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Sehr privat gepflegt III

Neue Details im Fall der „diebischen Elster“:
Ich habe es hoffentlich deutlich genug gemacht, als ich von Frau Botterow schrieb, daß ich mir absolut nicht sicher bin, ob sie im Rahmen ihrer Pflege den Bogen der Fürsorglichkeit überspannt und hin und wieder auch mal etwas mitgenommen hat. Sie sagt ja, der alte Prof. Klugsam habe ihr die Sachen bereitwillig und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte geschenkt und zwar über einen längeren Zeitraum.
Insbesondere das Sparbuch habe sie von ihm bekommen, weil Klugsam immer noch die Hoffnung hatte, eines Tages mal mit Frau Botterow eine Nilkreuzfahrt zu machen. Frau Botterow erzählt so viele kleine liebevolle Details, das passt für mich fast nicht zu jemandem, der sich irgendeine Geschichte ausdenkt, um einen bloßen Diebstahl zu kaschieren.

So habe eines Tages ihr Handy geklingelt und als Klingelmelodie sei da dieses, die Intelligenz beleidigende „Ich bin Schnappi das grüne Krokodil“ gelaufen und eben dieses Schnappi-Krokodil lebe nun ja mal im Nil.
Das habe der Alte erstaunlicherweise ganz doll lustig gefunden, sogleich einen Bildband von Ägypten aufgeschlagen und angefangen, Pläne zu schmieden. Er sei quasi zu einer Zeit, als die Pyramiden noch im Rohbau standen, schon einmal in Ägypten gewesen, als ganz junger Mann, vermutlich mit dem Fahrrad, keinen Pfennig Geld in der Tasche und genau sowas wollte er jetzt mal mit Frau Botterow machen. Die hat lachend abgelehnt und zu erkennen gegeben, daß man heute besser fliegt.
Ja, und genau dafür und für so manch andere Anschaffung habe er ihr das Geld gegeben.

Sowas erfindet, meiner Meinung nach, niemand, der mal eben was klauen will.

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Der Sohn des Herrn Klugsam, eben jener Zahnarzt aus Grünwald (der kann auch meinetwegen Frauenarzt aus Holstein oder Schönheitschirurg aus Brandenburg sein, das tut nichts zu Sache, das Klischee soll nur ganz deutlich machen, daß der Typ selbst vor Geld stinkt) ist aber der Meinung und das behauptet er auch steif und fest, die Botterow habe sich das alles erst nach dem bereits erfolgten Ableben seines Vaters unter den Nagel gerissen.

Frau Botterow macht durchaus einen berechnenden Eindruck und es wird auch ganz deutlich, daß sie keine Probleme damit hätte, irgendetwas an sich zu nehmen. Andererseits frage ich mich dann, warum ausgerechnet so jemand dann das alles offen erzählt und bei seiner Geschichte bleibt. Sie hätte ja alles einfach wieder zurückgeben können und sagen können, sie habe das nur „aufbewahrt“.
Jetzt ist es aber so, daß Sandy die Einzige hier bei uns ist, die auch den alten Klugsam länger erlebt hat. Sie hat ja seinerzeit die Bestattungsvorsorge für den alten Herrn gemacht und länger mit ihm gesprochen. Ja, und Sandy sagt klipp und klar, daß der Alte absolut „klar in der Birne“ war. Der habe zwar, wie viele alte Leute, vorwiegend von ganz früher erzählt, aber keinesfalls sei der „gaga“ gewesen. Er habe Hilfe beim Aufstehen und Hinsetzen gebraucht, dann aber zielstrebig jedweden gewünschten Gegenstand in der Wohnung gefunden und auch genau gewußt, was er wo hatte.

Der Sohn des Herrn Klugsam sieht das aber anders. Sein Vater sei ja schon seit Jahren nicht mehr ganz bei Sinnen und habe schon häufiger wertvolle Sache verschenkt. Aha!
Als er mir das am Telefon erzählte, alles im Zusammenhang mit seinen Änderungswünschen bezüglich der Bestattung, und weil er mich aushorchen wollte, ob ich da Näheres weiß, da wurde mir dann doch klar, daß nicht die Botterow jetzt hinter den Sachen des alten Klugsam her ist, sondern der liebe Herr Zahnarzt. Außerdem fuchst es mich, daß der noch keine Silbe der Trauer geäußert hat, nicht einmal nach seinem Vater fragte, während die Botterow schon so manches Tränchen verdrückt hat.

Immer mehr gelange ich dahin, daß ich der Botterow das Zeug und Geld gönne.
Es ist ja noch genug da für alle anderen. Das Haus, Gemälde, Antiquitäten, Schmuck und Geld soll ja in Hülle und Fülle da sein. Dagegen ist das, was für Frau Botterow ein Vermögen ist, nur ein Klacks.

Jetzt ist der Mann, also dieser Zahnarzt, ja schon mal extra von München hierher gefahren, in aller Eile, nur um das Schloss am Haus seines Vaters auszuwechseln, mit den Nachbarn zu sprechen und Frau Botterow Vorhaltungen zu machen.
Wohlgemerkt: Sein Vater liegt aufgebahrt bei uns in einem Abschiedsraum.
Wie man so sagt: Der Alte ist noch nicht unter der Erde und schon streitet man sich um sein Vermögen.
Hier war der Zahnarzt jedenfalls noch nicht, sondern ist wieder nach München zurück und will heute Mittag nochmal kommen, dann schaut er auch bei uns vorbei. Bis dahin, so hofft er, könne ich ihm vielleicht Näheres sagen.
Werde ich nicht können, das ist hier auch kein kleines Dorf und da kenne ich nicht jeden, auch wenn mich jeder kennt.

Ich bin aber mal ganz gespannt, wie der Mann so ist.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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