Fundstücke

So nicht! Wenn Du einen Leichnam findest

Dieser Tweet hat heute für eine heftige Diskussion auf dem Kurznachrichtendienst Twitter gesorgt.
Ich verstehe, was der Kollege mit dieser Nachricht sagen möchte. Mit etwas Überlegen kommt jeder dahinter, wie das gemeint ist. Aber die Leute überlegen ja meist nicht mehr. Das was in den sozialen Medien geteilt wird, und dann noch von einem Fachmann, das muss ja stimmen, werden viele denken, und teilen es brav.

Wie macht man es nun richtig?

Werbung

Wenn Du einen Leichnam findest, dann wähle den Notruf. Dabei spielt es keine große Rolle, ob man 112 oder 110 wählt. 110 ist die Polizei und 112 die Feuerwehr. In einem solchen Fall würde man also bevorzugt die 110 wählen.
Die Beamten werden sich die Sache anschauen und entscheiden, wie es weitergeht.

Kommst Du zu Deiner 89-jährigen herzkranken Tante und findest sie tot im Wohnzimmer auf dem Boden vor, dann – so meint es wohl der Bestatter in seinem Tweet – bestehe kein Grund zur Eile und man könne auf den Hausarzt vertrauen, den man rufen soll.

Aber… Es könnte sich ja doch um eine Straftat handeln, geben einige zu bedenken.
Aber… Es könnte sich auch um „Seniozid“ handeln, meinen andere.

ABER… DIESE PERSON KÖNNTE NOCH LEBEN.

Es gibt so viele Situationen, in denen ein Mensch keine Reaktionen mehr zeigt, keinen für einen Laien tastbaren Puls mehr hat, eine so flache Atmung hat, dass man das nicht mehr erkennen kann. Es wäre fatal, hier in Ruhe auf das Eintreffen von irgendwem zu warten.
Es hat seinen guten Grund, weshalb nur Ärzte den Tod feststellen dürfen.

Ich würde folgendermaßen vorgehen:
Ich hatte diese Situation bisher noch nicht in meiner Verwandtschaft, Vater und Mutter sind in meinem Beisein gestorben und somit gab es keine Zweifel, keine Eile, nur Zeit für Trauer und Abschied.
Wäre ich aber nach Hause gekommen und hätte meine Mutter steif und mit offenen Augen am Boden liegend vorgefunden, so hätte ich den Hausarzt angerufen. Hätte der nicht kommen können, dann hätte ich den Rettungsdienst angerufen.
An die Polizei hätte ich zuletzt gedacht, wenn überhaupt. Sicher, wenn es Einbruchsspuren gegeben hätte oder sonst irgendwas auf eine Fremdeinwirkung hingedeutet hätte, dann wäre einem die Polizei in den Sinn gekommen.
Wenn ich mir aber nicht sicher gewesen wäre, wäre der Rettungsdienst die erste Wahl gewesen.

Der Hausarzt würde eine Leichenschau vornehmen – meistens mehr schlecht als recht – und dann entscheiden, ob er sein Kreuz bei „nicht natürliche Todesursache“ oder bei „natürliche Todesursache“ macht. Davon hinge dann das Weitere ab.

Man kann diese Frage also nicht pauschal beantworten. Es hängt immer von den Umständen ab.

Die Frage ist ja auch, was man beim Lesen des Tweets und dieses Artikels für eine Vorstellung von „verstorben“ hat. Es kann sich um einen Körper handeln, der sich schon komplett verfärbt hat, es kann eine starke Geruchsentwicklung vorliegen und der Leichnam kann auch von Insektenlarven befallen sein.
Ein weit offenstehender Mund und offene Augen sind für den Laien auch typische Zeichen.

Damit man aber gar nichts falsch macht, ist ein Anruf beim Rettungsdienst nicht falsch.

