vorher informieren können, dann hätten wir unsere Gedanken dazu zusammengetragen und wir hätten so hinterher nicht etwas ausführen müssen, an dem wir nicht mitgewirkt haben“, beklagt sich ein Kollege.

Bei der sarglosen Bestattung geht es darum, daß bei Erdbestattungen völlig auf den Sarg verzichtet wird. Der Leichnam wird in ein Tuch eingewickelt und so ins Grab gelegt.
Die Bestatter haben gegen diese Bestattungsform grundsätzlich nichts einzuwenden, behaupten sie zumindest. Fakt ist: Eine Bestattung finanziert sich für den Bestatter immer auch über den Sargverkauf. Mir werden jede Woche Bestatterrechnungen zur Prüfung zugemailt, in denen außer dem Sarg nur noch ganz wenige Rechnungspositionen auftauchen, ein klares Indiz dafür, daß die gesamten übrigen Kosten im Sargpreis mit einkalkuliert sind. Wer so abrechnet, wird sich im Falle einer sarglosen Bestattung sicher etwas einfallen lassen müssen.

Aber es geht auch um andere Fragen. „Das ist vor allem der Transport. Wie sollen wir die Verstorbenen denn nun transportieren, dafür werden wir dann extra einen Notsarg nehmen müssen, der ja auch wieder gereinigt werden muß“, gibt eine Kollegin zu bedenken, verschweigt aber, daß Bestatter sowieso in den seltensten Fällen mit dem später verwendeten Sarg überführen, sondern eine Trage oder einen Kunststoff- oder Blech-Transportsarg verwenden. Hier ändert sich also in Wirklichkeit nichts.
Etwas anders sieht es aus, wenn der Verstorbene noch aufgebahrt werden soll. Wie das genau vonstatten gehen soll, wüßten die Bestatter auch gerne. Liegt der eingewickelte Verstorbene dann ohne Sarg einfach auf dem Katafalk? Wird das Tuchbündel dann so, ohne weitere Umhüllung zum Grab gefahren?

Solche Dinge hätte man tatsächlich im Vorfeld einmal mit den Bestattern durchsprechen sollen, dann käme es jetzt nicht zu der kuriosen Situation, daß Kunden bei den Bestattern anrufen und sich schon wegen der neuen Bestattungsform und den Kosten erkundigen wollen. „Wir wissen gar nicht was wir sagen sollen, es kann doch nicht angehen, daß wir erst durch unsere Kunden davon erfahren“, schimpft eine Betroffene.
Andererseits bleibt die Frage: Wie kommt es, daß die Kunden das wissen und die Bestatter nicht?

Bild: Jacky

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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    Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 18. Juni 2008 | Revision: 1. März 2016

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