Quelle: Twitter

Bildquellen:
  • Bildschirmfoto-2022-07-04-um-18.12.36: ©twitter


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

Keine Schlagwörter vorhanden

In der Kategorie „Fundstücke“ präsentiere ich Sachen, die ich zum Thema Tod, Trauer und Bestattungen irgendwo gefunden habe.
Hier erscheinen auch Meldungen aus der Presse und dem Internet, auf die mich meine Leserinnen und Leser hingewiesen haben.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 4. Juli 2022

Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle journalistische Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bittet das Bestatterweblog um Ihre Hilfe. Es fehlen in diesem Jahr noch etwa € 8.500,- um den Server, IT, Redaktion und um die anderen Kosten zu decken. Bitte beschenken Sie uns mit einer Spende, sonst müssen wir in Zukunft die meisten Artikel kostenpflichtig bereitstellen. Das wäre schade, auch weil das weitere unkreative Arbeiten erfordert, die wir zeitlich kaum stemmen wollen. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
6 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Robbi
2 Jahre zuvor

Wenn jemand regungslos auf dem Boden liegt, würde ich sofort die 112 rufen und nicht erst auf den Hausarzt warten. Der Rettungsdienst ist meist unter 10 Minuten da, beim Hausarzt kann es dauern, wenn er nicht ohnehin gleich sagt, man solle die 112 anrufen.

2 Jahre zuvor

Ja, wenn die Person am Boden nicht eindeutige nicht mit dem Leben vereinbare Anzeichen aufweist (Maden, Verwesung, eiskalt, eindeutig tödliche Verletzungen), dann in jedem Fall die Rettung rufen und Erstmaßnahmen einleiten (stabile Seitenlage oder Reanimation) – die Person könnte ja noch am Leben sein.

Die Retter können dann den Tod feststellen (lassen) bzw. die Rettung einleiten und alles Weitere eintakten…

turtle of doom
2 Jahre zuvor

Anruf beim Hausarzt versus Rettungsdienst: Ich muss abschätzen können, in welche Richtung die Situation entgleisen könnte – und wie schnell.

„hätte meine Mutter am Boden liegend vorgefunden“

Falls ansprechbar, mit regelmässiger Atmung, schadet ein Anruf beim Hausarzt wohl nicht kaum.

Bewusstlosigkeit, Anzeichen eines Herzinfarkts oder Hirnschlages, oder wenn ich die Person ohnehin nicht transportieren kann (z. B. Fraktur): Rettungsdienst.

Und ja, extrem unglücklich, dass ein Bestatter auf Twitter Leuten sagt, sie sollen sich vom Tod eines Menschen überzeugen. Und dann die nächsten Schritte einleiten. „Sich vom Tod eines Menschen überzeugen“?

Hole ich einen Hammer und einen Holzpflock?

Verpasse ich der Person einen Stromschlag?

Gibts da auch genauere Anweisungen? *hust*

Viel Spaß – gerade im Szenario „alte, kranke Person tot aufgefunden“. Die kann auch nur unterkühlt sein, etwa wenn sie aus Kostengründen die Heizung ausgeschaltet hat.

John
2 Jahre zuvor

Als Beispiel wird ja der/die Nachbar(in) genannt, von der ich vielleicht einen Schlüssel für solche Situationen bekommen habe.

Ich möchte hier auch mal eine rechtliche Frage aufwerfen.
Nach meinem Rechtsverständnis, geht die Wohnung/das Haus unmittelbar in die Erbmasse ein.
Ich würde sagen, das damit mein Recht die Wohnung zu betreten erloschen ist und ich mich mit der Kenntniserlangung des Todes, unter Umständen nicht mehr ganz legal in der Wohnung aufhalte.

Möglicherweise, mache ich es so wie von diesem Bestatter gefordert, sehe ich mich am Ende noch Vorwürfen gegenüber, etwas aus der Wohnung entwendet zu haben.

Rufe ich die Polizei, in ihrer Funktion als Ordnungsbehörde, wird sie auch die Sicherung der Wohnung übernehmen und damit der materiellen Erbmasse die sich darin befindet.

Das rechtlich einwandfreie Verfahren beim Auffinden von Leichen die nicht meinem Haushalt angehören, etc… ist damit für mich immer 112/110.

twl
2 Jahre zuvor

Abgesehen von den anderen Kommentaren- der Tweet ist auch sonst Unfug, da Tote nicht krank sein können.




Rechtliches


6
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex